Festlicher Produktionsmarathon
Süße Hektik in Rott: Wie die Dengels eine halbe Million Nikoläuse in Handarbeit zaubern
Zwischen Schokoladenspritzen und Plexiglas-Formen: Weihnachten ist für die Confiserie Dengel in Rott die wichtigste Zeit im Jahr. Wie viele Tonnen Schokolade von Hand verarbeitet werden, wie ein Nikolaus entsteht und warum selbst die kleinen Männchen „Make-Up“ brauchen.
Rott – Weihnachten: In der Confiserie Dengel herrscht zu dieser Zeit geschäftiges Treiben. Am Boden kleben die Schokoladenspritzen, in der Verpackungshalle stapeln sich die Kartons. Zwischendrin arbeitet Julia Dengel an einem Schoko-Nikolaus. Seit vier Jahren arbeitet die 20-Jährige als Süßwarentechnologin in der Confiserie ihrer Familie. Vor allem kurz vor Weihnachten ein stressiger Job.
500.000 Nikoläuse produziert die Fabrik jedes Jahr, schätzt Dengel. Eine grobe Schätzung, genau könne sie es nicht sagen. Fest steht aber: „Es ist die wichtigste Zeit im Jahr.“ Ende August, Anfang September startet die Nikolaus-Zeit, dann wird vor allem in der Produktion werde deshalb aufgestockt. Die 120 Mitarbeiter der Confiserie arbeiten länger, zunächst eine halbe Stunde pro Tag, dann kurz vor dem Fest eine ganze. „Sonst haben wir keine Chance, die Aufträge zu schaffen.“
Insbesondere, da 60 bis 70 Prozent der Arbeit noch per Hand gemacht wird. Auch bei den Nikoläusen. „Wir fangen an mit den Details an“, erklärt Dengel und holt eine Form aus Plexiglas hervor. Sie zeigt einen feiernden Nikolaus auf einem Fass. Die meisten Formen werden von einer Firma in Glonn hergestellt, das Design gemeinsam mit Dengel besprochen. Früher waren die Formen aus Blech. „Aber Plexiglas ist besser, dadurch können wir viel leichter sehen, ob die Schokolade schon trocken ist und wir können einfacher schminken.“ Der Fachbegriff für die Detail-Arbeit, mit der Dengel ihre Nikoläuse beginnt.
Eine Stunde pro Weihnachtsmann
Zunächst mit einer gefalteten Papiertüte und Zartbitter-Schokolade. Mit schnellen, geübten Handgriffen gibt Dengel dem Party-Nikolaus Augenbrauen, Augen und Punkte auf sein Hemd. Dann greift sie zum Pinsel und malt Mütze und Schuhe aus. Für einen Nikolaus braucht Dengel etwa eine Stunde. „Wir produzieren natürlich in Serie, das heißt während ich warte, bis die Schokolade trocken ist, kümmere ich mich schon um die nächsten Weihnachtsartikel. Durchschnittlich dauert es aber eine Stunde bis ein Nikolaus fertig ist“, erklärt sie, während sie von zartbitter zu weißer Schokolade wechselt.
Zwei Tonnen der Süßigkeit werden bei Dengel durchschnittlich an einem Tag verarbeitet. Neben den Figuren, gibt es auch Tafel-Schokolade, Pralinen und Dekorationsartikel bedruckt mit Lebensmittelfarbe und Zuckerpapier. „Alles, was wir nicht aus Schokolade machen können, wird aus Marzipan geformt“, erzählt Dengel. Viel bleibt aber nicht übrig, was nicht aus Schokolade geht. Denn gefühlt für alles hat die Confiserie eine Form. Allein für die Schoko-Nikoläuse gibt es etwa 30 verschiedene Designs im Sortiment, plus weitere, deren Formen eigentlich nicht verwendet werden, wie die des feiernden Biertrinkers.
Nach dem „Schminken“ gibt es für Dengel eine kurze Pause, während die zartbitter und weiße Schokolade trocknen. Keine fünf Minuten später geht es allerdings schon ans Gießen. „Es trocknet alles sehr schnell. Wenn es kalt ist, noch schneller“, sagt Dengel. Um die Schokolade flüssig zu halten, wird sie deshalb in einem extra warmen Raum aufbewahrt. 27 bis 28 Grad für die weiße und Vollmilch-Schokolade. 29 Grad für die Zartbitterne. „Knapp unter 30 Grad, das ist die perfekte Temperatur, um unsere Schokolade flüssig zu halten“, sagt Dengel.
Mit einem Schöpflöffel füllt sie die Form etwa zwei Drittel mit Vollmilch-Schokolade. Ein Schritt, der in der Serienproduktion nicht mit der Hand gemacht wird. „Dafür haben wir eigentlich unsere Gießmaschine“, erklärt sie. Wie weit sie die Form füllt, sei „Gefühl“. „Irgendwann hat man es raus“, stellt sie fest, während sie den Nikolaus schwenkt und dreht, damit die Schokolade alle Ecken erreicht. Dann ab auf das Gitterbrett zum Abtropfen und anschließend kommt der Nikolaus in die Kühlung und es heißt: Warten, bis alles getrocknet ist.
Zwei bis drei Mal wiederholt Dengel den Gießvorgang, bis sie mit der Dicke der Schokolade zufrieden ist. „Ansonsten bricht der Nikolaus, wenn ich ihn aus der Form hole.“ Verluste gibt es trotzdem, wie auch bei diesem Gießversuch klar wird. Denn der Arm eines Nikolaus weist einen kleinen Riss auf. „Den können wir nicht verwenden, der wird brechen“, sagt sie. Schlimm sei das aber nicht. „Wir schmelzen ihn einfach wieder ein, das ist am Ende ganz normale Vollmilch-Schokolade.“
„Qualitätskontrolle“ bei kaputten Nikoläusen
Denn dadurch, dass sowohl weiße als auch zartbitter Schokolade den Nikolaus zierten, würde sich der Geschmack nicht verändern. „Und wenn das Einschmelzen nicht funktioniert, dann machen wir Qualitätskontrolle“, sagt Dengel augenzwinkernd. Den „überlebenden“ Nikolaus platziert sie noch auf seinen Boden – eine einfache Schicht Schokolade, die sie mit einer Winkelpalette glatt gestrichen hat. Nach dem Trocknen löst sie ihn aus der Form und: „Damit ist er fertig zum Essen.“





