Kampf um sauberes Trinkwasser
„Ernst der Lage nicht bewusst“: Warum sich Rotter Wasser-Expertin um das höchste Gut sorgt
Ramerberg hat Probleme mit dem Wasser: Nicht nur der Verlust bereitet der Gemeinde Sorgen, auch die Verschmutzung war lange ein Thema. Marianne Sandner aus Rott hat damals die coliformen Keime entdeckt. Warum die Laborantin für Mikrobiologie das höchste Gut grundsätzlich in Gefahr sieht.
Rott – Wasser, dieses Thema bestimmt Marianne Sandners gesamtes Leben. Seit knapp 40 Jahren beschäftigt sich die 59-Jährige mit diesem Thema. Als Laborantin für Mikrobiologie steht sie Privathaushalten, aber auch größeren Wasserversorgern beratend zur Seite, nimmt Proben und überprüft die Wasserqualität. Sandner war es beispielsweise auch, die 2020 die über 200 coliformen Keime im Ramerberger Wasser entdeckt hat. Zwei Jahre musste die Kommune deshalb das Trinkwasser chloren.
Für Sandner steht grundsätzlich fest: „Wasser ist unser höchstes Gut. Wir nehmen es als zu selbstverständlich wahr. Gerade in Zeiten des Klimawandels eine gefährliche Entwicklung.“ „Wasser ist Leben“, betont die Rotterin und das, glaubt sie, werde in Deutschland oft vergessen. „Die Leute sind sich dem Ernst der Lage nicht bewusst“, ist sie überzeugt, schließlich sei es selbstverständlich, dass sauberes Wasser aus dem Hahn komme. Doch diesen Standard in Zeiten des Klimawandels zu halten, sei ohne das Zutun jedes Einzelnen nicht möglich, mahnt sie.
Pflanzenschutzmittel und Medikamente verbleiben im Wasser
Denn Tatsache sei, das tiefe Grundwasser werde weniger, unter anderem deshalb brauche es ein Umdenken in der Gesellschaft. „Uns wird das Wasser nicht ausgehen“, sagt sie. Dafür sei der Kreislauf zu stabil. Doch die Sauberkeit des Wassers zu halten, werde schwieriger. So falle nach und nach durch die trockenen Böden deren natürliche Filtration weg. Die Folge laut Sandner: Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Hormonen und Medikamenten verbleiben im Wasser. „Teilweise sind es wirklich erschreckende Ergebnisse, auf die wir bei unseren Proben kommen“, sagt Sandner, die in einem Umweltlabor arbeitet und täglich Wasserproben nimmt und analysiert. Seit langem fordert die Expertin deshalb eine Nachrüstung der Kläranlagen mit der sogenannten vierten Reinigungsstufe, die solche Rückstände herausfiltern könnte.
Sie selbst wurde durchs Wasser krank
Denn sauberes Trinkwasser sei „unglaublich wichtig für die Gesundheit“ und spricht dabei aus eigener Erfahrung. „Meine Eltern hatten eine Landwirtschaft mit dezentraler Wasserversorgung“, erzählt Sandner. Als sie etwa ein Jahr alt war, sei zunächst sie selbst schwer, anschließend auch der Vater erkrankt. Er bekam eine Hirnhautentzündung. Heute ist Sandner überzeugt: Der Erreger war im Wasser. „Ich habe später Proben entnommen und entsprechende Keime gefunden“, sagt sie.
Wahrscheinlich sei es dieses einschneidende Ereignis der Grund, warum sie bis heute für die Sauberkeit von Wasser kämpft. „Ich möchte, dass auch meine Enkelkinder noch Zugang zu sauberem Trinkwasser haben“, sagt Sandner. Denn Verschmutzungen, wie sie auf ihrem elterlichen Hof vorgekommen seien, seien nicht so ungewöhnlich. Meist finde sie bei ihren Probenentnahmen Keime.
Was sie fordert
Einmal im Jahr sollte deshalb jeder Hausbesitzer, das eigene Wasser überprüfen lassen. „Jeder Eigentümer ist ein kleiner Wasserversorger“, sagt Sandner. Schließlich sei die Kommune nur bis zum eigenen Hausschieber für die Qualität des Wassers zuständig.
Grundsätzlich fordert sie allerdings, dass sich jeder einzelne wieder bewusster werden müsse, welch hohes Gut sauberes Trinkwasser darstellt. „Wir müssen den Wasserverbrauch verringern“, sagt sie. Noch immer verbrauche jeder Deutsche am Tag 121 Liter Wasser. Das sei zu viel. „Pools im Garten sind ein Luxus, den wir uns in diesen Zeiten leider nicht mehr leisten sollten“, findet Sandner.
Auch beim Hausbau müsse das Wasser und der Verbrauch mehr in den Blick genommen werden. Ein Dorn im Auge seien ihr auch Menschen, die ihre Autos vor der eigenen Garage waschen würden. „Waschanlagen haben dafür eigene Systeme und das hat einen Grund“, betont Sandner.
Auch Personen, die unnötig viele Cremes und Medikamente verwenden würde, sehe sie kritisch. „Die Rückstände landen alle im Wasser und wir können sie mit unseren derzeitigen Kläranlagen nicht herausfiltern“, erklärt sie. Am meisten Sorge bereitet ihr allerdings der Trend zur Privatisierung des Wassers. „Sobald eine solche Idee auch nur aufkommt, müssen die Menschen protestieren“, fordert sie. Ansonsten werde das höchste Gut darunter leiden. „Und dann leidet unser aller Gesundheit, das ist völlig klar.“