Gericht spricht von Hetze
„Satansbrut“: Rosenheimer AfD-Politikerin Leyla Bilge für Rede gegen queere Community verurteilt
„Pädophil“, „gestört“, Satansbrut“: Leyla Bilge, Bundestagskandidatin im Wahlkreis Rosenheim und AfD-Vorsitzende der Ortsgruppe Wasserburg-Rott, ist vom Magdeburger Amtsgericht wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Worum es ging.
Von Anja Leitner und Michael Weiser
Rosenheim/Wasserburg – Fast zwei Jahre ist der Vorfall her, nun wurde Leyla Bilge wegen Volksverhetzung verurteilt. Die Rosenheimerin habe beim AfD-Parteitag in der Messe Magdeburg im Juli 2023 gegen queere Menschen gehetzt. So sieht es das Amtsgericht in Magdeburg. Die Strafe: 90 Tagessätze a 30 Euro. Bilge sagte auf Anfrage des OVB, sie habe Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Rede als Bewerbung für EU-Kandidatur
Leyla Bilge ist für die AfD in vielen Rollen tätig. Die in Rosenheim ansässige kurdischstämmige Frau trat zuletzt im Wahlkreis Rosenheim als Kandidatin für den Bundestag an. Sie ist außerdem Vorsitzende der neuen AfD Ortsgruppe Wasserburg-Rott. Die Sätze, die sie nun vors Amtsgericht brachten, sprach sie beim AfD-Parteitag in Magdeburg in ihrer Bewerbungsrede für die Europawahl 2023.
In dieser Ansprache warnte Bilge davor, dass sich die EU in der Hand einer „familien- und wertefeindlichen LGBTQ-Gender-Lobby“ befinde, die Kinder ihren Eltern entfremden und für ihre „teuflische Ideologie“ einspannen wolle. Bilge weiter: „Wir dürfen unsere Kinder dieser Satansbrut nicht überlassen.“ Es gehe um den Schutz vor „Indoktrinierung und Perversität einer gestörten, pädophilen sogenannten queeren Community“. Verfolgen lässt sich Leyla Bilges Rede auf YouTube.
Student zeigte Leyla Bilge an
Medienberichten zufolge hatte ein Leipziger Student die AfD-Politikerin angezeigt. Im Prozess habe er gegen sie ausgesagt, weil die Äußerungen Bilges „auch für mich persönlich herabwürdigend und menschenverachtend“ gewesen seien. „Ich habe nichts mit Satansbrut und teuflischer Ideologie zu tun. Ich bin einfach nur ein Mensch“, soll der Student vor Gericht ausgesagt haben.
Bilge selbst war beim Prozess im Amtsgericht Magdeburg nicht anwesend. Wegen ihrer Tochter im Kleinkind-Alter sei die Anreise nach Magdeburg zu umständlich gewesen, sagte sie auf Anfrage. Ihre Anwältin und AfD-Parteifreundin Lena Kontré habe vor Gericht einen Freispruch gefordert. Den lehnte die Richterin jedoch ab; sie sah die Merkmale des Tatbestands der Volksverhetzung erfüllt. Das bestätigt das Amtsgericht Magdeburg auf Anfrage der OVB Heimatzeitungen. Der Prozess habe am 16. April stattgefunden.
„Wir gehen in die nächste Instanz“, sagte Leyla Bilge dem OVB. „Das, was ich gesagt habe, fällt ganz klar unter das Recht der freien Meinungsäußerung.“ Sie wende sich gegen keinen bestimmten Menschen. Auch sei doch unklar, wer sich zur queeren Bewegung rechne. „Wenn ich meinen Freundeskreis anschaue: Einige Homosexuelle zählen sich dazu, andere nicht“, sagte Bilge.
Straftatbestand „Volksverhetzung“
Laut Strafgesetzbuch ist der Straftatbestand „Volksverhetzung“ erfüllt, wenn gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe zum Hass aufgestachelt oder zu Gewalt aufgefordert oder die Menschenwürde anderer durch Beschimpfung angegriffen wird. Je nach Fall droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Seit September 2024 Ortsvorsitzende
Bilge ist seit September 2024 die AfD-Ortsvorsitzende Wasserburg-Rott. 2018 erreichte sie Bekanntheit, als sie in Berlin zwei „Frauenmärsche“ organisierte. Bei diesen Demonstrationen nahmen laut Berliner Innenbehörde auch Reichsbürger, Vertreter von NPD und weitere Gruppen vom rechten Rand teil. Zudem demonstrierte die AfD im Juli 2024 am „Christopher Street Day“ in Wasserburg – mit Leyla Bilge als Rednerin. Das Datum sei bewusst gewählt worden, um Bezug auf die Kundgebung des LGBTQ+-Vereins zu nehmen, erklärte die AfD-Ortsvorsitzende im Juli 2024 auf Anfrage. Als AfD-Direktkandidatin erreichte Bilge am 23. Februar 2025 bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Wahlkreis Rosenheim das zweitbeste Ergebnis.