Experten schätzen Lage ein
Faschingszeit gleich Durchfallzeit? Zunahme der Norovirus-Fälle in Rosenheim – wie man sich schützt
Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall: Zwischen Oktober und März häufen sich die Norovirus-Fälle – auch in Rosenheim. Was der Fasching damit zu tun hat – und zu welchen Maßnahmen Experten jetzt raten.
Rosenheim – Der Fasching ist vorbei, doch die Nachwehen sind auch Tage danach noch zu spüren. So sollen sich etliche Rosenheimer bei dem Besuch einer Faschingsveranstaltung in der Stadt mit dem Norovirus infiziert haben. So jedenfalls heißt es in den sozialen Medien. Nachfragen im Romed-Klinikum und beim Rosenheimer Gesundheitsamt können das nur in Teilen bestätigen.
54 Norovirus-Fälle seit Anfang des Jahres
„In den vergangenen Tagen wurden nicht überdurchschnittlich viele Norovirus-Fälle dem Gesundheitsamt Rosenheim gemeldet“, teilt eine Pressesprecherin auf OVB-Anfrage mit. Bislang hat es in der Region 54 Norovirus-Fälle gegeben. Zudem gab es bislang fünf Norovirus-Ausbrüche in medizinischen Einrichtungen und zwei Norovirus-Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen.
Hohe Dunkelziffer
Die Dunkelziffer dürfte jedoch weitaus höher sein. Denn nicht alle Norovirus-Erkrankungen müssen dem Gesundheitsamt gemeldet werden. „Der Fall wird nur gemeldet, wenn der Norovirus in einer Stuhlprobe nachgewiesen wurde“, teilt die Sprecherin des Gesundheitsamts mit. Eine Meldepflicht gibt es zudem für infizierte Personen, die im Lebensmittelbereich tätig sind und dann, wenn es zu einem Norovirus-Ausbruch in medizinischen Einrichtungen kommt.
„Infektionen mit Noroviren können das ganze Jahr über auftreten, wobei ein saisonaler Gipfel in den Monaten Oktober bis März zu beobachten ist. Die Faschingszeit liegt im Gipfel der Norovirus-Saison“, teilt die Sprecherin mit. Das unterstreicht auch Chefarzt Dr. Stefan von Delius. So finden im Fasching viele gesellschaftliche Veranstaltungen und Feiern statt, bei denen Menschen in engem Kontakt zueinander stehen. „Solche Menschenansammlungen erhöhen das Risiko einer Übertragung des Virus“, sagt er.
Hinzu kommt, dass während der Faschingszeit oft Lebensmittel und Getränke geteilt werden. „Das kann ebenfalls zur Verbreitung des Virus beitragen“, unterstreicht er. Macht im gleichen Atemzug aber deutlich, dass das Risiko insgesamt recht überschaubar sei.
Bei dem Norovirus handelt es sich von Delius zufolge um einen hochinfektiösen Erreger, der eine akute Gastroenteritis – Schleimhautentzündung von Magen und Dünndarm – verursachen kann. „Bereits eine Dosis von zehn Viruspartikeln kann ausreichen, um sich zu infizieren“, fügt eine Sprecherin des Gesundheitsamts hinzu.
Ansteckung über infizierte Personen
Die Ansteckung erfolge in der Regel durch den Kontakt mit infizierten Personen, kontaminierten Lebensmitteln oder Oberflächen. Eine der häufigsten Übertragungswege sei der fäkal-orale Weg. Heißt: Das Virus wird über den Stuhl von infizierten Personen verbreitet. „Dies kann geschehen, wenn man nach dem Toilettengang nicht gründlich die Hände wäscht und anschließend Lebensmittel zubereitet oder isst“, sagt Romed-Arzt von Delius.
Auch der Verzehr von rohen oder unzureichend gekochten Lebensmitteln – insbesondere Salat, Gemüse und Meeresfrüchte – kann zur Ansteckung führen. „Darüber hinaus kann das Virus in der Luft verbreitet werden, wenn er durch Erbrochenes oder Stuhlpartikel in die Umgebung gelangt“, sagt der Experte.
Inkubationszeit: Zwischen 6 bis 50 Stunden
Die Inkubationszeit dauert laut der Pressesprecherin des Gesundheitsamts zwischen sechs bis 50 Stunden. Zu den typischen Symptomen gehören ihr zufolge heftiges, schwallartiges Erbrechen, starke Durchfälle, die zu einem erheblichen Flüssigkeitsverlust führen können. Zudem klagen Betroffene häufig über Bauchschmerzen, Übelkeit, Gliederschmerzen und allgemeine Mattigkeit. „In der Regel klingen die Symptome innerhalb von ein bis drei Tagen ab“, sagt die Sprecherin.
Vor allem in den Wintermonaten komme es immer wieder vor, dass Patienten, die sich mit dem Norovirus infiziert haben, im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das betreffe in bestimmten Situationen insbesondere Kinder unter zwölf Monaten sowie Personen mit Einschränkungen des Immunsystems. „Die meisten Fälle verlaufen mild und erfordern keine spezielle medizinische Behandlung“, unterstreicht von Delius.
Gründliche Händehygiene
Sich vor einer Ansteckung zu schützen, sei aufgrund der hohen Infektiosität von Noroviren vor allem im privaten Bereich alles andere als einfach. „Prinzipiell gilt es, auf eine gründliche Händehygiene, insbesondere nach dem Toilettengang, vor dem Essen und bei der Zubereitung von Speisen, zu achten“, sagt die Sprecherin des Gesundheitsamts.
Romed-Arzt Stefan von Delius rät dazu, die Hände gründlich und regelmäßig mit Seife und Wasser zu waschen. Zudem sollte ihm zufolge darauf geachtet werden, Lebensmittel gut zu kochen und nur frische, hygienisch zubereitete Speisen zu konsumieren. „In Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Pflegeheimen sollten zusätzliche Hygienemaßnahmen ergriffen werden, um die Verbreitung des Virus zu verhindern“, sagt der Chefarzt.
Isolation von betroffenen Personen
Bei den Ausbrüchen in Pflegeheimen oder medizinischen Einrichtungen sei es zudem wichtig, die betroffenen Personen zu isolieren und Oberflächen regelmäßig zu desinfizieren. „Hierfür müssen spezielle Desinfektionsmittel verwendet werden, da das Virus sehr hartnäckig ist“, sagt er. Die Sprecherin des Gesundheitsamtes ergänzt, dass infizierte Personen weder im Küchenbereich noch in lebensmittelverarbeitenden Betrieben eingesetzt werden sollten. Kinder unter sechs Jahren, die sich mit dem Norovirus infiziert haben, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen nicht betreten.
