Verhandlung am Amtsgericht
Bierglas auf den Kopf geschlagen: Rosenheimer (37) rastet auf Volksfest aus – Ärger auch für das Opfer
Handfeste Auseinandersetzung auf dem Volksfest: Weil ein Rosenheimer (37) einen 42-Jährigen belästigte, schlug dieser dem Mann ins Gesicht. Das ließ dieser nicht auf sich sitzen und griff wiederum mit einem Bierglas an. Nun mussten sich beide vor Gericht verantworten – mit unterschiedlichem Ausgang.
Rosenheim – Ungewöhnlicher Anblick im Rosenheimer Amtsgericht: Ein 37-Jähriger saß gemeinsam mit seinem 42-jährigen Kontrahenten auf der Anklagebank. Beide mussten sich wegen gefährlicher beziehungsweise vorsätzlicher Körperverletzung verantworten, nachdem sie am 19. August auf dem Volksfest in Feldkirchen-Westerham aneinandergeraten waren. Laut Anklage belästigte der Rosenheimer zu fortgeschrittener Stunde eine Gruppe Volksfestbesucher, der auch der 42-jährige gebürtige Kasache angehörte. Der Rosenheimer soll die insgesamt fünf Personen beleidigt und sich immer wieder zwischen sie gedrängt haben.
Mehrere Wunden am Kopf
Schließlich soll ihm der 42-Jährige einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dabei ging der Rosenheimer zu Boden. Doch damit war die Angelegenheit nicht beendet, denn der stark angetrunkene 37-Jährige rappelte sich auf und schlug wiederum seinem Widersacher mit einem zerbrochenen Weißbierglas auf den Kopf. Der erlitt dadurch eine Kopfplatzwunde und mehrere Schnittwunden.
Der Rosenheimer bedauerte den Vorfall vor Gericht, gab aber an, keinerlei Erinnerungen mehr an das Geschehen zu haben. Ein Alkoholtest hatte nach der Tat 2,4 Promille ergeben. Der Geschädigte und weitere Zeugen bestätigten den in der Anklageschrift dargestellten Sachverhalt. Demnach habe sich der Angeklagte offensichtlich daran gestört, dass sich die Gruppe auf Russisch unterhalten habe. „Er hat uns beleidigt und immer wieder angerempelt“, sagte der Geschädigte, der zum Tatzeitpunkt etwa 1,6 Promille im Blut hatte.
Provokationen und ein Schlag ins Gesicht
Dabei sei er mit seinem Gesicht immer sehr nah gekommen. Deshalb habe der 42-Jährige ihn ein paar Mal weggeschubst. Dann sei der Angeklagte Kopf voraus auf ihn zugekommen. Er habe einen Kopfstoß befürchtet und das mit einem Faustschlag verhindern wollen. Als der 37-Jährige am Boden lag, habe er sich weggedreht und wenig später den Schlag von hinten gespürt.
Für Staatsanwalt Alexander Spalteholz war im Fall des 42-jährigen die Notwehrlage erfüllt. Er sei provoziert und körperlich bedrängt worden und deshalb freizusprechen. Verteidiger Michael Rienäcker schloss sich dem Antrag an. Sein Mandant habe die Provokationen des Rosenheimers geduldig abgewehrt. Vielmehr stelle sich die Frage: „Wie lange muss eine Gruppe das aushalten.“ Für Richter Hans-Peter Kuchenbaur war daher die Notwehrlage ebenfalls gegeben.
Hohe Gefahr aufgrund des Glases
Der Angeklagte habe einfach nicht aufgehört, zu pöbeln. „Die soziale Distanz war unterschritten“, hieß es in der Urteilsbegründung. Im Fall des 37-Jährigen forderte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Es sei nachvollziehbar, dass der Angeklagte bei der hohen Alkoholisierung keine Erinnerung mehr habe. Aufgrund der glaubhaften Zeugenaussagen sei der Sachverhalt jedoch erwiesen. Eine Geldstrafe sei bei dem hohen Gefährdungspotenzial eines Schlags mit einem zerbrochenen Glas und den erheblichen Verletzungen beim Geschädigten nicht ausreichend, so der Anklagevertreter.
Die Verteidigerin des Rosenheimers, Adelheid Rupp, räumte ein, dass es bei der Tat nichts zu beschönigen gäbe, dennoch handle es sich bei ihrem Mandanten um keinen Straftäter. Er habe keine Vorstrafen und es gäbe auch keine rassistische Ausprägung. In vielen gemeinsamen Gesprächen habe man versucht, das Geschehen zu ergründen. Ihr Mandant sei stark alkoholisiert gewesen, mehr gebe es dazu nicht zu sagen. Rupp plädierte für eine Geldstrafe mit Täter-Opfer-Ausgleich und weiteren Bewährungsauflagen.
Freiheitsstrafe zur Bewährung
Der Angeklagte sei mit 2,4 Promille erheblich enthemmt und die Aggressionsschwelle deutlich überschritten gewesen, doch die Tatausführung sei dennoch extrem gefährlich gewesen, stellte Richter Hans-Peter Kuchenbaur in seiner Urteilsbegründung fest. Eine Geldstrafe sei in diesem Fall nicht mehr ausreichend, jedoch könne die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Als Bewährungsauflagen wurde eine Schmerzensgeldzahlung von 2000 Euro und Beratungsgespräche bei einer Suchtprävention auferlegt.