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Veranstaltung in Rosenheim

Als Kommunist das KZ überlebt: Warum Ernst Grubes Haltung zu einem AfD-Verbot überrascht

Ernst Grube (90) auf einer Veranstaltung der Initiative für Erinnerungskultur
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Ernst Grube (90) wurde als Kommunist in ein KZ gesperrt und auch nach dem Krieg verfolgt und überwacht

Überwacht, verfolgt, eingesperrt: Ernst Grube (90) hat das KZ Theresienstadt überlebt und auch nach dem Krieg Schikanen hinnehmen müssen, weil er Kommunist ist. Was er über das Verbot von Parteien wie der AfD denkt und warum seine Meinung dazu überrascht.

Rosenheim – „Im Guten wie im Schwierigen – hier bin ich daheim“ sagt Ernst Grube (90) und lächelt. Er antwortet damit auf die Frage, ob er in seinem Leben nie den Impuls verspürt habe, auszuwandern. Gründe dafür hätte er genügend gehabt: Er, der KZ-Überlebende, wurde auch nach dem Krieg, in der Bundesrepublik, überwacht, verfolgt, zweimal sogar ins Gefängnis gesperrt. Es reichte aus, dass er Kommunist war und für seine Ideale einer besseren Welt demonstrierte.

Erinnern an die (Nach)kriegszeit

Für seine Ideale eintreten, das tut er noch heute, hält Vorträge als einer der wenigen Überlebenden des Holocausts, die heute noch unter uns sind. So unlängst auch auf einer Veranstaltung, die das Stadtarchiv gemeinsam mit der Initiative für Erinnerungskultur ausrichtete. Christian Höschler vom Stadtarchiv und Dr. Thomas Nowotny von der Initiative waren sich dabei einig: Erinnern ist wichtig und die, die ein lebendiges Erinnern auch jenen möglich machen, die das Dritte Reich und die Nachkriegsjahre nicht selbst erlebt haben, sind die Zeitzeugen: Menschen die persönlich und unmittelbar, weil aus eigenem Erleben berichten können.

Ernst Gruber auf einer Veranstaltung der Initiative für Erinnern: Das Foto im Hintergrund zeigt eine Demo von 1955, auf der für die Freilassung des inhaftierten Grube demonstriert wurde.

Für Ernst Grube geht es bei diesem Erinnern nicht nur um seine Zeit im KZ Theresienstadt, es geht auch um die Nachkriegszeit: jene Periode, in der die deutsche Gesellschaft durchaus mühsam den Weg zu der Demokratie fand, die wir heute als selbstverständlich hinnehmen. Politik, Polizei auch Wirtschaft, so sagt Grube seien in den Anfangsjahren der Bundesrepublik von Menschen durchsetzt gewesen, die schon während der NS-Zeit Funktionen hatten.

Mehrere Gefängnisstrafen für den Kommunisten

Und Überzeugungen von dem, was Recht und Ordnung sei, auch Feindbilder verlören sich nicht über Nacht. Nicht zuletzt deshalb wurde er in den Fünfzigern zweimal inhaftiert, einmal genügte dafür die Teilnahme an einer Demonstration, ein andermal eine geplante Flugblattaktion als Mitglied der damals schon verbotenen kommunistischen Partei. Auch um ein Berufsverbot – Grube war nach einer Malerlehre Berufsschullehrer geworden – kam er in den 70ern nur ganz knapp vorbei.

Bemerkenswert ist, dass Grube nach lebenslangem Kampf um mehr Offenheit in unserer Gesellschaft, für mehr Gerechtigkeit, für Menschenrechte, heute nicht verbittert ist. Jetzt, da die Gesellschaft sich erneut mit einem stärker werdenden rechten Rand auseinandersetzen muss. Im Gegenteil. Ernst Grube scheint hier von einem fest verwurzelten Optimismus durchdrungen.

Inhalte verschwinden nicht mit Parteiverbot

Auch deshalb stimmt er einem Teilnehmer der Veranstaltung vom 10. Oktober ausdrücklich nicht zu. Der hatte gefragt, ob es nicht sinnvoll sei, die AfD zu verbieten, genau so wie in den 50ern die KPD verboten worden sei. Mit einem Verbot der Partei, so entgegnet Grube, seien deren Inhalte nicht verschwunden „und genau die Inhalte sind es, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen“. Dem anderen zuhören, so weit wie möglich auf den anderen zugehen, das ist für ihn die Maxime seines Handelns.

Und er bringt für die Erfolgsaussichten einer solchen Haltung einen persönlichen Beweis: Er sei als Kommunist Mitglied im Kuratorium der evangelischen Versöhnungskirche in Dachau – „und das ist doch eine wirklich wunderbare Sache“. Und noch ein Argument hat Grube für seine Überzeugung, dass Miteinander reden wichtiger sei als Spalten: Er habe als Kind einer jüdischen Mutter viel Isolation erfahren – Freunde, mit denen man reden und sich austauschen konnte, gab es nicht.

„Es geht nur miteinander, nie gegeneinander“

Viel von seinem frühen politischen Engagement sei deshalb auf die Tatsache zurückzuführen, dass er hier Gruppierungen fand, in denen er sich aufgenommen fühlte. Angehört zu werden, wahrgenommen zu werden sei wohl ein ganz elementares Bedürfnis des Menschen.

Sich gegenseitig zu ignorieren, wenn nicht gar zu verunglimpfen sei deshalb mit Sicherheit der falsche Weg, sagt Grube: „Es war für mich nicht immer so. Aber heute weiß ich – es geht nur miteinander, nie gegeneinander“.

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