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OVB-Exklusivinterview

„Unübersehbar und unbequem“: Klima-Kleber kommen jetzt auch nach Rosenheim

Annina Oberrenner gehört zur „Letzten Generation“. Am Freitag, 3. März, kommt sie für einen Vortrag nach Rosenheim.
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Annina Oberrenner gehört zur „Letzten Generation“. Am Freitag, 3. März, kommt sie für einen Vortrag nach Rosenheim.

Die Aktionen der „Letzten Generation“ lösen Wut und Bewunderung aus. Doch was geht in den Menschen vor, die sich auf der Straße festkleben? Und warum kommen sie am Freitag, 3. März, nach Rosenheim? Ein Gespräch mit Klimaaktivistin Annina Oberrenner.

Rosenheim - Annina Oberrenner aus München hat schon lange aufgehört, sich Gedanken darüber zu machen, was Menschen über sie denken. Sie ist unbequem und unübersehbar. So bezeichnet sich die Klimaaktivistin selbst. Seit rund einem Jahr ist sie Teil der „Letzten Generation“ und setzt sich dafür ein, dass etwas gegen die Klimakrise getan wird. Im OVB-Interview spricht sie über ihre Motivation, ihre Protestaktionen und warum sie deshalb schon einmal vor Gericht stand.

Es gibt viel Kritik an den Maßnahmen der „Letzten Generation“. Schadet die Bewegung dem eigentlichen Ziel des Klimaschutzes?

Annina Oberrenner: Zunächst geht es nicht darum, Sympathie oder Medienaufmerksamkeit zu bekommen, sondern darum, die Regierung zum Handeln zu bewegen. Unsere Proteste bringen die Dringlichkeit und Betroffenheit aller, in die Mitte der Gesellschaft, und erzeugen eine konstruktive Spannung. Alle müssen sich selbst positionieren, ob in persönlichen Gesprächen am Abendbrottisch oder als Politiker oder Politikerin im Bundestag.

Und doch werden die Methoden - wie die Beschmutzung von Kunstobjekten oder das Festkleben auf Straßen - teils als radikal bezeichnet.

Oberrenner: Es ist absurd und erschreckend, wie die gewaltfreie Störung in einem todbringenden Alltag als radikal abgestempelt wird, um eine Protestform, die zu der Demokratisierung vieler Länder beigetragen hat, derart zu delegitimieren, um Protestierende härter zu bestrafen. Trotz bestehender wissenschaftlicher Faktenlage und Stimmen der UN - wir bräuchten jetzt einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel - wird nicht annähernd angemessen von der Regierung reagiert, um unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Das ist radikal.

Was hat die „Letzte Generation“ bisher erreicht?

Oberrenner: Erst vor einigen Tagen hat sich Hannovers Oberbürgermeister in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden des Bundestages gewandt, in dem er aufruft, die Forderungen der Letzten Generation zu beraten und umzusetzen. Auch der Oberbürgermeister Tübingens hat sich öffentlich für unsere Forderung nach einem Klima-Gesellschaftsrat ausgesprochen. Die Gerichte zaudern mit ihren Entscheidungen, uns zu verurteilen. Aber das Wichtigste ist: Es wird über die Klimakatastrophe geredet. Abends am Küchentisch mit der Familie, in der Nachbarschaft, in Talkshows, und zuletzt in der Politik. Wir müssen uns mit dieser Katastrophe und deren Konsequenzen auseinandersetzen, sonst können wir nicht angemessen handeln. Und das bewirkt die Letzte Generation gerade.

Also fühlen Sie sich von Politikern und der Gesellschaft ernst genommen?

Oberrenner: Natürlich. Würden sie uns nicht ernst nehmen, würden wir weiterhin ignoriert werden. Wir sind im ständigen Austausch mit Politikern und Politikerinnen und einige kommen direkt auf uns zu.

Ab wann war für Sie klar, dass Sie bei der „Letzten Generation“ mitmachen wollen?

Oberrenner: Ich habe von Anfang an den Hungerstreik der Menschen in Berlin im Herbst 2021 verfolgt, die anschließend den „Aufstand der Letzten Generation“ gegründet haben. Danach habe ich einen Vortrag vom beteiligten Henning Jeschke gehört. Er sprach mir aus der Seele: Wütend und verzweifelt über die Faktenlage und warum niemand etwas unternimmt - und gleichzeitig hoffnungsvoll und voller Tatendrang. Danach stand fest: Ich will mitmachen. Ich gehörte zu den ersten 50 Menschen, die sich auf die Straße setzten.

Warum?

Oberrenner: Die Klimakatastrophe belastet mich stark. Ich habe Petitionen unterschrieben, habe bei unzähligen Aktionen und Demos mitgemacht und bin in eine Partei eingetreten, um mich dort zu engagieren. Viele andere Menschen haben das auch gemacht. Und es ist immer noch nicht genug passiert. Ich studiere Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement, führe eigentlich ein ganz normales Leben und würde das auch gern weiterhin tun, aber das kann ich angesichts der dramatischen Situation, in der wir uns befinden einfach nicht. Ich will nicht meine Zukunft, die meiner Freunde, meiner Familie, aller jungen Menschen und der gerade geborenen oder meiner Kinder verspielen.

Ticken die anderen Mitglieder der „Letzten Generation“ ähnlich?

Oberrenner: Die Letzte Generation, das sind für mich ganz normale Menschen, die diesen Schmerz, diese Trauer um zerstörte Ökosysteme und das Mitgefühl für fliehende und sterbende Menschen aber auch die Hoffnung auf eine gesündere Erde teilen. Unsere aktuellen Forderungen sind die Umsetzung erster Sicherheitsmaßnahmen, wie ein Tempolimit von 100 km/h und die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets. Außerdem fordern wird die Einberufung eines gelosten Gesellschaftsrats als Krisensitzung für die Bevölkerung.

An welchen Protestaktionen haben Sie bisher teilgenommen?

Oberrenner: Ich habe im Februar 2022 gemeinsam mit anderen Aktivisten und Aktivistinnen in München zum ersten Mal eine Straße blockiert. Das war relativ am Anfang der Aktionen, also war unsere Gruppe noch ziemlich unbekannt. Viele Passanten und Passantinnen und natürlich auch die Autofahrenden zeigten sich unverständlich und waren wütend, dass wir ihren Alltag störten. Ein Autofahrer hat versucht, uns mit seinem SUV aggressiv von der Straße zu schieben. Aber es gab auch diejenigen, die uns den Daumen nach oben zeigten oder uns extra freundlich anlächelten, und das gibt unglaublich viel Kraft. Letztendlich war die Situation und auch der Umgang mit der Polizei aber positiv, da von unserer Seite selbstverständlich keine Aggression ausgeht und wir uns friedlich und gewaltfrei verhalten.

Standen Sie deswegen schon einmal vor Gericht?

Oberrenner: Ja, im September musste ich mich in München wegen der Straßenblockade verteidigen. Wir wurden schuldig gesprochen wegen Nötigung, allerdings beließ die Richterin es aufgrund unseren „lobenswerten Ziele“ bei einer Verwarnung und es folgten keine weiteren Konsequenzen. Für mich war das wie ein „Freispruch light“. Es zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was unterscheidet die „Letzte Generation“ ihrer Meinung nach von „Fridays for Future“?

Oberrenner: Ohne „Fridays For Future“ wären wir nicht da, wo wir heute sind. Leider haben 1,4 Millionen Menschen auf Deutschlands Straßen nicht ausgereicht, damit die Regierung die nötigen Maßnahmen einleitet. Deshalb kommen wir immer wieder auf die Straße. Jeden Tag, jede Woche. Wir sind unübersehbar und unbequem und tragen unsere Proteste auch von der Straße in die Gerichtssäle.

Am Freitag, 3. März, und am Samstag, 11. März, sind Vertreter der „Letzten Generation“ zu Besuch in Rosenheim. Warum?

Oberrenner: Wir tragen unseren Protest in alle Ecken der Bundesrepublik. Wir wollen laut und unübersehbar sein. Rosenheim hätte viel Potenzial zu einer grüneren, lebensfreundlicheren Stadt zu werden. Wir alle sind die Letzte Generation vor den Kipppunkten, auch in Rosenheim.

Mehr Infos

Unter dem Motto „Angekommen in der Klimakatastrophe - Was wirst Du tun“ findet sowohl am Freitag, 3. März, um 17.30 Uhr, als auch am Samstag, 11. März, um 18 Uhr, ein Vortrag der „Letzen Generation“ statt. Die Veranstaltung findet im Wahlkreisbüro der Linken statt.

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