Beschluss im Verkehrsausschuss
„Machen uns lächerlich“: Fußgängerzone in Rosenheim vorerst Geschichte – das steckt dahinter
180-Grad-Wende in der Münchener Straße in Rosenheim: Die vor wenigen Monaten eingerichtete Fußgängerzone soll vorerst wieder abgeschafft werden. SPD und CSU unterstützen den Vorschlag, Grüne und Freie Wähler/UP wehren sich vehement – am Ende vergeblich. Wie es jetzt weitergeht.
Rosenheim – Richtig nachvollziehen kann Christine Degenhart die Diskussion nicht. „Wir machen uns lächerlich, weil es lächerlich ist“, sagte die Stadträtin der Freien Wähler/UP in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Verkehrsfragen und ÖPNV. Der Grund für ihren Unmut ist ein Antrag der CSU. Darin fordert die Fraktion die Verwaltung dazu auf, die Fußgängerzone in der Münchener Straße, zwischen Gillitzer- und Salinstraße, aufzuheben. Aus mehreren Gründen.
Plan geht nicht auf
Da wären zum einen die Autofahrer, die die neue Regel häufig missachten und die Busse, die auch weiterhin durch die Fußgängerzone fahren. „Es wird nicht so angenommen, wie wir uns das gedacht haben“, sagte Oberbürgermeister Andreas März (CSU). Zwar würden mittlerweile deutlich weniger Autos als noch im Dezember durchfahren, trotzdem gehe der Plan nicht auf.
Und das trotz der Nachbesserungen. So wurde in den vergangenen drei Monaten unter anderem bei der Beschilderung nachjustiert. Zudem wurden Pflanzentröge installiert und Fahrradständer aufgestellt. Gebracht hat das nur wenig. „Die Akzeptanz fehlt“, sagte Daniel Artmann (CSU).
Acht Busse in zehn Minuten
Erst vor wenigen Tagen sei er vor Ort gewesen, um sich ein Bild von der Situation zu machen. „Innerhalb von zehn Minuten sind acht Busse durch die Fußgängerzone gefahren“, sagt er. Für den Stadtrat ein Unding. „Dadurch entstehen gefährliche Situationen für Fußgänger“, sagt er. Aus diesem Grund plädierte er dafür, die Fußgängerzone vorerst aufzuheben. „Der Versuch ist gescheitert. Es ist wichtig, sich als Politik einzugestehen, wenn etwas nicht funktioniert.“
Ganz anders äußerte sich Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Aus unserer Sicht wäre es ein fataler Fehler, die Fußgängerzone jetzt zurückzubauen“, sagte sie. Die Bürger bräuchten Zeit, sich an die neue Regel zu gewöhnen. „Wenn wir die Fußgängerzone jetzt aufhaben, verwirren wir nur die Bürger“, zeigte sie sich überzeugt. Dass es an der ein oder anderen Stelle noch Verbesserungspotenzial gebe, sei auch ihr bewusst.
Piktogramme auf Fahrbahn anbringen
Statt über einen Nachbau nachzudenken, sollte man sich ihrer Meinung nach deshalb lieber Gedanken darüber machen, wie man die Situation in der Münchener Straße verbessern könnte. „Ein paar Schilder und drei mickrige Betonkübel reichen eben nicht aus“, sagte die Fraktionsvorsitzende. Sie schlug vor, über Sitzgelegenheiten nachzudenken, regte unter anderem an, Piktogramme auf der Fahrbahn anzubringen. Wichtig sei in ihren Augen aber vor allem eins: Den Verkehrsversuch nicht frühzeitig abzubrechen.
Doch genau dafür sprach sich auch Stadtrat Robert Metzger (SPD) aus. Auch wenn er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. „Die Atmosphäre einer Fußgängerzone fehlt komplett“, sagte der Stadtrat während der Sitzung. Er arbeite in der Nähe der Münchener Straße, habe die Situation in den vergangenen Wochen immer wieder beobachten können. „Es wird von den Bürgern nicht angenommen“, unterstrich er.
Aufenthaltsqualität fehlt
Das liege seiner Meinung jedoch nicht an den Bussen, sondern vielmehr an der Tatsache, dass Gehweg und Straße voneinander getrennt wird und so auch optisch nicht deutlich wird, dass es sich um eine Fußgängerzone handelt. „Die Aufenthaltsqualität fehlt“, sagte er. Aus diesem Grund unterstütze er „schweren Herzens“ den Antrag der CSU. Auch wenn er, wie er betont, eine Fußgängerzone in der Münchener Straße eigentlich ein Gewinn für Rosenheim wäre.
„Auch ich halte eine Fußgängerzone an dieser Stelle nach wie vor für eine gute Idee“, bestätigte März. Aber es lasse sich eben auch nicht leugnen, dass der Versuch im Moment nicht funktioniert. „Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir es besser machen können“, sagte er.
Aufwertung des Salingartens geplant
Geplant sei, sich zuallererst um die Aufwertung des Salingartens zu kümmern. Ziel sei es, eine „helle, freundliche und offene Grünanlage“ zu schaffen, mit breiten Wegen, zahlreichen Sitzmöglichkeiten, einem Café sowie einem Spielplatz. Zudem soll der Park geöffnet werden, sodass man einen klaren Blick von der Münchener Straße auf das Kultur- und Kongresszentrum hat.
Umleitung der Busse?
Einzelsträucher und kleiner Strauchgruppen sollen dafür entfernt und die Bäume höher aufgeastet werden. Geht es nach Oberbürgermeister März, soll es außerdem einen fließenden Übergang zwischen Salingarten und Münchener Straße geben. Zudem müsse überlegt werden, ob man die Busse nicht umleiten könnte, sodass sie eben nicht mehr durch die Münchener Straße fahren müssen.
Dafür sprach sich auch Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzende der CSU, aus. „Im Moment ist die Situation hochgefährlich“, sagte er. Auch deshalb sei es ihm und seiner Fraktion ein Anliegen, die Fußgängerzone so schnell wie möglich aufzuheben. „Wir können nicht warten, bis etwas passiert.“
Ein weiterer Punkt, warum es in den Augen der CSU durchaus sinnvoll sei, den Verkehrsversuch in der Münchener Straße zu beenden, sei die anstehende Vollsperrung in der Prinzregentenstraße. „Wir brauchen eine Lösung, wo der Verkehr abfließen kann“, sagte Artmann. Nur durch die Aufhebung der Fußgängerzone könnte ein „Verkehrschaos verhindert werden“.
Nicht die Flinte ins Korn werfen
Kritik für diese Aussage erntete der CSU-Stadtrat von Christine Degenhart. So sei bereits vor der Einführung der Fußgängerzone bekannt gewesen, dass es in der Prinzregentenstraße zu einer Vollsperrung kommen wird. Sie plädierte dafür, den Versuch – wie ursprünglich beschlossen – für ein Jahr laufen zu lassen. „Wir können nicht einfach die Flinte ins Korn werfen“, sagte sie.
Frühling und Sommer abwarten
„Es wäre zumindest sinnvoll, den Frühling und Sommer abzuwarten“, sagte auch Robert Lappy (Grüne). Statt aufzugeben, sollte man sich erst darum bemühen, die Situation zu verbessern. Doch von diesen Argumenten wollte auch Dr. Wolfgang Bergmüller (CSU) nichts wissen. „Wenn bei einem Versuch Schwierigkeiten auftreten, sollte man ihn sehr wohl abbrechen. Alles andere wäre grob fahrlässig“, sagte er.
Aufhebung Ende März geplant
Letztendlich sprachen sich die Stadträte mit knapper Mehrheit (6:4) dafür aus, die Fußgängerzone vorerst aufzuheben. Da noch einige Rückbauten anstehen, geht Pressesprecher Christian Baab davon aus, dass es voraussichtlich Ende März soweit sein wird. Noch in diesem Jahr soll dann mit den Planungen rund um die Aufwertung des Salingartens begonnen werden. Eine Umsetzung ist dann für 2026 geplant. Sobald die Maßnahmen im Salingarten umgesetzt wurden, soll die Fußgängerzone in der Münchener Straße wieder eingerichtet werden.