Polizei und Stadt mit anderer Meinung
Schlaflos in Rosenheim: Anwohner kritisiert nächtliches Durchfahrtsverbot in der Innenstadt
Rund ein Jahr gibt es nun das nächtliche Durchfahrtsverbot in Teilen der Rosenheimer Innenstadt. Eingeführt, um die Beschwerden über die „Autoposerszene“ in den Griff zu bekommen. Allerdings soll das Verbot inzwischen „extrem unangenehme“ Folgen für die Anwohner haben.
Rosenheim – Ruhige Nächte hatte Friedrich Uebelhör schon länger nicht mehr. In der Wohnung des Rosenheimers sei es nachts – vor allem in den Sommermonaten – entweder zu heiß oder zu laut. Die Ursache ist für den Rentner klar: das Durchfahrtsverbot zwischen 22 und 6 Uhr in der Münchener und Kufsteiner Straße. „Dadurch weichen viele mit ihren lauten Autos in der Nacht auf die Reifenstuel- und Salinstraße aus“, sagt Uebelhör. Und das sei manchmal „so extrem“, dass er weder Fenster noch Türen zum Lüften öffnen könne.
Mehr laute Autos in der Nacht
„An manchen Tagen brettern ab 20.30 Uhr Autos und Motorräder im Minutentakt durch unsere Straße“, sagt Uebelhör. Durch das erhöhte Verkehrsaufkommen am Abend sei es in der Siedlung allgemein lauter geworden. Besonders schlimm sind dem Rosenheimer zufolge jedoch die Knallgeräusche einiger Fahrzeuge mitten in der Nacht. Wenn die Fahrer stark beschleunigen und dann vom Gas gehen, komme es zu Fehlzündungen, erklärt Uebelhör. Und das knallt „mehrfach unglaublich laut“. „Schreckhaft darf man da nicht sein“, sagt der Rentner.
Aufgefallen sei ihm dieses Phänomen vermehrt in diesem Sommer. Das sei aber logisch, da das Durchfahrtsverbot erst im August des vergangenen Jahres eingeführt wurde. „Und im Winter und Frühjahr sind weniger solcher Fahrzeuge unterwegs.“ Auch die momentane Baustelle in der Münchener und Kufsteiner Straße mache das Problem nicht besser. Dadurch sei noch mehr Verkehr in der Reifenstuel- und Salinstraße – auch tagsüber. Das müsse man allerdings „in Kauf nehmen“. „Das ist ja nur vorübergehend und macht die Stadt auf Dauer lebenswerter“, sagt Uebelhör.
Durchfahrtsverbot bringt laut Anwohnern nichts
Im Gegensatz zum nächtlichen Durchfahrtsverbot. Das bringe nicht wirklich etwas, sondern mache den Anwohnern das Leben schwerer, findet der Rosenheimer. Vor allem, weil es an der falschen Stelle sei. In der Münchener und der Kufsteiner Straße seien hauptsächlich Geschäfte und Bürogebäude wie die Sparkasse oder Galeria Karstadt. Daher gebe es in diesem Bereich deutlich weniger Wohnungen als in der Reifenstuel- und Salinstraße. „Vom nächtlichen Lärm sind dort dann viel mehr Menschen betroffen als da, wo das Durchfahrtsverbot gilt“, sagt Friedrich Uebelhör.
Auch, dass das Verbot insbesondere nach wiederholten Beschwerden von Hotelgästen des Parkhotels Crombach über die „Autoposerszene“ von der Stadt beschlossen wurde, kann der Rentner nicht nachvollziehen. „Die sind maximal ein paar Tage in der Stadt und die Zimmer haben Klimaanlagen und Schallschutzfenster“, sagt Uebelhör. Das kann Andreas Crombach, Hotelmanager des Parkhotels, auf OVB-Anfrage bestätigen. Alle 64 Zimmer seien vor Kurzem mit Klimaanlagen ausgestattet worden.
Keine Klimaanlagen wie in den Hotels
Diesen „Luxus“ hätten Friedrich Uebelhör und seine Nachbarn hingegen nicht. „Wir müssen die Fenster aufmachen und dann wird es unangenehm“. Daher fühle er sich gegenüber den Hotelgästen von der Stadt benachteiligt. „Das Problem mit den lauten Autos wird durch das jetzige Durchfahrtsverbot ja nicht besser, sondern einfach nur in unser Wohngebiet verlagert“, sagt der Rosenheimer. Deshalb wünsche er sich, dass die Verwaltung das Verbot insgesamt wieder aufhebe.
Wie die Stadt auf OVB-Anfrage mitteilt, konnte bisher allerdings keine Zunahme des nächtlichen Verkehrs in der Reifenstuel- und Salinstraße festgestellt werden. Zudem habe sich die Situation rund um die „Autoposer“ in der Innenstadt seit Einführung des Durchfahrtsverbots verbessert, berichtet Christian Baab, stellvertretender Pressesprecher der Stadt. Auch an anderen Stellen seien derzeit keine Probleme mit „Autoposern“ bekannt.
Keine Kontrollen durch Polizei bisher
Das bestätigt die Rosenheimer Polizei. Seit Beginn des Durchfahrtsverbots habe es rund 120 Verstöße gegeben, teilt Sabine Gerke, Polizeihauptkommissarin und Sachbearbeiterin für Verkehr, mit. Diese hätten aber Woche für Woche „merklich abgenommen“. „In der Salin- und Reifenstuelstraße ist noch gar kein Verstoß aufgenommen worden“, sagt die Polizistin. Das hänge damit zusammen, dass es dort kein Fahrverbot gebe und deshalb auch nicht speziell kontrolliert werde, ob vermehrt auffällige Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit durchfahren.
Friedrich Uebelhör kann sich solche Kontrollen als ersten Schritt in die richtige Richtung jedoch gut vorstellen. „Die Polizei sollte in der Salin- und Reifenstuelstraße präsenter sein, vielleicht mit Zivilfahrzeugen oder einfach mehr Verkehrskontrollen durchführen“, sagt der Rentner. Das könnte den ein oder anderen Fahrer abschrecken und die Nächte wieder etwas ruhiger machen.
