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Polizei ermittelt

„Ich wurde als Kindermörder beschimpft“: Rosenheimer Demo-Teilnehmer zeigt AfD-Anhängerin an

Bei einer Kundgebung der Initiative „Omas gegen Rechts“ wurde einer der Teilnehmer von einer Anhängerin der AfD als „Kindermörder“ bezeichnet. (Symbolbild)
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Bei einer Kundgebung der Initiative „Omas gegen Rechts“ wurde einer der Teilnehmer von einer Anhängerin der AfD als „Kindermörder“ beschimpft. (Symbolbild)

Es sind schwere Vorwürfe, die ein Rosenheimer gegen eine Anhängerin der AfD erhebt: Bei einer Kundgebung auf dem Max-Josefs-Platz soll sie ihn als „Kindermörder“ beschimpft haben. Die Polizei ermittelt. Die AfD liefert eine Erklärung. Was bisher bekannt ist – und wie es jetzt weitergeht.

Rosenheim – Die Empörung hört man Tom N. auch Tage nach dem Vorfall noch an. „Eine weibliche Person hat mich als einen Kindermörder beschimpft“, sagt er am Telefon.

Zeichen für Demokratie und Vielfalt

Er sei am Samstag (25. Januar) bei einer Kundgebung auf dem Max-Josefs-Platz in Rosenheim gewesen. Gemeinsam mit den Mitgliedern der beiden Initiativen „Omas gegen Rechts“ und „Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim“ habe er ein Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Solidarität setzen wollen.

„Durch meine Kippa war ich als Jude leicht zu erkennen“, sagt N.. Er sei zum Infostand der AfD gegangen und wurde dort von der Frau beschimpft. Er habe sich daraufhin umgedreht, gefragt, ob sie ihn tatsächlich gerade als „Kindermörder“ bezeichnet hat. Sie bejahte die Frage, sprach von dem Messerangriff in Aschaffenburg und entfernte sich.

Anzeige erstattet

„Ich habe den Eindruck, dass ich von dieser Person gezielt als Jude angesprochen und beschimpft wurde“, sagt N.. Er hat bei der Polizeiinspektion Rosenheim Anzeige erstattet. Das bestätigt Hauptkommissar Robert Maurer auf OVB-Anfrage. Ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung wurde dem Beamten zufolge eingeleitet.

Zudem meldete N. den Vorfall bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (Rias Bayern). Auf den Fall selbst will ein Sprecher aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht eingehen, allgemeine Fragen beantwortet er trotz allem. „Wir dokumentieren einen antisemitischen Vorfall in unserer anonymisierten Datenbank. Dies ermöglicht es uns, das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle in Bayern zu erhellen und ein Lagebild über aktuellen Antisemitismus zu erstellen“, sagt Rias-Sprecher Felix Balandat.

Vermehrt zu Zwischenfällen gekommen

Er macht kein Geheimnis daraus, dass es in der jüngeren Vergangenheit vermehrt zu Vorfällen gekommen ist, bei denen Menschen als „Kindermörder“ bezeichnet wurden. „Dies vollzog sich oft im Kontext von Kundgebungen gegen Antisemitismus, bei denen Dritte Teilnehmer entsprechend beschimpften“, sagt Balandat. Der Vorwurf ist ihm zufolge vor allem im israelfeindlichen Mileu beliebt und basiert auf der antisemitischen Ritualmordlegende unter anderem aus dem Mittelalter. Zudem seien die Vorwürfe N. zufolge von der NS-Propaganda im ‚Der Stürmer‘ wiederaufgegriffen worden.

Zwischen Wut und Sorge

„Die aktuelle Situation bereitet mir Sorge. Sie macht mich aber auch wütend“, sagt Tom N.. Aus diesem Grund hat er sich dazu entschieden, das, was ihm widerfahren ist, öffentlich zu machen. Auch, weil es kein Einzelfall zu sein scheint. Das zeigt ein Video, das auf der Kundgebung aufgenommen wurde. Zu sehen: die AfD-Bundestagskandidatin Leyla Bilge. Sie hat ein Kind auf dem Arm, ruft immer wieder die Worte „Kindermörder“ in Richtung Kamera.

„In dem angesprochenen Video thematisiere ich die tragischen Fälle, in denen Kinder und Erwachsene in Deutschland durch ausreisepflichtige, vorbestrafte Flüchtlinge ermordet wurden“, sagt sie auf OVB-Anfrage. Ihr Statement beziehe sich auf die Demonstranten, die den AfD-Stand blockiert hatten, während die AfD im Rahmen des Bundestagswahlkampfes den Menschen in Rosenheim ihre politischen Inhalte näherbringen wollte.

Abschiebetickets verschickt

„Es ist wichtig, sich gegen die AfD zu wehren“, sagt N.. In den vergangenen Wochen habe sich die Partei noch andere Dinge geleistet, deren direktes Vorbild die NS-Propaganda sei. N. erinnert unter anderem an die AfD in Karlsruhe, welche Flyer verteilt hat, die als Flugticket gestaltet und mit „Abschiebeticket“ überschrieben sind. Sie sind ausgestellt auf „illegale Einwanderer“ und beschreiben einen Flug von Deutschland in ein „sicheres Herkunftsland“. „Die NSDAP hatte 1933 ‚Fahrkarten nach Jerusalem‘ verteilt“, fügt N. hinzu.

Auch der Wahlkampfauftakt mit US-Milliardär Elon Musk hätte für Wirbel gesorgt. Musk hatte kritisiert, dass der Fokus in Deutschland zu sehr auf „die Schuld der Vergangenheit gerichtet“ sei. Dies müsse man hinter sich lassen. Kritik an Musks Aussagen kam unter anderem aus Israel.

Gefahr für demokratische Zukunft

„Das Erinnern und Anerkennen der dunklen Vergangenheit des Landes und seiner Menschen sollte im Mittelpunkt der Gestaltung der deutschen Gesellschaft stehen“, erklärte Dani Dayan, Vorsitzender der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. „Dies zu unterlassen, ist eine Beleidigung für die Opfer des Nationalsozialismus und eine klare Gefahr für die demokratische Zukunft Deutschlands.“

Ein Zeichen setzen

Diese Meinung vertritt auch Tom N.. Er will weiterkämpfen und ein Zeichen setzen. „Tatenlos herumzusitzen, kommt nicht in Frage“, sagt er.

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