Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Romed-Klinikum mit Anschuldigungen konfrontiert

Bein amputiert und in die Obdachlosigkeit entlassen? Was an den Vorwürfen dran ist

Ein Mann mit zwei Krücken steht vor dem Eingang des Romed-Klinikums Rosenheim. Er wurde entlassen – ohne Dach über dem Kopf
+
Stefan Leicht lag nach eine Unterschenkelamputation drei Monate in der Romed-Klinik. Als er entlassen wurde, hatte er kein Dach über dem Kopf.

Aus dem Isolierzimmer auf die Straße? So erging es Stefan Leicht (43). Er wurde drei Monate nach einer Unterschenkelamputation vom Romed-Klinikum Rosenheim in die Obdachlosigkeit entlassen. So lautet zumindest sein Vorwurf. Was die Klinikleitung dazu sagt.

Rosenheim – Stefan Leicht ist sicher kein einfacher Patient. Der 43-jährige Frührentner gibt freimütig zu, dass er opiatabhängig ist. Und er sagt ziemlich deutlich, was er will und was nicht. „Pflegeleicht“ geht anders. Beides sind nach Ansicht von Stefan Leicht und seinem Vater Maximilian Gründe, warum der Unterschenkelamputierte schließlich ohne Dach über dem Kopf vor dem Romed-Klinikum stand.

Doch wie kam es überhaupt dazu: Vor vier Monaten hatte Stefan Leicht einen schweren Motorradunfall in Ägypten, wo er seit einigen Jahren lebt. Er ist dort stabilisiert und dann nach Deutschland geflogen worden. Kurz darauf wurde ihm in der Romed-Klinik Rosenheim das rechte Bein oberhalb des Knies amputiert.

Drei Monate im Isolierzimmer

Aufgrund massiver Keimbelastung war Stefan Leicht nach Angaben seines Vaters Maximilian vom ersten bis zum letzten Tag seines Klinikaufenthaltes allein in einem Isolierzimmer untergebracht. „Wenn ich zu meinem Sohn wollte, musste ich mich auf der Station anmelden und die volle Schutzmontur anlegen“, berichtet Maximilian Leicht. Dazu gehörte nicht nur die allseits bekannte FFP2-Maske, sondern auch ein gelber Schutzkittel. „Für den Kontakt mit hochinfektiösen Patienten“, weiß Leicht als jahrzehntelanger Mitarbeiter des Klinikums.

Nach drei Monaten noch keimbesiedelt

Ob Stefan Leicht sich Krankenhauskeime in Rosenheim einfing oder die Keime aus Ägypten mitgebracht hat, wie das Romed-Klinikum auf Anfrage der OVB-Heimatzeitung sagt, sei dahingestellt. Los war Stefan Leicht die Keime nach drei Monaten in Isolation nicht. Er sei zwar keimbesiedelt, „hat aber bei Entlassung keine Infektion“, heißt es dazu auf Anfrage des OVB in der Stellungnahme der Romed-Klinik.

Die Keimbelastung wiederum ließ es nicht zu, dass Stefan Leicht in Raubling bei seinen Eltern – wo er auch noch gemeldet ist – Unterschlupf fand. „Auf Anraten des Gesundheitsamts soll er nicht zu uns, weil meine Frau schwer herzkrank ist“, erklärt Maximilian Leicht. Doch wohin dann ohne eigene vier Wände in Deutschland? „Pflegeheime lehnen eine Aufnahme des Patienten aufgrund seiner Drogensucht und Keimbesiedelung ab“, heißt es gegenüber dem OVB von Seiten der Romed-Klinik. Die Optionen von Obdachlosenheimen und Pensionen habe Stefan Leicht genauso abgelehnt, wie die Aufnahme zum stationären Drogenentzug im Inn-Salzach-Klinikum in Gabersee, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Was sein Sohn im Inn-Salzach-Klinikum (ISK) soll, fragt sich Maximilian Leicht. Wie hätte der im Isolierzimmer an Drogen kommen sollen? Soweit er wisse, habe außer ihm niemand Stefan besucht. Damit werde ihm quasi unterstellt, er habe seinen Sohn mit Drogen versorgt, ärgert sich Maximilian Leicht. Außerdem habe das ISK die Behandlung abgelehnt, so Leicht, weil sein Sohn nach drei Monaten nichts mehr im Körper habe, außer der ärztlich verordneten Medikamente, und als entgiftet gelte. Und Stefan Leicht? Der sagt, dass ihm das Inn-Salzach-Klinikum gegen seine dauerhaften Schmerzen wohl nicht geholfen hätte. Entgiftung hin oder her.

Keinen Platz in Reha-Kliniken

Bein über dem Knie amputiert, jetzt auf Prothese angewiesen – hört sich für Otto Normal und Lisi Müller nach Reha an. „Es wurde uns gesagt, weil er drogenabhängig ist, braucht er keine Reha. Das hat ein Arzt zu mir und meinem Sohn gesagt, dass er das nicht einsieht, dass mein Sohn eine Reha bekommt. Es sei schade ums Geld. Das hat er gesagt!“, berichtet Maximilian Leicht empört. Die Romed-Klinik weist die Aussage gegenüber dem OVB entschieden zurück: Der Sozialdienst und die behandelnden Ärzte hätten mehrfach versucht, eine Rehaklinik für den Patienten zu finden, aber „die Rehakliniken haben seine Aufnahme aufgrund der Drogensucht abgelehnt“. Keiner der Klinik-Ärzte habe zudem die von Leicht zitierte Aussage getroffen.

Aussage gegen Aussage

Doch die Vorwürfe der Leichts reißen nicht ab. Der Sozialdienst der Romed-Klinik Rosenheim hat nach Ansicht von Vater und Sohn Leicht nicht viel unternommen, damit Stefan Leicht irgendwo unterkommt. „Das Krankenhaus wird es anders darstellen und behaupten, ich hätte alles abgelehnt“, sagt Stefan Leicht. Die Klinik-Geschäftsführung erwidert dazu: „Unser Sozialdienst hat sich äußerst intensiv etliche Stunden um die nachstationäre Versorgung des Patienten bemüht.“ Dazu sind Krankenhäuser vertraglich verpflichtet.

Gemeinde Raubling kann keine Unterkunft bieten

Vater und Sohn Leicht informierten schließlich das Landratsamt Rosenheim über die drohende Obdachlosigkeit. „Das sagt, das sei Sache der Gemeinde Raubling“, berichtet Maximilian Leicht. „Die Gemeinde Raubling sagt, wir haben nichts. Aus, fertig, Affe tot.“ Eine Aussage, die Bürgermeister Olaf Kalsperger sehr verwundert. Ein solches Verhalten seiner Verwaltungsmitarbeiter kann er sich nicht vorstellen. Helfen allerdings konnte die Gemeinde auch nicht. Die Wohnungen der Gemeinde sind laut Bürgermeister alle belegt. „Unsere Obdachlosenunterkunft ist nur über eine schmale Stiege zu erreichen, die Zimmer sind klein und alles andere als barrierefrei. Für einen Mensch mit Leichts Behinderung und für jeden Rollstuhlfahrer sind sie völlig untauglich“, erklärt Kalsperger. Eine Alternative habe die Gemeinde leider nicht bieten können.

Hin und her um den Rollstuhl

Den Rollstuhl, den er aktuell nutzt, bekam Stefan Leicht vom Bayerischen Roten Kreuz. Das Klinikum hätte ihm einen „alten, versifften angeboten“, sagt sein Vater. Auch dazu gibt es einen anderen Blickwinkel: „Rollstühle sind Eigentum der Krankenkassen und werden nur leihweise zur Verfügung gestellt“, erklärt die Klinik-Geschäftsführung auf OVB-Anfrage. „Da der Patient und die Eltern nicht gewährleisten konnten, dass der Rollstuhl in Deutschland bleibt, wurde die Leihgabe von der Krankenkasse abgelehnt. Kulanterweise haben wir dem Patienten einen von uns ausgemusterten Rollstuhl überlassen.“

„Meine Frau und ich können nicht mehr. Wir sind psychisch am Ende“, sagt Maximilian Leicht. Scheinbar machten es „bestimmte Leute“ im Krankenhaus mit Absicht, „dass sie uns da noch mehr reinhauen“. Bei bestimmten Ärzten werde ein Drogenabhängiger behandelt wie der letzte Dreck. „Ich hab mich beim ärztlichen Direktor und beim Verwaltungsleiter beschwert, gefruchtet hat gar nichts“, klagt er.

So schnell wie möglich ans Rote Meer

Eines Mittwochs im Oktober stand Stefan Leicht dann vor dem Romed-Klinikum in Rosenheim. Auf Krücken. Mit Prothese. Ohne Dach über dem Kopf. Stefan Leicht hat sich dann im Rosenheimer Obdachlosenasyl der Diakonie einen Platz gesucht. Und sagt: „Ich will so schnell wie möglich wieder nach Ägypten. Hier hilft mir keiner“. Das Ticket ist gebucht, noch im Oktober fliegt Stefan Leicht nun zurück ans Rote Meer.

Kommentare