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400 Jahre Tradition in Rosenheim

Älteste Pension Deutschlands bekommt neue Chefin: Was jetzt im Lindlweberhof passiert

Tamara Scheidler und Helga Kalweit vor der Pension „Lindlweberhof
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Von Generation zu Generation: Tamara Scheidler (links) übernimmt nun die Leitung der Pension „Lindlweberhof“. Unterstützung erhält sie von ihrer Mutter Helga Kalweit.

Es ist ein Haus voller Geschichten: Zweimal niedergebrannt, Liebesgeschichten nahmen ihren Anfang und seit Jahren im Familienbesitz. Nun übernimmt die nächste Generation die wohl älteste Pension Deutschlands. Welche Bedeutung der „Lindlweberhof“ für Tamara Scheidler hat und was sie nun damit vor hat.

Rosenheim – Für Tamara Scheidler ist die Übernahme der Pension „Lindlweberhof“ eine Herzensangelegenheit. Schließlich verbindet sie mit dem Hof viele schöne Erinnerungen. Seit Jahrhunderten ist er nun schon im Besitz der Familie. „Unser Hof geht zurück bis ins Jahr 1598“, erklärt ihre Mutter Helga Kalweit. Sie selbst bewirtete die Pension 30 Jahre. Jetzt hat ihre Tochter Tamara Scheidler die Leitung übernommen.

Vor 425 Jahren war der „Lindlweberhof“ noch ein alter Bauernhof. Zweimal brannte er bis auf die Grundmauern nieder. Dem alten Stil treu geblieben, wurde er danach wieder aufgebaut. Seit dem 18. Jahrhundert ist der Bauernhof in Familienbesitz. „Ich glaube, wir haben die älteste Pension in Deutschland“, vermutet Kalweit.

Nach zwei Bränden wurde der alte Bauernhof nach dem Original von 1598 wieder aufgebaut.

Vom Bauernhof zur Pension

„Meine Oma wurde 1922 auf diesem Bauernhof geboren“, sagt Scheidler. Zu Beginn seien alle Zimmer von der Familie belegt gewesen. Dann stand eines leer. Das sei nach dem Krieg nicht unüblich gewesen. „Wenn zum Beispiel die Geschwister im Krieg gestorben sind“, erklärt Scheidler. Um sich Geld dazu zu verdienen, hätten viele Familien in der Nachkriegszeit diese Zimmer vermietet. So auch Familie Kalweit. „Das war keine Geschäftsidee, das war einfach so üblich auf einem Bauernhof“, erklärt Scheidler.

Auch Helga Kalweit erinnert sich noch gut an diese Zeit. Sie war zwölf Jahre alt, als der erste Gast bei ihnen übernachtete. Es waren meist Durchreisende, die für eine Nacht ein Bett suchten. Mit der Zeit sei die Nachfrage gestiegen. Und damit reichte ein Zimmer nicht mehr aus. Kalweit erinnert sich: „Meine Eltern schliefen im Schlafzimmer und ich in der Stube.“ Mit dem zusätzlichen Zimmer sei auch das Nebeneinkommen gestiegen. Die Eltern seien bescheidene Landwirte gewesen. Zu versorgen hatten sie Kühe, Hühner, Schweine, Enten und Gänse. Das zusätzliche Geld half ihnen. „Mit den Gästen verdienten wir leichter als in der Landwirtschaft“, sagt Kalweit.

Die Einrichtung der Zimmer und das Frühstück waren einfach gehalten. Doch die Nachfrage sei weiter angestiegen. Es musste sich etwas ändern. Das passierte, als Helga Kalweit vor 30 Jahren das Familiengeschäft übernahm. „Die Gäste standen Schlange, um in das einzige Bad zu kommen“, sagt die 78-Jährige. Zwei Toiletten und eine Etagendusche waren die ersten Maßnahmen, die sie ergriff. Damit sei der Hof nun auch bei Familien mit Kindern beliebt gewesen. „Dann kam uns die Idee, einen Teil des Hofes in Ferienwohnungen auszubauen“, sagt Kalweit. Die andere Seite wurde zur Pension.

Seit Anfang des Jahres übernimmt Tamara Scheidler die Leitung. „Es ist kein Hotel, aber trotzdem mit viel Arbeit verbunden“, sagt sie. Das Besondere an ihrer neuen Tätigkeit: die Gäste. „Wir haben viele Stammgäste“, erklärt sie. Die einen kommen bereits seit 20 Jahren zur Wiesnzeit oder besuchen jedes Jahr ihre Enkelkinder. Es seien Leute, die bewusst nicht das Große suchen, „sondern eher das Persönliche.“ So seien mit einigen Gästen sogar Freundschaften entstanden.

Geplante Veränderungen

Tamara Scheidler wuchs mit zwei älteren Schwestern auf dem Bauernhof auf. Es war noch nicht klar, wer von ihnen die Pension mal übernehmen werde. Ihre berufliche Ausbildung wollte sie daher nicht von dem Familienunternehmen abhängig machen. Sie begann eine Ausbildung im TUI Reisecenter. Aufgrund ihres Berufes konnte sie viele Erfahrungen im Bereich Tourismus sammeln. Damit sei auch klar gewesen, dass sie die die Pension übernimmt.

Ein starkes Team: Mutter und Tochter arbeiten zusammen in der alten Pension.

Durch ihren Beruf weiß sie, wie wichtig es ist, auch die Online-Portale zu benutzen. Trotzdem versucht die Familie, ihre Pension traditionell zu vermarkten. „Solange es geht, setzen wir unter anderem auf Mundpropaganda“, sagt Scheidler. Einige Veränderungen seien dennoch in Planung. „Wir haben viele begeisterte Radfahrer“, sagt sie. Dabei werden E-Bikes immer beliebter. „Vielleicht werden wir im nächsten Jahr eine E-Bike Ladestation bauen“, sagt die junge Frau.

Ein Haus voller Erinnerungen

Auch wenn Feierabend ein Fremdwort für Tamara Scheidler ist – ihre neue Tätigkeit ist ihr wichtig. Jeder aus ihrer Familie hat seine eigene Geschichte mit der Pension. „Von meinen Schwestern ist die Familie aus dieser Pension entstanden“, sagt Scheidler. Beide lernten ihren Ehemann kennen. Der eine Ehemann machte regelmäßig mit seiner Familie dort Urlaub. Der andere war ein Kommilitone eines Studenten, der dort während des Semesters wohnte. Auch Scheidlers siebenjährige Tochter sei gerne im Gasthof. „Wer weiß vielleicht ist meine Tochter die nächste Generation“, sagt sie. Die Chance, dass es weitergeführt wird, ist also da.

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