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Was das für die Senioren bedeutet

Altenheim Renate in Riedering schließt: Warum der Frust auf die Bundespolitik deshalb groß ist

Zu sehen ist eine Kollage aus dem Gebäude des Alten- und Pflegeheims Renate in Riedering und einer jungen Frau, die eine ältere Person im Rollstuhl schiebt.
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Das Alten- und Pflegeheim Renate in Riedering schließt. Die Fachkräfte sind das Problem.

Renate Schultes hätte ihre Schützlinge gerne noch lange betreut. Nun aber schließt ihr privates Altenheim in Riedering zum Jahreswechsel. Was die Bundesregierung damit zu tun hat und was das für die Senioren und die Gemeinde bedeutet.

Riedering – Das Haus Renate ist nicht das erste kleine Altenheim in der Region, das schließt. Und es wird nach Überzeugung von Betreiberin Renate Schultes nicht das letzte sein. Und Schuld daran ist die Bundespolitik. Davon ist Renate Schultes überzeugt. Und nicht nur sie. Riederings Bürgermeister Christoph Vodermaier sagt im Gespräch mit dem OVB: „Solange sich in der großen Politik nichts ändert, geht die Situation zulasten der Bevölkerung.“

Es geht, mal wieder, ums Fachpersonal. Das ist schwer zu bekommen und zu halten, kaum zu finanzieren und die Quote ist zu hoch, sagt Schultes. Die Pflegeschulen in Wasserburg – dort sind es gleich zwei –, Griesstätt und Rosenheim sind quasi um die Ecke und doch finden Alten- und Pflegeheime auch hier in der Region immer schwerer Personal.

Das liegt nach Auffassung von Renate Schultes daran, dass die Pflegeausbildung in der Zwischenzeit nicht mehr zwischen Kranken und Alten unterscheidet. Nach dem Schulabschluss können die Pflegekräfte gehen, wohin sie wollen. „Wer entscheidet sich da schon für die schwerere und verantwortungsvollere Altenpflege, wenn er sich für das gleiche Gehalt im Krankenhaus hinter den Ärzten verstecken kann?“

Jede zweite Stelle in einem Altenheim – ob klein oder groß, privat oder von Wohlfahrtsverbänden – muss mit einer gut ausgebildeten Pflegefachkraft besetzt sein. Jede dritte würde nach Auffassung und Erfahrung von Schultes reichen. Die Spielregeln seien aber nun einmal anders.

Wenn dann die Fachkräfte noch eine wohlverdiente, deutliche Gehaltserhöhung bekommen, wird es für die Betreiber von Altenheimen auch finanziell eng. „Wir können die Kosten nicht komplett auf unsere Bewohner umlegen. Sonst ist der Heimplatz für sie nicht mehr zu finanzieren“, sagt die Heimleiterin. Unter Betreibern und Leitern von Altenheimen ist es längst ein offenes Geheimnis: Die Zahl der Senioren in Heimen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, steigt.

Renates Schultes‘ Mitarbeiter haben einen neuen Arbeitsplatz gefunden, auch die Küchentruppe. Der Bedarf ist ja da. „Und wer gut ist, der hat von heute auf morgen einen neuen Job.“ Genau das trägt dazu bei, dass Fachkräfte immer häufiger den Arbeitsplatz wechseln. Die Kündigungsfristen sind verhältnismäßig kurz.

Oft zu kurz für die Arbeitgeber. „Entstehende Lücken müssen dann durch Kräfte von Leiharbeitsfirmen gestopft werden“, so Schultes, „und die kosten ein horrendes Geld.“ Fachkräfte aus dem Ausland holen? Ja, das ist eine Option. Aber die Anerkennung der laut Schultes oft sehr guten Ausbildung dauert bis zu einem Jahr.

Und irgendwann war es dann so weit, das Alten- und Pflegeheim Renate war nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Die Leiterin musste die Reißleine ziehen. 35 Plätze hatte sie in ihrem Heim. Mitten in Riedering, nur einen Katzensprung von Supermarkt, Apotheke, Ärzten entfernt. 28 ihrer Schützlinge sind schon umgezogen oder haben einen neuen Platz. Sieben haben noch keine Zusage von anderen Einrichtungen, „aber da bin ich sehr zuversichtlich, dass das bis Jahresende etwas wird“, sagt Renate Schultes. Aber dann eben nicht mehr im Heimatort, wo sie alles und jeden kennen, wo die Kinder und Enkel mal eben auf einen Sprung vorbeischauen können.

Kommunalpolitiker suchten Nachfolger

Als „Verlust” bezeichnete Bürgermeister Christoph Vodermaier (FWGR) diese Nachricht in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Zusammen mit der Zweiten Bürgermeisterin Marianne Loferer (CSU) habe er in den letzten Wochen das Gespräch mit dem privaten Betreiber und dem Eigentümer gesucht, auch mit Wohlfahrtsverbänden habe man sich um eine Lösung bemüht. „Wir haben verzweifelt gesucht“, bestätigt die Seniorenbeauftragte der Gemeinde, Irmgard Wagner, gegenüber dem OVB. Vergeblich.

Vodermaier bedauerte den Schritt, das Haus Renate sei „eine super Einrichtung.” Irmgard Wagner schwärmt von der netten Atmosphäre im Haus Renate. Der Umgang mit den alten Menschen, was ihnen geboten wurde, ja selbst die Dekoration des Hauses habe sie immer als ausgesprochen liebevoll empfunden, wenn sie im Heim zu Besuch war.

Gemeinde darf nicht selber übernehmen

Vodermaier betonte in der Gemeinderatssitzung auch, dass die Gemeinde eine solche Aufgabe nicht übernehmen könne. Zudem sei dies keine gemeindliche Pflichtaufgabe. Der Gemeinde seien die Hände gebunden. „Wir können da nicht einspringen.” Sebastian Hamberger (WGS) meinte, dass die Aussage, die Gemeinde dürfe ein solches Haus nicht betreiben, „fadenscheinig” sei. Es gebe ja auch schließlich Kreiskrankenhäuser. Kämmerer Wolfgang Eberle entgegnete, dass dies so in der Gemeindeordnung festgelegt sei und dass es bei einem Alten- und Pflegeheim nicht um die Gesundheitsgrundversorgung gehe. Nur diese sei eine Pflichtaufgabe.

Thomas Grüber (CSU) sagte, andere Landkreise handhabten das anders. Er verwies hier auf die Gemeinde Buchloe, die seit vielen Jahren ein Altenheim mit über 100 Bewohnern betreibe. Marianne Loferer (CSU) fügte hinzu: „Selbst wenn wir kaufen,” werde es schwierig, ein Altersheim zu betreiben. Da war er wieder, der Fachkräftemangel.

Matthias Pummerer (FWGR) regte an, das Gebäude mit einer Sondernutzung zu versehen. Dies werde schwierig, erklärte Vodermaier. Dominikus Summerer (CSU) ergänzte, dass das Gebiet seinerzeit als Mischgebiet ausgewiesen worden sei. Christine Kreuz (CSU) hakte nach, was mit dem leerstehenden Gebäude geschehe. „Könnten da Flüchtlinge reinkommen?”, wollte sie wissen. Das sei nicht ausgeschlossen, sagte Vodermaier. Der Landkreis suche händeringend Unterbringungsmöglichkeiten, und sobald er ein entsprechendes Angebot habe, setze er die Gemeinde in Kenntnis. Und: „Momentan sind wir unterfüllt.”

Und Renate Schultes? Die braucht im neuen Jahr nach 15 Jahren einen neuen Arbeitsplatz. So hatte sie sich das nicht vorgestellt, „ich hätte das Heim gerne bis zur Rente weitergemacht.“ Aber: Sie ist Pflege-Fachkraft. Und die sind gesucht.

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