„Vereine sind euch scheißegal“
„Der Landkreis lacht über uns“: Ramerberger liefern sich Wortgefechte bei Bürgerversammlung
Ein abgelehnter Sportplatz-Neubau. Eine Mediation, die doppelt so teuer wurde, wie geplant. Ein Dammrutsch in Anger: Es war ein sehr turbulentes Jahr für Ramerberg. Auch in der Bürgerversammlung ging es zeitweise laut und wild zu.
Ramerberg – Dammrutsch in Anger, eine Mediation zur Befriedung der Gemeinde, die mehr als doppelt so teuer wurde als geplant, eine umstrittene Entscheidung, sich einen Medien-Anwalt zu suchen, ein vom Gemeinderat abgelehnter Neubau des Sportplatzes und Kindergartens: Das Jahr 2023 in Ramerberg hatte es in sich. Das wurde auch bei der Bürgerversammlung deutlich. Nachdem es 2022 ruhig geblieben war, wurde es heuer wieder laut bei der Zusammenkunft.
An die hundert Bürger kamen am Freitagabend (6. Oktober) im Gasthaus Bichler zusammen, um den Ausführungen von Bürgermeister Manfred Reithmeier (UWR) zu lauschen. Wie angespannt die Situation in der Gemeinde ist, wurde gleich zu Beginn der Versammlung deutlich. Denn nach der Begrüßung und Erläuterung der Tagesordnung sah sich Reithmeier genötigt, die Anmerkung hinzuzufügen: „Wir bitten um einen sachlichen und respektvollen Umgang.“ Insbesondere die stark umstrittene Entscheidung vor wenigen Monaten, den Sportplatz-Neubau in Ramerberg auf Eis zu legen und gleichzeitig die Bauleitplanung in Zellerreit nicht wieder aufzurollen, beschäftigte die Bürger.
Patt-Situation um den Sportplatz
In seiner Präsentation erläuterte Rathauschef Reithmeier, wie es zu der Patt-Situation rund um den Sportplatz und Kindergarten gekommen war. Während der Mediation sei deutlich geworden, dass der Sportplatz in Ramerberg „am schnellsten umsetzbar“ gewesen wäre. Ein wichtiger Punkt, wie der Bürgermeister fand, denn der derzeitige Pachtvertrag des Sportvereins laufe Ende 2024 aus. Außerdem wäre der Standort Ramerberg kostengünstig umsetzbar gewesen. 1,1 Millionen seien im Haushalt für die Fläche von Kindergarten und Sportplatz mit Parkplätzen und Umkleiden eingeplant gewesen. „Die 1,5 Millionen, die kurz im Gespräch waren, waren ein Gerücht“, betonte Reithmeier. Der Haushalt sei auch vom Landratsamt genehmigt worden. „Natürlich meinten sie, wir müssen sparen, aber er war so genehmigt“, verdeutlichte er. In Zellerreit seien viele Kostenpunkte noch nicht geklärt gewesen, wie der Bau der Umkleiden.
Zudem sei in Ramerberg die Zufahrt gesichert. Sogar zwei Fußwege wären eingeplant gewesen. Im Gegensatz zu Zellerreit, wo die Zufahrt unübersichtlich, eng und gefährlich sei. Unter anderem habe sich auch der Kreisbrandrat dagegen ausgesprochen und einen neuen Anfahrtsweg für die Feuerwehr gefordert. Außerdem gebe es keinen Gehweg. Eine alternative Straße zu bauen, sei jedoch schwierig, denn die Grundstückseigentümer hätten kein Interesse dafür Flächen zu verkaufen.
Ganz im Gegenteil zum Standort Ramerberg, wo die betroffenen Landwirte und Gemeinderäte bereit gewesen wären, die Pachtfläche zu wechseln, um dort den Sportplatz zu verwirklichen. Einer der Bauern hätte dabei 15.000 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche für die 4.000 abgetretenen Quadratmeter bekommen. „Also ein Tausch von eins zu drei, dafür hätte der Landwirt aber auch weiter fahren müssen“, so Reithmeier. Der andere Landwirt hätte seine Flächen im Verhältnis eins zu zwei getauscht. Vieles hätte also, so die Zusammenfassung des Bürgermeisters, für den Standort Ramerberg gesprochen. „Wir wären in den Startlöchern gestanden“, stellte Reithmeier fest.
Außerdem, so der Rathauschef, hätte der vorherige Gemeinderat genügend Zeit gehabt, den Sportplatz in Zellerreit zu bauen. „Und da frage ich mich schon, warum ist da nichts passiert?“ Tatsache sei, der Standort dort sei abgelehnt worden und daran werde sich auch nichts ändern. Denn „dafür habe ich mich aufstellen lassen und dafür bin ich auch gewählt worden, um das zu verhindern.“
„Die Gemeinde stirbt“
Für einige Ramerberger ein Grund, sich laute Wortgefechte in der Bürgerversammlung zu liefern. „Ich glaube, du glaubst den Schmarrn schon selber nicht mehr, den du erzählst“, empörte sich Jesse Kleiner, Zweiter Jugendleiter des Sportvereins. Beim Standort Ramerberg stelle sich die Frage: „Von was wollen wir das zahlen?“ In Zellerreit hätte der Sportverein die Möglichkeit, einen Platz kostenlos zu erhalten. Zumal sei es kein Problem, die Engstelle an der Zufahrt breiter zu machen. Diese Bestätigung habe Jesse Kleiner von Grundstücksbesitzer Georg Esterer erhalten. „Das ist alles eine Lüge bis zum geht nicht mehr“, meinte Kleiner. „Ich höre immer, du steht total hinter den Vereinen, aber dir und deiner UWR sind sie scheißegal“, richtete er sich an den Bürgermeister. Für den SVR sei es zehn nach zwölf. Ende nächsten Jahres laufe der Pachtvertrag aus, was nicht nur für die Fußballer ein großes Problem wäre. „Es stirbt die Showtanzgruppe ‚Hot Socks‘, es gibt kein Theater mehr. Wenn es nichts mehr gibt, werden auch keine Familien mehr herziehen wollen. Die Gemeinde stirbt“, befürchtet Kleiner. Für ihn steht fest: „Der ganze Landkreis lacht über uns. Ich bin nicht mehr stolz darauf, Ramerberger zu sein.“
Andere Bürger hielten jedoch dagegen. Ein Anwohner aus Zellerreit erläuterte: „Es kann doch nicht sein, dass einer Gemeinde so etwas passiert wegen einem Scheiß-Fußballplatz.“ Er wohne direkt an der Engstelle und vielen Ramerbergern sei nicht bekannt, dass dort „so viele Autos rauf- und runterfahren. Wir in Zellerreit wollen diesen Sportplatz nicht.“ Deshalb hätten sich die Zellerreiter vor der Kommunalwahl dazu entschieden, eine alte Partei wieder aufleben zu lassen und einen der Nachbarn als Bürgermeister vorzuschicken. „Und wir haben die Wahl gewonnen.“ Außerdem würden die Fakten über den Standort Ramerberg „für sich“ sprechen: „Wir hatten alles, was wir brauchen.“
„Engstelle kein Problem“
Jesse Kleiner stellte jedoch fest: „Eine Engstelle ist doch kein Problem. Da stellt man ein Schild hin und das war‘s“, zeigte er sich überzeugt. Auch das Argument, dass der Rettungsweg nicht gesichert sei, gelte für ihn nicht. „Beim Herbstball stehen auch Sanka und Feuerwehr dort. Da ist das auch kein Problem.“ Außerdem sei der SVR „doch kein Bundesliga-Verein.“ Zum Training würden die Kinder mit dem Rad kommen, zu den Turnieren „vielleicht fünfzehn, zwanzig Autos“ zum Sportplatz fahren, meinte Kleiner.
Auch Sascha Otten, Zweiter Vorsitzender des SVR, zeigte sich unzufrieden mit der Präsentation des Bürgermeisters. „Ich finde es total schade, dass unser Sportverein in der ganzen Vorstellung schlecht gemacht wird.“ Dem SVR werde die Schuld gegeben, dass der Kindergarten nicht entstehen könne. Diesen auf die vorgesehene Fläche zu bauen, sei aber nie die Forderung des Sportvereins gewesen. Auch werde dem SV die Schuld an der teuren Mediation in die Schuhe geschoben.. „Die haben wir aber nie in Auftrag gegeben.“
Pro und Kontra „kommt zu kurz“
Für Stefan Kurfer, ehemaliger Gemeinderat, war das Grundproblem ein anderes. „Ich tue mich schwer damit, wie diese Diskussion geführt wird. Du hast in der Präsentation Punkte für Ramerberg, gegen Zellerreit und neutral zum Standort Unterkatzbach genannt. Es gibt aber immer Pro und Kontra. In einer ehrlichen Diskussion muss man beides nennen. Das kommt mir sowohl bei der UWR, als auch beim Sportverein viel zu kurz“, meinte Kurfer an den Rathauschef und seine Vorredner gerichtet. „Wenn man so voreingenommen in die Diskussion reingeht, dann kann die Mediation noch so viel kosten, wir werden nie zu einer Lösung kommen.“
Schlussendlich blieb es aber bei der Debatte. Bürgermeister Reithmeier zeigte sich zufrieden: „Es war ein bisschen Unmut drin, aber es ist trotzdem sachlich geblieben“, so seine Einschätzung.
Trinkwasser, Gemeindehaus, Breitbandausbau
Neben dem Sportplatz gab es aber auch noch viele weitere Themen in Ramerberg. Eines der wichtigsten: die Sanierung des Trinkwassernetzes. Hier konnte Bürgermeister Manfred Reithmeier erfreuliche Nachrichten verkünden. Die Instandsetzung sei beinahe abgeschlossen. Die beiden Übergabehäuser und einige neue Hydranten seien errichtet worden. Außerdem sei der marode Hochbehälter in Eich vom Netz genommen worden. Lediglich einige Totleitungen müssten noch entnommen werden, erklärte Reithmeier. Dann sei die Ertüchtigung fertig und günstiger als gedacht, denn die ursprünglich kalkulierten Kosten von 880.000 Euro würden wahrscheinlich nicht erreicht.
Problematisch sei allerdings immer noch der massive Wasserverlust. 106.352 Kubikmeter Trinkwasser hätte die Gemeinde im vergangenen Jahr eingekauft, 27.050 Kubikmeter seien davon verloren gegangen, also etwa 30 Prozent. Der Großteil, etwa 20.050 Kubikmeter, sei über bei die bekannten Leckagen in Zellerreit/Unterfeld abgeflossen. Demnächst sollten diese Lecks bearbeitet werden. „Dann hoffen wir, dass wir auf einen Wasserverlust von unter 10 Prozent kommen“, so Reithmeier.
Auch beim Gemeindehaus gab es gute Nachrichten. Noch in diesem Jahr sollen die Außenanlagen fertig gestellt werden, für knapp 10.000 Euro. Der Gartenbauverein und die Ramerberger Frauen hätten sich bereit erklärt, zu helfen.
Weniger gute Nachrichten gab es beim Breitbandausbau. Dieser sei eigentlich gemeinsam mit Rott über die Firma UGG geplant gewesen, jedoch habe sich Rott umentschieden und sei einen Vertrag mit der Telekom eingegangen. „Alleine sind wir leider zu klein“, bedauerte Reithmeier. Für das Unternehmen lohne sich der Ausbau nur in Ramerberg nicht. Eine Firma zu finden, sei schwierig. „Wir werden nächstes Jahr noch einmal Förderanträge stellen und schauen, ob wir den Ausbau selbst stemmen können.“