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Mordprozess um Tod von Hanna

97 Prozent Porno-Anteil: Was das Mobiltelefon über den Angeklagten Sebastian T. verrät

Richterin Aßbichler und die Prozessbeteiligten im Mordprozess Hanna hatten erneut ein schwieriges Kapitel der Beweisaufnahme vor sich.
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Wie sah der Medienkonsum des Angeklagten aus? Richterin Aßbichler und die Prozessbeteiligten hatten erneut ein schwieriges Kapitel der Beweisaufnahme vor sich.

Der Angeklagte Sebastian T. interessiert sich für Porno-Filme und Gewalt. Belege dafür fanden die Ermittler im Mordfall Hanna auf seinem Smartphone zu Hauf. Doch besonders ein verstörender Streifen wirft Fragen auf.

Aschau/Traunstein – Verstörende Filmvorführung im großen Saal des Landgerichts Traunstein: Im Mordprozess um den gewaltsamen Tod von Hanna W. war am Dienstag, 12. Dezember, ein Gewaltporno zu sehen. Der Clip zeigt, wie ein Mann eine Frau stranguliert und sich an ihr vergeht. Sebastian T. soll den Streifen nur etwas mehr als zwei Tage vor dem mutmaßlichen Mord aufgerufen haben.

So wie es den Anschein hat, war das krasse Video kein Einzelfall. Sebastian T. surfte fleißig. Und interessierte sich laut Kriminalpolizei für Pornos und Gewalt. Von 3198 besuchten Seiten innerhalb eines Vierteljahres berichtete der Polizeibeamte, der Sebastian T.s Mobiltelefon im Zuge der Ermittlungen um den gewaltsamen Tod von Hanna W. auswertete. „97 Prozent dieser Seiten sind pornographischen Inhalts“ sagte der Digital-Forensiker im Großen Saal des Landgerichts Traunstein.

Angeklagter im Hanna-Prozess: Masse von Porno-Aufrufen

Das verdeutlichte der Beamte mittels eines Tortendiagrams, in dem die nicht pornografischen Seiten nur noch einen schmalen Keil in einem dicken Porno-Anteil bildeten. Damit wolle er zeigen, so sagte der Polizist, „mit welcher Masse wir es zu tun haben“. Die von ihm vorgestellten Daten waren zwischen Anfang August und Anfang November 2022 auf dem Smartphone protokolliert worden, einem von drei Geräten, die von der Polizei insgesamt ausgelesen wurden.

Massiv griff Sebastian T. an manchen Tagen vor dem 3. Oktober 2022 auf das Internet zu. So listete der Beamte den Spitzenwert von 415 Zugriffen an einem Tag auf. Als „exorbitant hoch“ bezeichnete er diesen Ausschlag in seiner Statistik. Allerdings flaute T.s Internet-Gier am Tag der Tat und davor stark ab. Doch interessierte er sich am 2. Oktober noch für ein Mittel zur Penisvergrößerung.

Auf der Suche nach dem harten Zeug

War der Angeklagte auf der Suche nach dem harten Kick? Aufschlussreich ist, welche Suchbegriffe Sebastian T. eingab. „Sex“ oder „Porn“, „stranguliert“, „gezwungen“, „Schwester“, „Vergewaltigung“ oder „Sister“ tauchten teilweise häufig auf, sagt der Digitalforensiker. Interesse zeigte der Auszubildende auch für Begriffe wie „Vergewaltigung“, „Teenager“ oder „Gewalt“. Offenbar rief er öfter Medienberichte über Gewaltverbrechen auf. Am 29. September beispielsweise stieß er im Internet auf „Frau zum Sex gezwungen“.

Nahm der Angeklagte die Tat vorweg?

Die Wege durch die Online-Aktivitäten des Angeklagten sind verschlungen und manchmal kaum mehr nachzuvollziehen. Was bedeutete der Suchbegriff „Lost Shorts“ am 1. Oktober? Gibt es Parallelen zum frühen Morgen des 3. Oktober 2022? Hanna W. hatte den Club „Eiskeller“ mit beschädigtem Beinkleid verlassen. Ein Reißverschluss war schadhaft, die junge Frau musste beim Verlassen des Clubs ihre Hose festhalten, um sie am Rutschen hindern.

Wenige Minuten später, gegen 2.30 Uhr, dürfte Hanna ihrem Mörder begegnet sein. Er soll sie von hinten angegriffen und sie umgerissen haben. Er soll sie geschlagen und stranguliert und dann die Bewusstlose in den Bärbach geworfen haben, wo sie ertrank. Die Verteidigung geht allerdings von einem Unfall aus und erklärt die Wunden durch Verletzungen beim Treiben des Körpers in der Hochwasser führenden Prien.

Weiter Ringen um Details

Es wurde übrigens wieder gestritten am Landgericht Traunstein. Verhandelt ohnehin, aber Verteidigung und Richterin rangen auch am 19. Prozesstag um Details. Zum Beispiel forderte Rechtsanwältin Regina Rick das Gericht auf, keinen der Videoclips zu zeigen, die T. im Internet gesucht hatte. Richterin Jacqueline Aßbichler machte klar, dass die Entscheidung über die Zulassung von Beweisen beim Gericht liegt.

Gewaltvideo im Gerichtssaal

Die Verteidigung sperrte sich insgesamt gegen diese Einblicke in Sebastian T.s Surf-Verhalten. Schließlich sei nicht zu belegen, dass Sebastian T. die Seiten wirklich angeschaut habe. Das stellte auch Verteidiger Harald Baumgärtl nochmals durch eine Nachfrage fest.

Trigger-Warnung

In den kommenden zwei Absätzen wird eine Vergewaltigung beschrieben, was für manche Menschen retraumatisierend wirken kann. Wenn du Opfer einer Gewalttat geworden bist, kannst du dich jederzeit an einen Arzt wenden. Hilfe und Beratung findest du auch telefonisch und im Netz.

Richterin Aßbichler fragte dann aber nochmals in der Runde, ob man den Inhalt des Films für nötig halte. Den Ausschlag dafür, das Video danach anzuschauen, gab schließlich der Wunsch von Staatsanwalt Wolfgang Fiedler, dem sich Nebenklägeranwalt Walter Holderle anschloss. Auf die Leinwand im Gerichtssaal wurde also das besagte Video projiziert. Ein Film mit einem Titel, der die Handlung des schlichten, aber gewalttätigen Streifens explizit vorwegnahm.

Es zeigte einen Mann in Fleck-Tarn und Vermummung, der einer Frau auf einer Wiese nachstellt. Als sie flüchtet, setzt er ihr nach. Er greift sie im Hof eines verlassenen Gebäudes von hinten an, drückt sie an den Schultern herunter, reißt sie an den Haaren, fesselt sie an ein Holzgestell, zieht sie aus und stranguliert sie. Dann vergeht er sich an der Leiche. Sebastian T. rief das Video am 30. September auf. Zwei Tage und ein paar Stunden vor dem mutmaßlichen Mord.

Hannas Tod: Ab wann war die Nachricht in der Welt?

Ein weiterer Ermittler berichtete dann noch, ab wann Sebastian T. die Berichterstattung über Hannas Tod verfolgte. Er klickte am Dienstag, 4. Oktober 2022, auf die Meldung von „Rosenheim24“, und zwar um 19.56 Uhr. Doch bereits kurz nach 16 Uhr war der Text online. Wenn die Staatsanwaltschaft weiterhin vom Täterwissen ausgeht, das Sebastian T. unvorsichtig preisgegeben hat: Ab diesem Zeitpunkt war‘s damit vorbei. Da hätte es jeder wissen können.

Behandelt werden sollten am Dienstag, 12. Dezember, auch die Sprachnachrichten, die um das Tat-Datum herum im Bekanntenkreis ausgetauscht worden waren. Doch nach der ausführlichen Behandlung von Sebastian T.s Laufstrecke mitsamt Betrachtung von Webcam-Aufnahmen schloss die Richterin die Verhandlung und verschob die Sprachnachrichten auf einen späteren Termin. Schließlich seien alle Beteiligten erschöpft. Am Donnerstag (14. Dezember) sind Polizeibeamten geladen, die die Schwestern Verena und Lea R. vernahmen. Außerdem wird ein Arbeitskollege aussagen.

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