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Mordprozess im Fall Hanna aus Aschau im Chiemgau

Knastzeuge berichtet: So soll Sebastian T. den Besitz von Gewaltvideos erklärt haben

Gesprächsbedarf: Sachverständiger Adamec und die Verteidiger Harald Baumgärtl, Dr. Markus Frank und Regina Rick. Der Angeklagte Sebastian T. vernimmt‘s ungerührt.
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Gesprächsbedarf: Sachverständiger Adamec und die Verteidiger Harald Baumgärtl, Dr. Markus Frank und Regina Rick. Der Angeklagte Sebastian T. vernimmt‘s ungerührt.

Schon wieder Zeugen aus dem Knast, und erneut kein Durchbruch: Am zwölften Verhandlungstag im Prozess um den gewaltsamen Tod von Hanna aus Aschau im Chiemgau erinnert sich ein Mithäftling von Sebastian T. an Gespräche mit dem Angeklagten. Er erzählte unter anderem, was ihn an Sebastian T. irritierte.

Aschau im Chiemgau/Traunstein Einen Knastzeugen aus der JVA Traunstein gab es bereits. Er berichtete, dass Sebastian T. ihm gegenüber den Mord an Hanna W. in Aschau eingeräumt habe. Eine belastende Aussage, so wichtig, dass die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler der Kripo einen Ermittlungsauftrag erteilte: Die Polizei sollte weitere Zeugen aus der JVA ausfindig machen, die mit Sebastian T. Kontakt gehabt haben können.

Sebastian T.: Ein Knast-Kumpel sagt aus

Und die sagten am Freitag aus. Vor allem Ralf G. wusste viel über den Angeklagten zu erzählen. Er schilderte T. als an sich freundlichen Menschen, scheint aber doch immer wieder auch irritiert gewesen zu sein. Er hatte Sebastian T. im Arbeitsbetrieb kennengelernt, wo sie Spielzeug hergestellt hätten. „Mir ist aufgefallen, dass T. öfter gehänselt worden ist“, sagte der Zeuge, der vor seinem Haftantritt als Lebens- und Sozialberater gearbeitet hatte. Beim Hofgang habe er ihn gefragt, wie er damit zurechtkomme, die Zielscheibe des Spotts in der Haftanstalt zu sein. Es störe ihn nicht, habe T. geantwortet, er vertraue darauf, dass die Wahrheit ans Licht komme.

Unterhaltung über Gewaltvideos auf dem Handy des Angeklagten

Die beiden Untersuchungshäftlinge, gut 40 Lebensjahre auseinander, tauschten sich im Laufe der Wochen häufiger aus. Grundsätzlich sei ihm der Jüngere als ein durchaus freundlicher Zeitgenosse erschienen, sagte Ralf G. Doch habe ihm Sebastian T. anvertraut, dass die Kripo Gewaltvideos auf seinem Mobiltelefon gefunden habe. Warum er die denn auf das Gerät geladen habe, habe er gefragt. Und T. habe geantwortet: „Weil‘s mich fasziniert.“ Bereits am Donnerstag (16. November) hatten Ermittler der Polizei ausgesagt, dass Sebastian T. auf seinem Handy offenbar auch nach Vergewaltigungs- und Entführungspornos gesucht habe. Auf Jacqueline Aßbichlers Frage, ob er ihm das zugetraut hätte, sagte der Zeuge: „Nein. Der ist ein Naturbursch, ein einfacher Mensch, das passt nicht ins Bild hinein.“

„Wie hättest du das schaffen sollen, du Krischperl“

Es hat wohl noch weitere Irritationen gegeben, wenn man dem neuen Zeugen glaubt. Bei einer Gelegenheit habe Sebastian T. gesagt, dass man „Erlebtes auch vergessen oder verdrängen kann. „Das ist mir aufgefallen“, sagte Ralf G. Einmal hätten sie sich über Details der Tat unterhalten.

Er habe gefragt, wie groß die Frau gewesen sei, die umgebracht wurde. Hanna sei 1,83 groß gewesen, habe T. gesagt, sie sei von hinten angesprungen worden. „Wie hättest du das denn schaffen sollen, du Krischperl“, habe er ihn da gefragt. T. sei ohnehin recht klein gewachsen, sagte der Häftling, damals sei er darüber hinaus auch noch sehr schmächtig gewesen. Das habe sich erst später geändert. Da habe T. Schokolade und Gummibärchen in sich reingestopft. „Weil‘s Spaß macht“, habe der Jüngere gesagt.

„Wenn man es gewesen ist, dann soll man es sagen“

Die beiden redeten nach ersten Medienberichten auch über den Umstand, dass die Mutter der Hauptbelastungszeugin von dem Party-Abend mit T.s ominösem Geständnis ausgesagt hatte. Warum er da gesagt hätte, dass er es gewesen sei, wollte der Ältere wissen. „Das war nur Spaß“, habe T. gesagt. Darauf habe er geantwortet: „Aus Spaß sagt man so etwas nicht.“ Wenn man es schon gewesen sei, dann solle man es sagen. „Man kann nur neu anfangen, wenn man ein Geständnis gemacht hat.“

Ob er nicht doch mal daran gedacht habe, dass T. wirklich der Täter sein könne, wollte Nebenkläger-Anwalt Walter Holderle wissen. „Ja“, antwortete Ralf G.

Sebastian T.: Hadern mit der Intelligenz?

Der Zeuge zeichnete außerdem das Bild eines jungen Mannes, der Probleme mit seinem Selbstbewusstsein hat. Sebastian T. habe zugegeben, dass er mit seinem IQ hadere. „Ich hab gesagt, du bist nicht dumm. Du spielst Schach.“ Tatsächlich habe er oft gegen T. verloren. Auch ein anderer Haft-Zeuge erzählte von regelmäßigem Schachmatt. Da glätteten sich die Züge des Angeklagten, ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

„Er hat im Gefängnis seinen Platz gefunden“. So schilderte Ralf G. seine Eindrücke. „Ich habe das Gefühl, er ist in der Zeit der U-Haft gewachsen.“ Dem warmen Ton zum Trotz stellte er klar: Als Freund würde er ihn nicht bezeichnen. „Im Gefängnis ist es, glaube ich, nicht gut Freunde zu haben.“ Für Verteidiger Harald Baumgärtl war die Schilderung dieses Reifeprozess dennoch „der wichtigste Satz“ des Tages: Ohne Entwicklung des Angeklagten stehe die Anwendung des Jugendstrafrechts auf der Kippe.

Spesenkosten für die Knastzeugen

Richterin Aßbichler wies wie bereits gewohnt auf die Bescheinigung wegen des Verdienstausfalls und der Reisekosten hin – was wegen der eingeschränkten Bewegungsfreiheit dieser Zeugen aus der JVA Traunstein dann doch mal für Gelächter im Gerichtssaal sorgte. Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag, 21. November, fortgesetzt.

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