Hollywood-Star Maximilian Schell als Täter
„Schön an den Pranger gestellt“? Marie Theres Relins Botschaft an andere Missbrauchsopfer
Schauspielerin Marie Theres Relin teilte in Prien ihre bewegende Geschichte. Ihr Buch, geprägt von Missbrauch durch ihren als Hollywood-Star berühmten Onkel Maximilian Schell und einer zerbrochenen Ehe. So will sie anderen Menschen Mut zum Handeln geben.
Prien – „Mein Ex hatte noch seinen Mercedes in Teneriffa stehen, und als er ihn nach Bayern holen wollte, hat er mich gefragt, ob ich mitkomme“, sagt Marie Theres Relin gegenüber der Chiemgau Zeitung. Sie willigte ein. Und die Reise mit ihrem Exmann Franz-Xaver Kroetz wurde zu einem prägenden Erlebnis. Sie verfassten dabei ihren Bestseller „Szenen keiner Ehe“. Am Samstag, 27. Januar las Relin daraus in Mike‘s Kino in Prien vor.
„Ich hatte immer schon mal im Kopf gehabt, mit dem Ehepartner E-Mails zu schreiben und das zu sagen, was man sich sonst nicht sagen kann“, erklärt Relin. Daher vereinbarte sie mit Kroetz, den Aufenthalt auf Teneriffa dafür zu nutzen, getrennt aufzuschreiben, was ihnen in diesen zwei Monaten durch den Kopf geht.
Relin stoppt in Prien Lesung
„Wichtig war, jeder musste täglich etwas schreiben. Wir lesen nicht, was der andere schreibt, und beeinflussen das Werk des anderen nicht“, erklärt Relin. Ihre Niederschriften schickten die beiden dann separat ihrem Verlag zu, und so entstand das gut 300-seitige Buch.
Die Seiten sind darin aufgeteilt. Links steht das, was Marie Theres Relin beschäftigte, auf der rechten Seite befinden sich die Einträge von Franz-Xaver Kroetz. Relin las daher am Samstag, 27. Januar, nur ihre geschriebenen Texte vor. Doch gegen Ende stoppte sie plötzlich: „Den nächsten Teil möchte ich jetzt nicht laut vorlesen. Ich bitte um Verständnis“, sagt Relin. Denn in ihren Texten schreibt sie nicht nur über Teneriffa, die gescheiterte Ehe, oder was sie in ihrem beruflichen Leben beschäftigt. Sie brach auch ihr Schweigen über einen schlimmen Vorfall, der ihr vor vielen Jahren widerfahren war. Denn Relin wurde als Jugendliche das Opfer sexuellen Missbrauchs. Und der Täter sei wohl niemand geringeres als ihr 2014 verstorbener Onkel, Schauspieler Maximilian Schell gewesen.
Victim blaming ist Problem
Doch warum brach sie nach so vielen Jahren erst ihr Schweigen? „Es gibt so viele Dinge, die man nie ausgesprochen hat. Und in Teneriffa schien mir der Zeitpunkt richtig, das zu sagen was ich ihm (Kroetz) und meinen Kindern nie sagen konnte und wollte“, sagt Relin.
Für sie ein wichtiger Schritt, der jedoch auch auf Kritik stieß, wie sie mitteilt. Vor allem, was das Thema „victim blaming“ angeht, zu deutsch „Opfer-Beschuldigung“. Dabei wird die Schuld und damit die Verantwortung für die Tat von den Tätern auf die Betroffenen abgewälzt. „Mein Onkel hat nach wie vor seine Bambis, aber ich wurde schön an den Pranger gestellt, und mir wurde Sensationslust vorgeworfen“, klagt Relin.
Das sei nicht förderlich für andere, die von Missbrauch oder häuslicher Gewalt betroffen sind, merkt sie an. Und das seien nicht wenige Menschen. „Eine junge Frau sagte zu mir Danke, dass Sie laut sind“, sagt Relin. Weiter bleibt ihr ein Mann in Erinnerung, der zu ihr kam: „Der sagte, er ist noch nicht soweit, über das was ihm passiert ist zu reden. Aber ich sagte zu ihm, dass er es doch ist, denn er konnte es ja auch mir sagen.“
Relin will mit ihrem Buch anderen Betroffenen Mut machen, wie sie gegenüber der Chiemgau Zeitung erklärt. Außerdem will sie den Menschen die Motivation geben, hinzuschauen und zu handeln, wenn sie auf Missbrauch aufmerksam werden. „Jeder, der wegschaut ist ein Mittäter“, betont Relin und fügt hinzu, „wir können in unserer Gesellschaft nur was verändern, wenn wir hinschauen, den Mund aufmachen und Zivilcourage beweisen.