Richterin: „Das Urteil ist wirklich sehr, sehr milde“
Mädchen im Turntraining sexuell missbraucht: Gericht spricht Traunreuter Senior schuldig
Schwerer sexueller Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Kinderpornos: Die Vorwürfe gegen einen ehemaligen Turntrainer des TuS Traunreut wogen schwer. Am Freitag wurde ihm vor dem Landgericht der Prozess gemacht.
Update, 14.45 Uhr - Gericht spricht Traunreuter Senior schuldig
Der 76-jährige Ex-Turntrainer des TuS Traunreut bleibt im Gefängnis – das hat das Traunsteiner Landgericht jetzt entschieden. Die Vorsitzende Richterin Heike Will verurteilte den Mann zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft. Er ist schuldig des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 13 Fällen, Körperverletzung und des Besitzes von Kinderpornographie. Weil er bei einem Mädchen mit dem Finger eindrang, wurde er auch wegen Vergewaltigung verurteilt.
„Ich möchte klar zum Ausdruck bringen, dass das Urteil wirklich sehr, sehr milde ist“, redete Richterin Will dem Angeklagten ins Gewissen. Bei „anderen Konstellationen“ bei schwerem Kindesmissbrauch bewege man sich sonst bei mindestens fünf Jahren Gefängnis. Ausschlaggebend für die Milde des Gerichts: Das umfassende Geständnis, das hohe Alter des Angeklagten und seine angeschlagene Gesundheit.
Der 76-Jährige habe das Vertrauen der Mädchen und des Vereins missbraucht – und natürlich auch das der Eltern: „Sie haben Ihnen im guten Glauben ihre Kinder anvertraut“, so die Richterin. Dem Antrag des Verteidigers Harald Baumgärtl, die Haft auszusetzen, folgte das Gericht nicht. Auch wenn man nicht an eine Wiederholungsgefahr glaube, „gehen wir von einer Fluchtgefahr aus“.
Jahrzehntelang war der Mann Turntrainer beim TuS Traunreut. Junge Mädchen trainierte er aber erst in den letzten Jahren. Im Mai und Juni 2023 verging er sich dann an einer Sieben- und einer Achtjährigen. Los ging es, dass er die Mädchen „ohne trainingsbedingten Anlass“ auf seinen Schoß genommen haben soll. „Dann schob er den Turnanzug der Geschädigten, der eine Badeanzugsform hatte, auf Höhe des Intimbereichs zur Seite“, und sei in sie eingedrungen, so Staatsanwalt Merkel.
Auch mit Blick auf die Kinderpornos der härtesten Sorte, die beim Angeklagten gefunden wurden, sprach die Vorsitzende Richterin von einer „sexuellen Problematik“. Sie bewege sich zwar noch nicht im Ausmaß einer Krankheit, sei aber noch nicht gelöst und gehöre aufgearbeitet.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft legten keine Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Es ist damit rechtskräftig.
Update, 13.32 Uhr - Plädoyers um Kindesmissbrauch in Traunreut
Wie soll der 76-jährige Traunreuter bestraft werden? „Wir haben da einen alten Mann vor uns, das ist nicht einfach zu beantworten“, sagt Staatsanwalt Christian Merkel in seinem Plädoyer offen. An den Taten bestehen keine Zweifel: ein schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in mindestens 13 Fällen. Dazu Besitz von Kinderpornographie, Körperverletzung und Vergewaltigung wegen des Eindringens mit dem Finger.
Staatsanwalt Merkel fordert schließlich drei Jahre Haft für den Mann. Er habe für einen „erheblichen Vertrauensmissbrauch“ gesorgt – bei den Mädchen, bei den Eltern, beim ganzen Verein. Zumindest das siebenjährige Mädchen habe die Taten auch nicht einfach so weggesteckt.
Für den Angeklagten spricht natürlich sein volles Geständnis. Denn dadurch mussten die Kinder nur einmal von der Polizei vernommen werden und nicht auch noch vor Gericht erscheinen. Dazu ist der Mann nicht vorbestraft, hat 3000 Euro im Täter-Opfer-Ausgleich angeboten und ist mit 76 natürlich schon in fortgeschrittenem Alter. Das führen sowohl Staatsanwalt Merkel, als auch Verteidiger Harald Baumgärtl ins Feld.
Auch Baumgärtl betont das „Geständnis ohne Wenn und Aber“. In seinen Augen sollten es zweieinhalb Jahre Haftstrafe sein – doch die Haftfortdauer sollte ausgesetzt werden, heißt: Sein Mandant sollte auf freien Fuß. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr und auch keine Fluchtgefahr. „Er hat keine Auslandskontakte. Wo soll er denn hin?“, so Anwalt Baumgärtl.
Nun fehlt nur noch das Urteil von Richterin Heike Will, das heute noch gesprochen wird.
Update, 13.08 Uhr - Kinderpornos für Angeklagten (76) „fast eine Sucht“
Nun geht es im Prozess darum, wie es den Geschädigten, allen voran der Siebenjährigen geht. Noch immer befinde sie sich in Psychotherapie. Im Arztbericht heißt es, das Mädchen zeige wegen der Taten Vertrauensprobleme gegenüber Fremden, habe Schlafprobleme oder Schmerzen beim Toilettengang. Auch die Rechtsmedizin konnte den Verdacht nur bestätigen. „Schürfende Gewalteinwirkungen“ im Intimbereich wurden festgestellt, vermutlich durch einen Fingernagel verursacht.
„Sie hatte sich gewünscht, turnen zu lernen, wurde aber ausgenutzt“, heißt es im Arztbericht weiter. Die Eltern hätten in den letzten Wochen vor der Anzeige schon gemerkt, dass das Mädchen immer weniger gern ins Turntraining ging. Ein Kripo-Beamter, der die junge Traunreuterin vernahm, sprach von einem „aufgeweckten Mädchen“. Die anderen Kinder hätten turnen dürfen, sie habe auf dem Schoß des Angeklagten sitzen müssen, erzählte sie dem Polizisten: „Das hat sie geärgert.“
Auch der psychiatrische Gutachter sagt über den 76-Jährigen aus. Er berichtet, dass er sein Leben lang bei einem großen Traunreuter Industriebetrieb arbeitete und schon seit 1957 Mitglied des TuS ist. Auch seinen Freundeskreis habe der Angeklagte vor allem im Sportbereich. Das Mädchenturnen habe er aber erst in den letzten Jahren übernommen.
Neugier und Interesse hätten ihn anfangs dazu gebracht, Kinderpornos zu schauen. „Es habe ihn gereizt, weil es verboten ist“, so der Sachverständige. Mit der Zeit seien die Filme „fast zur Sucht“ geworden, habe ihm der Angeklagte erzählt. Eigentlich seien Kinder für ihn aber trotzdem „asexuelle Wesen“. Dem Sachverständigen gegenüber habe der Traunreuter die Taten als „größten Fehler seines Lebens“ bezeichnet.
Die Beweisaufnahme ist beendet, jetzt geht es an die Plädoyers.
Update, 11.17 Uhr - „Der Angeklagte räumt die Übergriffe voll ein“
Die Sache scheint klar. Rechtsanwalt Baumgärtl ergreift gleich nach der Anklageverlesung das Wort. „Der Angeklagte räumt die Übergriffe voll ein.“ Ohnehin schwer zu leugnen, aber auch was die Kinderpornos auf seinem Computer betrifft, ist der 76-Jährige geständig. Den beiden Kindern bleibt eine Aussage vor Gericht dadurch erspart.
Trotzdem: Um eine Erklärung kommt der Mann nicht herum. „Wie kam‘s dazu?“, will Vorsitzende Richterin Heike Will wissen. Als sie das erste Mal zum Training kam, habe sie einen nicht passenden Anzug getragen. „Ich hab geprüft, ob die Passform ausreicht“, windet sich der Senior um eine klare Aussage. Als die Richterin nachfragt, ob es da zu den Übergriffen kam, rät ihm der Verteidiger einfach zu einem klaren „Ja“.
Skeptisch sei er gewesen, als die Siebenjährige zum ersten Mal mit ihrem Vater zum Training auftauchte. „Das war mir zu jung. In dem Alter nehme ich normalerweise keine Kinder auf“, so der Angeklagte. Gut 20 Kinder seien dreimal wöchentlich zum Training gekommen, im Alter von acht bis 16 Jahren. 45 Jahre lang sei der Angeklagte beim TuS als Trainer aktiv gewesen. Jetzt ist Schluss damit: Kurz nach seiner Verhaftung am 1. Juli 2023 wurde er vom Verein suspendiert.
Und die Kinderpornos? Als er ein Update für sein Virenprogramm suchte, sei er darauf gestoßen. „Ich war neugierig“, erklärt sich der Senior.
Update, 10.21 Uhr - Missbrauchte er Traunreuter Mädchen beim Turntraining?
Ein alter, hagerer Mann, klein und von schmächtiger Statur, kommt in den Verhandlungssaal am Traunsteiner Landgericht. Es ist ein 76-jähriger Traunreuter, der sich heute wegen übler Vorwürfe verantworten muss.
Als Turntrainer des TuS Traunreut soll er zwei Mädchen sexuell missbraucht haben. Verteidiger Harald Baumgärtl nimmt neben ihm Platz, Staatsanwalt Christian Merkel erhebt sich zur Verlesung der Anklage.
Im Mai und Juni vergangenen Jahres soll er eine Siebenjährige im Zuge des Turntrainings immer wieder schwer sexuell missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von „mindestens 13 Fällen“. Los ging es, dass er das Mädchen „ohne trainingsbedingten Anlass“ auf seinen Schoß genommen haben soll. “Dann schob er den Turnanzug der Geschädigten, der eine Badeanzugsform hatte, auf Höhe des Intimbereichs zur Seite“, und sei in sie eingedrungen, so Staatsanwalt Merkel.
Mindestens zweimal habe er auch am Intimbereich eines weiteren Mädchens (8) seine Hand unter dem Turnanzug gehabt. Wieder sei es im Rahmen des Turntrainings passiert, so der Staatsanwalt. Bei der Hausdurchsuchung des Traunreuters am 1. Juli 2023 fand die Polizei dann Daten, die wie eine Bestätigung wirken: 40 Fotos und 22 Videos mit teils härtester Kinderpornographie. Auch hier bleibt dem Staatsanwalt nicht erspart, all die Details aufzuzählen, was in den Videos zu sehen ist.
Angeklagt ist der 76-Jährige jetzt wegen Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauchs, Körperverletzung und Besitzes von Kinderpornographie. Nun warten alle Prozessbeteiligten gespannt darauf, wie sich der Angeklagte äußern wird.
Vorbericht - Prozess gegen Ex-Turntrainer
Traunstein/Traunreut - Ein altgedienter Trainer der Turnabteilung des TuS Traunreut soll junge Mädchen missbraucht haben. Anfang Juli 2023 wurden die Vorwürfe bekannt, nachdem er festgenommen wurde. Zwischenzeitlich erhärtete sich der Verdacht weiter. Am Freitag (26. Januar) steht der 76 Jahre alte Mann vor dem Traunsteiner Landgericht. Er muss sich wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 13 Fällen, Vergewaltigung, Körperverletzung und Besitzes von Kinderpornos verantworten. Die Verhandlung beginnt um 9.30 Uhr.
Laut Staatsanwaltschaft sollen sich die Taten im Training in der Traunreuter „Kadlec“-Turnhalle ereignet haben. Zwei Mädchen sind mutmaßlich zum Opfer geworden: das eine sieben Jahre alt, das andere acht. Bei einem Mädchen soll er immer wieder mit dem Finger eingedrungen sein - juristisch wäre das eine Vergewaltigung. Für den Prozess sind bisher nur zwei Verhandlungstage angesetzt. Zusätzlich zum 26. Januar auch der 15. Februar. Womöglich ein Anzeichen dafür, dass der Traunreuter geständig ist. In dem Fall bliebe dann auch den Kindern eine weitere Aussage erspart.
chiemgau24.de wird aktuell vom Prozess berichten.
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