„Kaffee und Kuchen im Stall“
Gemeinderatssitzung in Prien: Ist die Mesner Stubn in Urschalling endgültig Geschichte?
Kein Ortskern mehr in Urschalling: Neben den Richtlinien für den Neubau des Caritas-Seniorenheims ging es in der Gemeinderatssitzung am 20. März in Prien vor allem um ein Thema: Kann die Wirtschaft in Urschalling erhalten bleiben?
Prien – Die Gemeinderatssitzung in Prien am Mittwoch (20. März) war im öffentlichen Teil kurz. Ihre Themen allerdings von hohem Stellenwert für die Marktgemeinde. Den Auftakt machte der Neubau des Caritas-Seniorenheims St. Josef in Prien. Bereits am 17. Mai letzten Jahres fand der Spatenstich statt und das Richtfest folgte Anfang des Jahres. Parallel zum Bauleitplanverfahren hat der Markt Prien am Chiemsee mit dem Caritasverband der Erzdiözese München und Freising einen städtebaulichen Vertrag aufgestellt. Dieser regelt verbindlich naturschutzfachliche Regelungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans.
Artenschutzregelungen festgesetzt
Die Empfehlung für dieses Vorgehen kam laut Thomas Lindner, dem Leiter des Bauamtes Prien, von der oberen Naturschutzbehörde, der Regierung von Oberbayern. Auf der Grundlage des Bauplanungsrechts konnten gewisse Artenschutzregelungen nicht festgesetzt werden. Diese seien nun im Vertrag geregelt, so Lindner. Ziel sei es langfristig, die „Artenschutzregelung, im Sinne der örtlichen Naturschutzbehörden, rechtlich zu sichern“, sagte Lindner. Nach wenigen Rückfragen gab es gegen den Beschlussvorschlag keine Einwände.
Nutzungsänderung für Mesner Stubn
Der nächste Punkt der Tagesordnung war der Bauantrag auf Nutzungsänderung der ehemaligen Mesner Stubn in Urschalling. Das Wirtshaus öffnete am 28. Dezember zum letzten Mal seine Türen als Wirtschaft. „Ich werde nie wieder ein Wirtshaus finden, das so gut zu mir passt“, sagte damals Martin Obermüller, der ehemalige Pächter der Mesner Stubn, gegenüber der Chiemgau Zeitung. Der anhaltende Personalmangel sei laut Obermüller das größte Problem gewesen.
Räumlichkeiten des Wirtshauses in Wohnung umwandeln
Jetzt möchte der Vermieter die Räumlichkeiten des Wirtshauses, die sich auf das Erdgeschoss des Gebäudes beschränken, in Wohnraum umwandeln. Zuvor sei der Antrag auf Nutzungsänderung in der letzten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses behandelt worden, erklärte Bürgermeister Friedrich: „In der Sitzung habe ich zu bedenken gegeben, dass, wenn wir da jetzt zustimmen, es das dann halt wirklich endgültig war mit der Wirtschaft. Der Umbau wird dann starten.“
Der Antrag sei deshalb zur Entscheidung an den Marktgemeinderat verwiesen worden. Ebenfalls wurde die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, ob „wir rechtlich irgendeine Möglichkeit finden, die bestehende Gastronomie in Urschalling bauplanungsrechtlich zu sichern und zu erhalten“, sagte Friedrich im Gemeinderat. „Die Prüfung wurde vorgenommen und hat ein negatives Ergebnis erbracht“, schloss der Bürgermeister unzufrieden.
Nutzung als Wohnung „allgemein zulässig“
Obwohl das besagte Grundstück im Flächennutzungsplan als Landwirtschaft dargestellt werde, „haben wir faktisch derzeit ein Dorfgebiet“, führte Thomas Lindner zu der Begründung an. Die Nutzung als Wohnung sei daher „allgemein zulässig“ und könnte baurechtlich nicht untersagt werden. „Es wäre so, als würde man jemandem im Gewerbegebiet sagen, dass dort gewerbliche Nutzung nicht zulässig sei“, so Lindner.
Eigentumsrechtlicher Eingriff
Eine weitere Möglichkeit, die Wohnungsnutzung im Erdgeschoss zu verhindern, wäre über die Ausweisung eines Sondergebiets. Nach rechtlicher Beratung würde dies laut Lindner mehrere Probleme mit sich bringen. Unter anderem sei das Grundstück zu klein, um auf diesem Gebiet ein Sondergebiet zu entwickeln. „Man müsste also mehrere Grundstücke mit in den Geltungsbereich aufnehmen und dort im Erdgeschoss die Wohnnutzung ausschließen“, sagte Lindner, „auch wenn wir diese Festsetzung durchbringen würden, würden wir den Eigentümern der umliegenden Grundstücke faktisch das Baurecht wegnehmen und uns mit einem eigentumsrechtlichen Eingriff konfrontiert sehen.“
Zugang zur Kirche gesichert
Die Ausführungen Lindners entfachten eine lebhafte Diskussion im Gemeinderat. Große Sorge bereitete die Frage, ob für die Kirche Sankt Jakobus ein Geh- und Fahrtrecht für Kirchenbesucher vorliege. Das Kirchengelände liegt hinter dem Grundstück der Gastronomie und hätte sonst keinen Zugang. „Ich habe aber heute mit einem Vertreter der Kirche telefoniert und es liegen definitiv altrechtliche Dienstbarkeiten vor“, sagte Bürgermeister Friedrich in der Nachbesprechung am nächsten Tag, „und insofern ist auch der Zugang zur Kirche weiterhin möglich.“
Des Weiteren wurde angebracht, dass die Kirche in Verbindung mit der Gastronomie das Zentrum des Ortsteils Urschalling darstelle und ein wichtiges Ziel für den Tourismus sei. „Ich finde, man sollte doch nochmal versuchen, alle Register zu ziehen, um diese Gastronomie zu erhalten“, sagte Gemeinderat Kersten Lahl (BfP). Man brauche sich sonst keine Hoffnung machen, dass dort jemals wieder ein Wirtshaus entstehen wird.
50 Jahre im Stall Kaffee und Kuchen
Andere Gemeinderäte standen dem Bauantrag auf Nutzungsänderung nüchterner gegenüber: „Es ist und bleibt ein landwirtschaftliches Anwesen, wie es früher war“, sagte Gemeinderat Peter Fischer (ÜWG), „man hat halt jetzt die letzten 50 Jahre im Stall drin auch Kaffee und Kuchen bekommen.“ Der Antrag auf Nutzungsänderung wurde letztendlich mit nur einer Gegenstimme angenommen. Jetzt müsse das Landratsamt Rosenheim noch die Baugenehmigung erteilen. Äußerlich werde es an dem Gebäude keine Veränderung geben, „sondern lediglich im Innenraum umgebaut“, so Friedrich.
