Verkehrssicherheit in Prien großes Diskussionsthema
Trotz Kritik der Fachstellen – Prien bekommt eine Tempo-30-Zone in der Beilhackstraße
Wer etwas erreichen will muss findig und engagiert sein. Beides waren wohl der Priener Marktgemeinderat sowie die Verwaltung: Sie haben nun ein Tempo-30-Limit in der Beilhackstraße umgesetzt. Und das, obwohl es im Vorfeld viele kritische Stimmen gab.
Prien – Anfang Februar ging bei der Marktgemeinde ein Bürgerantrag ein, in dem ein Tempo-30-Limit in der Beilhackstraße und der Einbau einer Querungshilfe gefordert wurde. Ganz neu ist dieser Wunsch nicht. Bereits 2016 habe es einen ähnlichen Antrag gegeben, so Bürgermeister Andreas Friedrich (ÜWG). Dieser sei seines Wissens jedoch 2016 abgelehnt worden.
Und auch heute noch stehen die Zeichen nicht grundsätzlich positiv. Doch der Marktgemeinderat will es dieses Mal ganz offensichtlich wissen. Warum und mit welchen Mitteln es der Marktgemeinderat nun doch noch einmal probiert.
Unfalllage aus Sicht der Polizei unauffällig
Die örtliche Polizeiinspektion sowie die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Rosenheim betrachten eine Beschränkung auf Tempo 30 in der Beilhackstraße als kritisch, da es sich hierbei um eine Ortsumgehungsstraße handelt, die wie eine Vorfahrtsstraße eingestuft wird.
Will man hier eine Reduzierung des Tempos erreichen, gelten strenge Kriterien, die Andreas Friedrich folgendermaßen „übersetzt“: „Es müssen immer wieder an der gleichen Stelle Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit passieren. Nur dann darf eine Beschränkung angeordnet werden.“ Diese Unfalllage ist nach Kenntnis der Polizeiinspektion Prien jedoch nicht vorhanden.
Wer sucht, der findet
In der Verwaltung habe man deshalb nach Verwaltungsvorschriften der Straßenverkehrsordnung gesucht, die diese Grundlagen aufweichen. Und man wurde tatsächlich an „etwas versteckter“ Stelle – nämlich den Ausführungen zum 30er-Schild – fündig.
Absenkung der Geschwindigkeit als Gebot
Dort heißt es mittlerweile, dass innerhalb geschlossener Ortschaften die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Altenheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 zu beschränken ist. Diese Beschränkung ist jedoch, sofern vorhanden, auf die Öffnungszeiten der betroffenen Einrichtungen zu reduzieren.
Bedingungen sind streng
Um die Geschwindigkeit tatsächlich absenken zu können, gelten Bedingungen, zu denen etwa ein direkter Zugang der entsprechenden Einrichtungen zur Straße gehört. Das sei jedoch nach Ansicht der Fachbehörden im Falle der Beilhackstraße, in der sich etwa die Waldorf-Kinderkrippe, eine Schulbushaltestelle oder das Caritas-Zentrum mit einer Spielstube befinden, nicht gegeben.
„Einfach durchziehen“
Ein direkter Zugang bedeute, so Friedrich in seinen der Diskussion vorhergehenden Ausführungen, dass man von der Tür praktisch direkt auf der Straße lande. Dieser Auslegung wolle er nicht folgen: „Darüber kann man durchaus anderer Ansicht sein. An dieser Stelle wäre es einen Versuch wert, die Beschränkung auf Tempo 30 einfach durchzuziehen.“ Zur Not könne man die Rechtmäßigkeit im Nachgang klären lassen, so Friedrich.
Querungshilfe ohne Chance
Für die Errichtung der im Bürgerantrag geforderten Querungshilfe sieht die Verwaltung jedoch keine Chance. Für einen Fußgängerüberweg müssen mindestens 50 bis 100 Personen pro Stunde, an einem durchschnittlichen Tag, die entsprechende Stelle überqueren wollen. Das hätten die durchgeführten Messungen jedoch nicht hergegeben.
Fahrbahnteiler als kreative Lösung
Geprüft worden sei auch die Umsetzbarkeit von Querungshilfen wie Fahrbahnteilern. „Richtige Querungshilfen“ müssten jedoch eine Tiefe von 2,50 Metern haben, damit man auch ein Fahrrad darauf abstellen könne. Das wiederum würden die örtlichen Platzverhältnisse nicht hergeben, wie Donat Steindlmüller ausführlich darlegte. Und so lautete der Vorschlag der Verwaltung, die Querungshilfe aufgrund der rechtlichen Gründe und der mangelnden Straßenbreite abzulehnen.
„Würden den Fachbehörden folgen“
In der anschließenden Diskussion, die sich fast über eine Dreiviertelstunde erstreckte, meldete sich zunächst Anette Resch (CSU) zu Wort. „Grundsätzlich würden wir den Auffassungen der Fachbehörden folgen.“ Wenn es zu einer Tempo-Beschränkung käme, dann solle diese zeitlich beschränkt sein.
Messungen und subjektives Empfinden
Marion Hengstebeck (BfP) gab zu bedenken, dass Messungen schön seien, doch nicht immer das subjektive Gefühl der Betroffenen widerspiegeln würden. So gäbe es nach ihrer Kenntnis sehr viele Beinaheunfälle. Deshalb sei ihre Fraktion grundsätzlich für Tempo 30, und das sogar zeitlich unbeschränkt. Zudem sei sie auf der Suche nach großen Lösungen. Fahrbahnteiler wären durchaus möglich, etwa wenn man den Beilhackparkplatz zurückbauen würde. Zusätzlich regte sie an, teilweise Kopfsteinpflaster zu setzen.
Klares ja
Michael Voggenauer nahm Bezug auf die von der Verwaltung durchgeführten und zuvor dargelegten Geschwindigkeitsmessungen, bei denen einzelne Maximalgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h festgestellt wurden, und erklärte: „Wenn wir die Möglichkeit haben, sollten wir beschränken.“
Kontrolle ist besser
Peter Fischer (ÜWG) konstatierte, dass die Geschwindigkeitswerte höher als vor sechs Jahren ausgefallen wären und erklärte, dass er sich Tempo 30 grundsätzlich vorstellen könne. Dann müsste man das aber auch kontrollieren.
Fast schon mutig
Sonja Werner (Die Grünen) dankte der Verwaltung und dem Bürgermeister für den „fast mutigen Vorschlag“, Tempo 30 entgegen der Empfehlungen der Fachbehörden durchzusetzen. Denn: „Tempo 30 entspricht dem geäußerten Bürgerwillen.“
Lärmbelästigung
Michael Anner (CSU) gab zu Bedenken, dass ein Pflasterbelag vor allem für die Anwohner eine erhebliche Lärmbelästigung darstellen würden. Man habe zwar in der Beilhackstraße nicht die Situation, dass stark über 50 km/h gerast würde, doch es gehe um die zusätzliche Sicherheit für die Kinder. Tempo 30 könne er sich daher vorstellen, sofern es eine zeitliche Beschränkung gäbe.
Wellen und ihre Wirkung
Gabriele Schelhaas (SPD) befürwortete Tempo 30 „auf jeden Fall“. Die Gegenargumente zum Pflaster könne sie nachvollziehen und brachte stattdessen eine Bodenwelle ins Spiel. Ein Vorschlag, den Johannes Dreikorn (CSU) unter Bezugnahme auf seine Erfahrungen aus dem Rettungsdienst abschlägig beurteilte: Einschränkung wie Wellen würden das Rettungspersonal zum Verzweifeln bringen. Tempo 30 und die zeitliche Begrenzung hält er hingegen durchaus für sinnvoll.
Schülerlotsen als Hilfe
Rosi Hell (CSU) zeigte sich einverstanden mit einer zeitlich beschränkten Tempo-30-Zone und brachte zusätzlich das Thema ein, dass es in Prien praktisch keine Schülerlotsen mehr gäbe. Auch das sorge laut Hell für zusätzliche Sicherheit.
Martin Aufenanger (FW/FWB) stellte sich hinter die Bemühungen der Verwaltung, würde jedoch ein zeitlich unbeschränktes Tempo-30-Gebiet bevorzugen.
Geschlossen für Tempo 30
In der anschließenden Abstimmung zeigte sich folgendes Bild: Der Bürgerantrag auf Errichtung einer Querungshilfe wurde abgelehnt mit sieben Gegenstimmen. Der von Montag bis Freitag je zwischen 7 Uhr und 15 Uhr geltende Beschränkung auf Tempo 30 in der Beilhackstraße im Gebiet zwischen der Alten Rathausstraße und der Geigelsteinstraße wurde aber einstimmig zugestimmt.
So geht es weiter
Das Ordnungsamt schreibt nun eine Anordnung zur Aufstellung der beschlossenen Schilder, die anschließend vom Bauhof aufgestellt werden. Das könnte bereits Anfang nächster Woche erledigt sein.


