Kaum genutzte Buslinie wird weiter finanziert
Oberaudorf erweitert den Nahverkehr – Warum die Tiroler unbedingt zum Chiemsee wollen
Schon seit geraumer Zeit wollen die Gemeinden Oberaudorf und Kiefersfelden in das Netz des Tiroler Verkehrsverbundes (VVT). Das Ziel: Günstige Tarife speziell für Schüler, Senioren und Pendler aus dem Nachbarland. Gleichzeitig hat der Tiroler Verbund einen ungewöhnlichen Wunsch.
Oberaudorf — Als „etwas zum drüber Reden” bezeichnete Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt die geplante Erweiterung des öffentlichen Verkehrsnetzes im Oberaudorfer Gemeinderat. Gemeinsam mit der Gemeinde Kiefersfelden bemühe man sich schon seit Jahren, dem Verkehrsverbund Tirol (VVT) beizutreten, um ein zusätzliches Angebot für die Bürger zu schaffen. Diese Mühen hätten sich nun gelohnt.
Finanzierung über Rosenheimer Landkreis
Um aber in das „Wabensystem” des VVT aufgenommen zu werden, das sich von Reit im Winkl über Kufstein bis Innsbruck zieht, müssen sich die Gemeinden an den laufenden Kosten beteiligen. „Die Finanzierung übernimmt zu einem Großteil der Landkreis”, meint Bernhardt. Dort werde im Moment mit rund 40.000 Euro gerechnet. Kiefersfelden und Oberaudorf müssten davon jeweils fünf Prozent, mindestens jedoch 2500 Euro im Jahr übernehmen.
„Ich habe es nicht zu hoffen gewagt,” schwärmte bereits der Kiefersfeldener Bürgermeister Hajo Gruber vor gut einer Woche, als der Gemeinderat den Beitritt einstimmig beschloss. Die Erweiterung des VVT-Netzes wurde in der dortigen Sitzung bereits für Juli 2023 in Aussicht gestellt.
Vorteile für Schüler, Senioren und Pendler
Allzu lange über den potenziellen Beitritt diskutiert wurde im Audorfer Gemeinderat dann auch nicht. Recht schnell herrschte Einigkeit darüber, die Vorteile gerade für Schüler und Senioren aus der Tiroler Gegend zu nutzen. Gemäß den Zahlen des VVT würde eine Jahreskarte für die Schüler bei rund 100 Euro liegen. Für Senioren ab 75 Jahren ist diese für gut 130 Euro erhältlich. Auch für Pendler aus Österreich, die in der Gemeinde arbeiten, könnte sich das neue Angebot lohnen. Hier liegt die Jahreskarte bei rund 500 Euro. „Dafür können Sie aber auch durch ganz Tirol flitzen”, betont Bernhardt.
Denn im Preis inbegriffen sind alle öffentlichen Verkehrsmittel wie Stadt-, Regio- oder Nachtbusse sowie der Nah-und Fernverkehr der Bahn. „Und selbst mit dem 49-Euro-Ticket kommt man eben bisher nur nach Kufstein”, fügt Oberaudorfs Geschäftsleiter Florian Seebacher hinzu. Die bisherigen Angebote wie von der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft sollen aber natürlich nach wie vor bestehen bleiben.
Ausflugsbus zum Chiemsee ist umstritten
Für mehr Diskussionsstoff sorgte eine Entscheidung bezüglich des Ausflugsbusses zwischen Oberaudorf und Bernau am Chiemsee. Eigentlich hatte das Gremium im November 2022 beschlossen, dass sich die Gemeinde künftig nicht mehr finanziell an der Inntal-Priental-Chiemsee Buslinie 9502 beteiligen möchte. Der Grund: Eine zu schwache Auslastung würde die gut 7000 Euro pro Jahr nicht rechtfertigen.
Diesen Beschluss musste der Bürgermeister aber schon vor der Sitzung eigenmächtig wieder zurücknehmen. Denn bei einem Treffen mit der Deutschen Bahn und dem Verkehrsverbund Tirol wurde ihm eine verbesserte Busverbindung rund um die Gemeinde in Aussicht gestellt. „Wir könnten eine Linie etablieren, die stündlich in Richtung Grenze fährt und in Niederaudorf, Ortsmitte, Bahnhof und vielleicht sogar am Gewerbegebiet hält. Das wäre fantastisch“, sagt Bernhardt.
Von Tirol zum Chiemsee
Dieses Angebot von Tiroler Seite bestünde allerdings nur, wenn die Anbindung zum Chiemsee bestehen bleibt. „Die Tiroler wollen eine dauerhafte Verbindung in diese Richtung anbieten, ohne in ihrem eigenen Netz eine etablieren zu müssen”, erklärt Seebacher diese ungewöhnliche Forderung. Entgegen dem Beschluss müsste der Ausflugsbus also weiterhin finanziert werden, zumindest für die kommenden zwei Jahre.
„Ich weiß nicht, ob wir 14.000 Euro investieren sollen, nur dass wir vielleicht irgendwann eine bessere Ortsanbindung bekommen”, gibt Gemeinderat Hannes Rechenauer zu bedenken. Bernhardt versicherte daraufhin, dass die Pläne für die Buslinie bereits stehen und ein Tiroler Beschluss dazu nicht „irgendwann“, sondern voraussichtlich noch in diesem Jahr gefasst werden könnte. Tickets für die neue Linie wäre zudem dann auch über den VVT erhältlich, in dem Oberaudorf dann dabei ist.
Auch wenn es vereinzelte Bedenken bezüglich des Busses zum Chiemsee gab, wurden sowohl die weitere Finanzierung der Chiemsee-Linie als auch der Beitritt zum Verkehrsverbund Tirol einstimmig beschlossen.
