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Oberaudorf: Bürgerentscheid zum Bau eines Edeka

„Gibt Alternativen“: Sprecher der Bürgerinitiative im Exklusiv-Interview zum Gschwendtner Feld

Was passiert mit dem Gschwendtner Feld? Die Sprecher der Bürgerinitiative „Für ein lebendiges Audorf (von oben) Ulrich Brunner, Markus Aicher und Josef Steinmüller im Interview mit dem OVB.
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Was passiert mit dem Gschwendtner Feld? Die Sprecher der Bürgerinitiative „Für ein lebendiges Audorf“ (von oben) Ulrich Brunner, Markus Aicher und Josef Steinmüller im Interview mit dem OVB.

Am 8. Oktober ist es so weit: Parallel zur Landtagswahl entscheiden die Oberaudorfer per Bürgerentscheid, ob auf dem Gschwendtner Feld ein großer Edeka gebaut wird. Im OVB-Interview klären die Sprecher der Bürgerinitiative Ulrich Brunner, Markus Aicher und Josef Steinmüller die zentralen Fragen.

In den vergangenen Monaten wurde viel um das Gschwendtner Feld diskutiert. Können Sie den Standpunkt der Bürgerinitiative nochmal kurz zusammenfassen? 

Markus Aicher: Es sind mehrere Gedanken, die hinter uns stehen. Es ist ein ökologischer Gedanke gegen die Flächenversiegelung. Ein weiterer, der sich gegen das Ausbluten einer Dorfstruktur richtet, und einer, der überlegt, wie unser Dorf in 20, 30 Jahren aussehen soll. Wir kommen alle aus verschiedenen Bereichen und wollen mit dem Bürgerbegehren ein Nachdenken für eine bessere Lösung erzielen. 

Ein zentraler Punkt, der immer wieder angesprochen wurde, war die Frage. Gibt es eine Alternative zum Bau am Gschwendtner Feld? 

Josef Steinmüller: Es hat immer Alternativen gegeben und es gibt auch jetzt noch die Möglichkeit, einen modernen Supermarkt mit 1200 Quadratmetern zu planen. Auch für eine Drogerie gibt es alternative Standorte, die weniger neu versiegelte Fläche beanspruchen. Wir sind zum Beispiel mit der Standortplanung von Rewe in Kontakt getreten, die grundsätzlich Interesse bekundet und sich eine kleinere Alternative mit weniger Parkplätzen vorstellen könnte. Rewe war auch an der Übernahme und Erweiterung des jetzigen Edekas interessiert, bis der Gemeinderat eine solche Option abgelehnt und den Plan für das Gschwendtner Feld auf den Tisch gebracht hat.

Mit dem vor kurzem unterzeichneten Pachtvertrag steht wohl fest, dass der Discounter Netto die Fläche des bestehenden Edekas übernimmt. Was für Folgen hat das aus Ihrer Sicht? 

Ulrich Brunner: Dadurch ist der Handlungsspielraum zwar etwas eingeschränkt. Es gibt drum herum aber schon noch Flächen, die entwickelt werden können. Die Frage ist außerdem. Wie geht es weiter, falls der große Edeka nicht kommt? Würde dann Netto, eine Tochter von Edeka, immer noch an dem Vertrag festhalten? Für mich ist das nicht endgültig. 

Aicher: Ich bin enttäuscht, dass die Vertragsunterzeichnung mit Netto nicht noch warten konnte, bis der Bürgerentscheid durch ist. Ich hätte gehofft dass diese zwei bis drei Wochen bis zum Entscheid noch drin gewesen wären. Grundsätzlich möchte ich aber klarstellen. Wir werden in die Rolle eines Sparring-Partners gedrängt, der wir nicht sind. Die Exekutive ist der Gemeinderat und der Bürgermeister. Wir sind demokratische Bürger, die sagen: Stopp. Lasst uns nochmal nachdenken und Alternativen suchen. Wir sind am Ende nicht die, die Pläne vorlegen müssen, sondern dann ist die Gemeinde wieder gefordert.

Steinmüller: Bei den Plänen helfen wir natürlich auch gerne mit, so gut wir es können. Aber im Moment können wir nur darauf hinweisen, dass da vieles nicht richtig gelaufen ist und wir diverse Gefahren sehen. 

„Der Ort wird geschwächt“

Welche Gefahren sind das konkret?

Steinmüller: Dass der Ort geschwächt wird und die bestehenden Geschäfte gefährdet sind. Fakt ist: Wir wären durch den Neubau überversorgt und die kleinen Läden im Ort bekommen Probleme. Klar ist aber auch, dass sich viele Oberaudorfer einen größeren Supermarkt und eine Drogerie wünschen. Da sind wir auch nicht dagegen. Nur hätte bei der Planung ein Wille zur Erhaltung der Geschäfte im Ort und zum schonenden Umgang mit Fläche ersichtlich sein müssen. Stattdessen ist naiv davon ausgegangen worden, dass der überdimensionale Bau und die Verdreifachung der Einzelhandelsverkaufsfläche zu einer Stärkung der Nahversorgung auch direkt im Ort führt. Dass so ein Dreigestirn aus Edeka, Rossmann und Netto aber massiv Kaufkraft aus dem Ortskern abzieht, ist nie realistisch kommuniziert worden. Stattdessen wurden die jetzt bestehenden und gut geführten Geschäfte im Ort schlecht geredet.

In der Bürgerversammlung wurde dargelegt, dass auch kleinere Geschäfte wie in Bad Feilnbach oder Brannenburg keine Verluste durch die Niederlassung eines Prechtl-Marktes hatten. Wie stehen sie dazu? 

Brunner: In Bad Feilnbach herrscht eine völlig andere Ausgangslage. Da liegt der Prechtl mitten im Ort. Zweitens ist er dort auch kleiner als es hier auf 1800 Quadratmeter der Fall wäre. Ich habe zudem den Eindruck, dass wir durch die Diskussion nach Alternativen in eine Position gedrängt werden, bei der andere Argumente dann völlig unter den Tisch fallen. 

Welche Argumente sind das? 

Brunner: Es geht auch um die Versiegelung einer großen Wiese. Wir haben teilweise ein hochwassergefährdetes Gebiet, auf dem nun gebaut werden soll. Hier eine für Oberaudorf wichtige Schwemmwiese zu versiegeln, ist keine gute Lösung. 

Steinmüller: Es ist meiner Meinung nach verantwortungslos. Denn was passiert, wenn wir ein Hochwasser haben? Dann hilft auch kein noch so guter Versicherungsplan oder ein begrüntes Dach im Vergleich zu den Kapazitäten an Wasser, die eine Wiese aufnehmen kann.  

Ein Vorwurf des Gemeinderates war, warum sich die Initiative erst jetzt in den letzten Schritten der Planung gegründet hat. Verstehen Sie diese Kritik? 

Aicher: Ich finde es eigenartig, wie Bürgerinteresse hier diffamiert wird. Es besteht immer die Möglichkeit, sich zu jedem Zeitpunkt zu äußern. Und wenn bei einigen Oberaudorfern der Eindruck entsteht, dass konsequent nur eine einzige Richtung eingeschlagen wird, dann ist es nur sinnvoll, wenn die Bürger nochmal zum Nachdenken anregen. Was besseres als einen Entscheid kann es da gar nicht geben. Denn das Wissen der Gemeinde sitzt nicht immer im Quorum des Gemeinderates. Wir bewegen uns auf dem demokratischen Boden und ich weiße es deutlich zurück, dass es heißt. „Jetzt erst kommen diese Besserwisser daher.“ Denn der Zeitpunkt ist völlig irrelevant. 

Warum sehen sie die geplante Lösung nicht als zukunftsfähig? 

Aicher: Unsere Überschrift wäre eine passgenaue und maßvolle Lösung. Das, was wir jetzt haben, ist ein Diktat der Konzerne, die sagen: Entweder ich komme in der Größe oder ich komme gar nicht - friss oder stirb. Unser Eindruck ist, dass die Gemeindeverwaltung das dankend annimmt. Eine starke Gemeinde kann aber sagen, wie sie es haben möchte und dann kommen auch die passenden Angebote.

Brunner: Edeka verfolgt die Strategie, größer zu werden. Das ist aber nicht die Zukunft. Wenn ich hier langfristig entwickeln würde, würde ich mir mehrere kleinere Standorte vornehmen. Dann hätten wir im besten Fall Strukturen, die für jeden fußläufig erreichbar sind. Das wäre eine zukunftsfähige Vision. Jetzt haben wir einen Hang, den jeder bewältigen müsste, um runter zum Edeka zu kommen. Das, was jetzt geplant ist, ist ein Autofahrer-Standort.

Nach Aussage von Andreas Prechtl wünschen sich die Bürger heutzutage eine große Auswahl. Ist das auch ihr Eindruck? 

Brunner: Das kommt auf die Lebensphilosophie an. Ich brauche keine 50 Müslisorten und keine 25.000 Artikel. Es kann schon sein, dass andere das haben wollen. Aber ist das noch vernünftig? Uns wird schließlich tagtäglich vor Augen geführt, dass wir endliche Ressourcen haben.

Aicher: Wenn ich Zukunftsvisionen entwickeln möchte, stellt sich mir die Frage, ob XXL wirklich die Zukunft ist oder ob wir nichts Passendes im Einklang mit den Dorfstrukturen entwickeln müssen. Denn aus meiner Sicht ist es so: Prechtl und Rossmann lieben vielleicht den Umsatz, aber wir lieben Oberaudorf. 

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