AK68 gestaltet leere Wände
Gemälde über drei Stockwerke: So wird aus dem ehemaligen Krankenhaus in Wasserburg ein Zuhause
Spraydosen, Pinsel und Hebebühne: Damit verwandelt Street-Art-Künstler „Mr. Woodland“ das Ex-Krankenhaus in Wasserburg in ein Kunstwerk. Wie das Projekt entstand, was der Künstler mit seinem Bild ausdrücken will und wie es bei den Bewohnern der neu geschaffenen Flüchtlings-Unterkunft ankommt.
Wasserburg – Wer auf die Flüchtlings-Unterkunft im ehemaligen RoMed-Krankenhaus in Wasserburg zugeht, der sieht schon von Weitem die bunten Farben, die nun die Fassade schmücken. Denn die Hauswand des dreistöckigen Gebäudes ist zur Leinwand für Street-Art-Künstler Daniel Westermeier alias „Mr. Woodland“ geworden.
Projekt läuft seit Februar
Schon seit Februar würden Katrin Meindl, Vorsitzende der Künstlergemeinschaft AK68 in Wasserburg, und Maurice Bogdanski alias „Noir“, ebenfalls Mitglied im AK68, das Innere der Geflüchtetenunterkunft verschönern, erklärt Meindl. Dabei hätten auch einige Kinder geholfen, sagt sie. Ins Leben gerufen habe das Projekt Monika Rieger, Vorsitzende des Wasserburger Patenprojektes Asyl. Sie sei mit der Idee, das Innere und Äußere des Ex-Krankenhauses zu gestalten, auf Meindl zugekommen. Nach Genehmigungen durch die Regierung von Oberbayern als Träger der Unterkunft und dem Landkreis Rosenheim als Eigentümer des Gebäudes sei es losgegangen, sagt Meindl.
„Für uns als Künstler war es wichtig, dass nicht nur innen im Gebäude, sondern auch außen etwas für alle zu sehen ist“, erklärt die Vorsitzende. Für die Gestaltung der Fassade habe sie sofort an „Mr. Woodland“ gedacht, erklärt Meindl. Denn „wenn der Anfang gut wird, dann läuft auch der Rest“ sagt die Künstlerin in Hinblick darauf, dass – wenn es nach ihr gehe – in Zukunft noch mehr Wände der Unterkunft ein Kunstwerk tragen sollen.
Künstler seit 31 Jahren
„Mr. Woodland“ ist seit 31 Jahren Künstler und machte vor zwölf Jahren sein Hobby zum Beruf. Sein Stil zeichne sich durch „Schnipsel“ – also viele verschiedene Fragmente – seiner Motive aus, erklärt der gebürtige Erdinger. Im Jugendalter habe er mit Spraydosen und Graffiti begonnen. Mittlerweile seien seine Werke jedoch kein Graffiti im eigentlichen Sinne, sondern Kunstwerke mit einer Geschichte. Die Spraydose sei wie der Pinsel ein Werkzeug für ihn, so „Mr. Woodland“. Seit fünf Jahren organisiere er mit der Städtischen Galerie in Rosenheim das „transit art Festival“. Dabei bemale er fast ausschließlich große Wände, sagt er. Seine Werke sind unter anderem in Gießen, Rosenheim und München zu sehen.
An die Fassade in Wasserburg malt „Mr. Woodland“ ein Werk namens „Echoes“. Es soll eine Figur darstellen, die Tag und Nacht unterwegs sei, erklärt der Künstler. Das Lila in Kombination mit einer Eule als treuen und freundlichen Begleiter stehe für die Nacht. Das knallige „Kaugummi-Rosa“ stehe für den Tag, so „Mr. Woodland“. Die Figur hat mehrere Hände. Eine hält einen Stock, zwei weitere verschwinden in den Taschen und wiederum eine andere formt beim Mund eine Art Trichter. Sie soll den Ruf ausdrücken, dass alles in Ordnung sei, erklärt der Street-Art-Künstler. Die Figur trägt neben einem Hoodie eine Winterjacke und auch ein Jackett. Die unterschiedlichen Kleidungsstücke würden die verschiedenen Umgebungen darstellen, durch die die Figur gewandert sei. So greife das Bild verschiedene Elemente einer Flucht auf, sagt „Mr. Woodland“. „Vielleicht können sich manche Bewohner der Unterkunft darin wiederfinden“, hofft der Künstler.
Wilfred Banya und Zar Zar Lin zeigten sich begeistert von den Malereien. Die Bilder würden für die beiden Bewohner ihre Unterkunft mehr wohnlicher machen, erklären sie. „Es ist sehr schön“, sagt Banya. „Nun ist es kein Krankenhaus mehr, sondern ein Wohnort“, sagt Lin.
Über 8.000 Euro wert
In den kommenden Tagen soll das Kunstwerk fertiggestellt werden, sagt „Mr. Woodland“. Das Bild sei eine Schenkung seinerseits. Für die Arbeitszeit würde Mr. Woodland für ein Gemälde in dieser Größe etwa 8.000 Euro erhalten. Auch die restlichen Malereien von Meindl und „Noir“ seien unbezahlt, so die Künstler. Die Regierung von Oberbayern komme für alle Materialien wie Farben, Spraydosen oder die Hebebühne auf, ohne die das große Wandbild nicht möglich wäre, erklärt Meindl. „Für uns ist das hier ein Sozialprojekt“, sagt die Vorsitzende des AK68.
Die Mitglieder des AK68 haben in Wasserburg bereits die Mauern der ehemaligen Essigfabrik und des Umspannwerkes bemalt und somit erste Erfahrungen in der Gestaltung von Gebäuden gesammelt. An das derzeitige Projekt gehe Meindl mit mehr Sensibilität heran. „Wir bilden nichts Politisches oder Religiöses ab“, erklärt sie.
Blaue Bilder im blauen Gang
Die einzelnen Bereiche der Geflüchtetenunterkunft sind zur Orientierung in verschiedenen Farben gehalten. An die jeweiligen Farben würden sich Meindl und „Noir“ halten. So seien im blauen Gang nur blaue Bilder von ihnen gemalt, sagt sie. „Noir“ versuche, seine Motive den jeweiligen Räumen anzupassen. Im Spielzimmer habe er fröhliche Bilder gemalt, sagt er. Letztlich sei es jedoch eine Gratwanderung und eine Abwägungssache, was sie malen könnten, gibt Meindl zu Bedenken. Sie versuche, sich in die Bewohner hineinzuversetzen. Was in Ordnung sei, finde sie jedoch nur durch Ausprobieren heraus. Sollte mal ein Motiv nicht passen, sei das kein gravierendes Problem. Das werde einfach übermalt, sagt Meindl.

