Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Langwierige Ermittlungen nach Fund des Mobiltelefons

Fall Hanna (†23): Wenn ein Handy reden könnte

Flussbett der Prien, daneben eine Spaziergängerin im Wald
+
Im Bachbett der Prien im Gemeindegebiet Aschau hatte eine Spaziergängerin Hannas Handy gefunden.

Es wird zum Geduldsspiel für alle Beteiligten: Noch immer forschen Spezialisten der Polizei auf dem kürzlich gefundenen Handy von Hanna (†23) nach Spuren. Was kann das Gerät nach einem halben Jahr im Wasser noch preisgeben?

Aschau im Chiemgau – Welche Rolle Mobiltelefone bei Ermittlungen spielen? Ex-Polizist Werner Vormann, der als Chef des Kommissariats 1 des Polizeipräsidiums mit seinem Team 100 Prozent der Tötungsdelikte aufklären konnte, ist da eindeutig: „Eine ziemlich wichtige, und das gar nicht mal so selten.“

Spontan fallen ihm die Ermittlungen zum Mordfall Osman Saracuz ein. 2010 war an der Kreisstraße nach Albaching ein Schwerstverletzter gefunden worden. Der Mann erlag später im Krankenhaus Wasserburg seiner Schussverletzung. Die Auswertung des Telefons führte schnell zum Mörder.

Das Gerät lag so lang in der Prien, es hatte bereits Algen angesetzt

Von solchen Durchbrüchen sind die Ermittler im Fall Hanna offenbar noch entfernt. Anfang Juni hatte eine Spaziergängerin in der Prien das Mobiltelefon von Hanna (†23) gefunden, fast acht Monate, nachdem die Studentin ihr Leben verloren hatte. Seit über zwei Wochen arbeiten die Forensiker der Polizei an dem Gerät, das bei seiner Bergung bereits Algen angesetzt hatte. Die Arbeiten gestalteten sich aufwendig, hieß es schon zu Beginn von Seiten der Polizei.

Sind die Speicherbausteine intakt? Welche Daten finden sich in den Protokolldateien? Sind womöglich noch Chats eines Messengerdienstes erhalten? Danach forschen gerade die IT-Forensiker der Polizei. Die berühmten Bewegungsdaten, die in vielen TV-Krimis eine so wichtige Rolle spielen, dürfte die Polizei schon kurz nach Beginn der Ermittlungen vom Mobilfunkanbieter erhalten haben.

Sie lassen sich beispielsweise über das Abrechnungsprotokoll des Unternehmens gewinnen, wenn das Mobiltelefon für ein Gespräch benutzt wurde. Aufschluss gibt nach Auskunft der Telekom auf eine OVB-Anfrage auch die IMEI-Nummer. Sie ist für jedes Handy einzigartig und somit ein digitaler Fingerabdruck. Mit ihr kann man ein Handy zweifelsfrei identifizieren. Das Handy muss man für die Suche nach der IMEI-Nummer nicht unbedingt in der Hand halten. Sie findet sich nach Auskunft der Telekom sowohl auf dem Kauf- als auch dem Tarifvertrag,.

Auskunft zum Stand dieser neuen Nachforschungen nach den eigentlich abgeschlossenen Ermittlungen gibt die Staatsanwaltschaft. Möglicherweise lägen in „ein oder zwei Wochen“ Ergebnisse vor, sagt Oberstaatsanwalt Gunther Scharbert in Rosenheim. Drängen werde man die Techniker aber nicht. „Da geht Sorgfalt vor Schnelligkeit“, sagt Scharbert.

Die schwierige Aufgabe, einen Abend zu rekonstruieren

„Es ist ein wichtiger Fund, weil es so etwas wie ein Puzzleteil darstellt“, sagt Harald Baumgärtl aus Rosenheim, Verteidiger des Beschuldigten. „Aber eine große Wende erwarte ich davon jetzt nicht.“ Es sei ja überhaupt fraglich, was auf dem Gerät noch zu finden ist.

In der Tat ist das die Frage, die so manchen Beobachter der Ermittlungen umtreibt: Kann das Handy noch etwas liefern? Etwas, das dazu beiträgt, den Fall zu erhellen, in dem so vieles offen oder unklar zu sein scheint? Was man gesichert weiß: Hanna feierte wie Hunderte anderer Besucher, auch in der Nacht auf den 3. Oktober 2022, im Aschauer Club „Eiskeller“. Um halb drei verließ sie den Club, alleine, um sich zu Fuß auf den Weg zu ihrem Elternhaus zu machen. Dort kam sie nie an. Am frühen Nachmittag des 4. Oktober entdeckte ein Spaziergänger ihren leblosen Körper in der Prien, acht Kilometer von der Stelle entfernt, an dem er nach Vermutung der Ermittler ins Wasser gelangt war – am Parkplatz der Kampenwandbahn.

Der Beschuldigte war bereits als Zeuge vernommen worden

Gut sieben Wochen später, Ende November 2022, nahm die Polizei einen jungen Mann im Alter zwischen 18 und 21 Jahren fest. Er war in der fraglichen Nacht beim Joggen gesehen und von der Polizei bereits als Zeuge vernommen worden, bevor sich die Verdachtsmomente gegen ihn mehrten und erhärteten. Womöglich hatten Aussagen von anderen Clubbesuchern – die Polizei hatte Hunderte von Vernehmungen geführt – die Ermittler auf die Spur des jungen Mannes gebracht. In die Ermittlungen hatte sich auch der bekannte Ermittler Alexander Horn mit der Operativen Fallanalyse eingeschaltet.

Dennoch scheinen noch viele Fragen offen zu sein. Dass der junge Mann die Gewalttat beging, muss der Staatsanwalt vor Gericht erst noch darlegen, ebenso wie den Tathergang, von dem abhängt, ob das Gericht das Verbrechen als Mord oder als Totschlag betrachtet. Von einem bevorstehenden „Indizienprozess“, in dem sich die Staatsanwaltschaft schwertun werde, ein Mordmerkmal zu belegen, spricht Rechtsanwalt Baumgärtl. 20.000 Seiten an Akten sind an das Gericht übergeben worden. Darunter viele Gutachten, die zum Beispiel belegen sollen, welche Verletzung woher rührt.

Beschuldigter bleibt in U-Haft in Traunstein

Seit seiner Festnahme sitzt der junge Mann in Traunstein in Untersuchungshaft, ohne gegenüber den Behörden Angaben zu einem Tathergang gemacht zu haben. Das Oberste Landesgericht in München hat fristgemäß die Umstände der Untersuchungshaft für den jungen Mann geprüft. Grundsätzlich beträgt die maximale Dauer der Untersuchungshaft nur sechs Monate. Sie darf nur dann verlängert werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund die Fortdauer rechtfertigen.

Derzeit prüft das Gericht in Traunstein noch die Anklageschrift. Es sei noch nicht absehbar, wann das Gericht über die Zulassung der Anklage entscheide, sagt Andrea Tietz, Vizepräsidentin des Landgerichts Traunstein. Erst dann werde man auch Termine nennen. Im Spätsommer könnte es losgehen. „Ich gehe sicher davon aus, dass die Verhandlung noch in diesem Jahr beginnt“, sagte Tietz auf OVB-Anfragen.

 

Kommentare