Trauerfeier des Inn-Salzach-Klinikums
„Ich vermisse ihn unendlich“ - Berührender Abschied von ermordetem Oberarzt Rainer Gerth in Gabersee
Verzweiflung, Fassungslosigkeit: Das sind nach wie vor die prägenden Gefühle im kbo-Inn-Salzach-Klinikum, wo am 8. April Oberarzt Rainer Gerth ermordet wurde. Bei der Trauerfeier in der Gaberseer Kirche nahm die Klinikfamilie Abschied von einem exzellenten Arzt und besonderen Menschen. Berührendster Moment: die Worte von Rainer Gerths Partnerin.
Wasserburg – „Ich vermisse ihn unendlich“, sagte Yasemin Icsezer mit Tränen erstickter Stimme. Sie sprach bei der Trauerfeier in einer Doppelrolle: als Mitarbeiterin des kbo-Inn-Salzach-Klinikums Wasserburg und als Partnerin von Rainer Gerth. Eine emotional sehr berührende Szene in der Kirche von Gabersee.
„Ich bin untröstlich“, sagte Yasemin Icsezer. Sie spüre eine Trauer, „die kaum auszuhalten ist“: „um einen ausgezeichneten Arzt und besonderen Menschen“. Der plötzliche Verlust reiße ein großes Loch in ihr Leben, denn gemeinsam hätten sie bereits den Ruhestand geplant gehabt. In ihrem Herzen werde Rainer Gerth jedoch immer lebendig bleiben. Gutgetan hätten ihr außerdem die mitfühlenden Worte und Gesten in den vergangenen Wochen seit der Ermordung und bei der Trauerfeier.
„Schrecklichstes Ereignis in meinem Berufsleben“
Es war eine ökumenische Feier in der Gaberseer Kirche, die auch die Verzweiflung der Klinikfamilie deutlich machte. Ärztlicher Direktor des kbo-Inn-Salzach-Klinikums, Professor Dr. Peter Zwanzger, sprach von einer nach wie vor herrschenden Fassungslosigkeit angesichts der Tat. „Es war das schrecklichste Ereignis in meinem ganzen Berufsleben.“ Unvorstellbar sei es für ihn als Klinikchef gewesen, dass einmal ein Mitarbeiter in Ausübung seiner Aufgabe sein Leben verlieren könnte. Die Tat erfülle die Klinikgemeinschaft mit großem Schmerz, „aber auch mit Wut, darüber, dass wir nicht in der Lage waren und sind, ein solch grausames Verbrechen zu verhindern.“
„Wohlwollender, freundlicher, hilfsbereiter Ratgeber“
Rainer Gerth sei nicht nur ein „hervorragender Arzt“, sondern auch „besonderer Mensch“ gewesen. Fast 35 Jahre war er am Inn-Salzach-Klinikum tätig, schloss hier laut Zwanzger 1998 seine Facharztausbildung ab, wurde Oberarzt, 2017 der stellvertretende Leiter des Maßregelvollzugs. Rainer Gerth sei auch ein exzellenter Gutachter gewesen, den Kollegen ein wohlwollender, freundlicher, hilfsbereiter Ratgeber. Er habe sich nicht nur für die Forensische Klinik verantwortlich gefühlt, sondern sei dem ganzen Haus sehr verbunden gewesen. Rainer Gerth habe außerdem an der Schule für Krankenpflege unterrichtet. Jederzeit habe er jedem mit seinem großen Erfahrungsschatz zur Seite gestanden. Trotz seiner großen fachlichen Kompetenz und Expertise hat Rainer Gerth nach Angaben von Zwanzger seine Bescheidenheit im Auftreten ausgezeichnet. Ruhig und besonnen sei er stets gewesen, gerne auch mit leisem, „verschmitzten Humor“. „Wir haben einen großartigen Arzt und Kollegen verloren. Wir werden ihm für immer in Dankbarkeit verbunden sein.“
Rainer Schneider, stellvertretender Bezirkstagspräsident, würdigte ebenfalls das berufliche Lebenswerk von Rainer Gerth, der ein hervorragender Psychiater gewesen sei. Er habe sich intensiv verbunden gefühlt mit dem Klinikum und mit den Kollegen, aber auch mit den „Menschen, um die er sich als Arzt gekümmert hat“. Dass ausgerechnet einer dieser Menschen ihm nun das Leben genommen habe, sei nach wie vor unfassbar. Der Beruf in der Psychiatrie, vor allem in der Forensik, sei mit Risiken verbunden. Ärzte wie Rainer Gerth, die auch als Gutachter tätig seien, würden sich besonders exponieren. Doch trotz aller Vorsichts- und Sicherheitsmaßnahmen könne nie ganz ausgeschlossen werden, dass jemand nach einer Entlassung aus dem Maßregelvollzug eine Straftat begehe.
„Geplante Tat eines psychotischen Menschen“
„Das Geschehene lässt uns ratlos zurück“, betonte Schneider. Als Arbeitgeber trage der Bezirk mit seinen Fachkrankenhäusern die Verantwortung dafür, die Risiken für die Mitarbeiter zu minimieren. „Doch das war meiner Überzeugung nach die geplante Tat eines psychotischen Menschen, bei der alle Vorkehrungen versagen mussten.“ Deshalb gelte es jetzt trotz aller Verzweiflung und Fassungslosigkeit keine überstürzte Entscheidungen über mögliche Maßnahmen zu treffen. Nach wie vor stehe das Kommunalunternehmen kbo für eine offene, gemeindenahe Psychiatrie. Der Vertreter des Bezirks warnte auch davor, vor dem Hintergrund der Tat psychisch schwerkranke Menschen zu stigmatisieren. „Das wäre auch nicht im Sinne von Rainer Gerth.“ Er habe seine berufliche Tätigkeit in der Forensik als Lebensaufgabe angesehen, sei auch menschlich gesehen ein Vorbild gewesen.
Zu Lebzeiten hatte Rainer Gerth laut Schneider entschieden, auf dem klinikeigenen Friedhof begraben zu werden. Hier hatten vor der Trauerfeier Vertreter des Bezirks und der Klinikleitung einen Kranz niedergelegt.
Ökumenische Trauerfreier
Viele Trauergäste trugen sich außerdem in das Kondolenzbuch ein, das in der Kirche auslag. Durch die ökumenische Trauerfeier, begleitet von einfühlsamer moderner Musik, führten Diakon Rainer Borgfeld und der evangelische Pfarrer Holger Möller. Unter den Gästen waren neben der Familie von Rainer Gerth und seiner Partnerin unter anderem auch Wasserburgs Dritte Bürgermeisterin Edith Stürmlinger, Kollegen aus der Ärzteschaft, dem Pflege- und Therapiepersonal, aus der Verwaltung, darunter auch Geschäftsführer Dr. Karsten Jens Adamski und sein Vorgänger im Amt, Dr. Theodor Danzl, außerdem viele Vertreter der Romed-Klinik, das mit dem ISK gemeinsam im neuen Großklinikum ansässig ist.



