Nachfolger des „Chiemseewirts“
„Wir wollen den größten Stammtisch am Chiemsee“: Mesnerwirt in Gstadt öffnet im März
Raphael und Rebekka Schneider öffnen ab 1. März das Wirtshaus „Mesnerwirt“ in Gstatd-Gollenshausen. Sie wollen das Lokal als typisch bayerische Gaststätte betreiben, für den Tourismus und Einheimische. Aber was ist eigentlich typisch bayerisch? Das und vieles mehr erzählen sie, als sie dem OVB einen exklusiven Einblick geben.
Gstadt – „Als wir in der Dorfchronik blätterten und gesehen haben, dass 1810 das Haus hier erstmals erwähnt wurde und der Mesner drin wohnte, war uns klar, dass wir unser Lokal Mesnerwirt nennen wollen“, erzählt Raphael Schneider. Zusammen mit Frau Rebekka sind sie die neuen Pächter des Lokals in Gollenshausen, nahe der Kirche. Zum 1. März öffnen sie erstmals die Türen für Gäste unter dem neuen Namen. Bekannt war das Gasthaus vorher als „Chiemseewirt“, die alten Pächter gingen Ende Mai vergangenen Jahres. Die Gemeinde Gstadt, der das Gebäude gehört, nutzte die Zeit, um das Wirtshaus mit Personalwohnungen zu renovieren.
Mesnerwirt in Gstadt-Gollenshausen will als bayerisches Wirtshaus überzeugen




Über 100.000 Euro wurden investiert, wie Stefan Rieplhuber, zuständig für die Liegenschaften der Verwaltungsgemeinschaft Breitbrunn, erzählt. Auch Gsatds Bürgermeister Bernhard Hainz ist beim Gespräch mit dem Ehepaar Schneider und dem OVB dabei. „Die Entscheidung für die Schneiders war eindeutig“, sagt Hainz, rund 30 Leute hatten sich bei der Gemeinde beworben. „Von Dönerbude bis Traumtänzer war alles dabei“, berichtet Rieplhuber und ergänzt: „Es ist gar nicht so einfach, jemanden herauszufinden, der gut ist, der enthusiastisch und leidenschaftlich an die Sache rangeht.“ Und Hainz sagt: „Wir haben uns absichtlich Zeit gelassen. Wir hätten auch nach 14 Tagen wen Neues drin haben können, aber das wäre nicht im Sinne der Traditionswirtschaft gewesen.“
Viel Herzblut und Glücksfall
Bei Familie Schneider haben die Zuständigen direkt gemerkt, wie viel Herzblut sie in die Sache stecken wollen. „Sie haben einen sehr guten Ruf. Es ist natürlich ein Glücksfall, dass wir jemanden aus der Gegend haben“, so Hainz. Die Schneiders sind seit 2019 im Chiemgau heimisch, leben seither in Breitbrunn. Kennengelernt haben sie sich 2016 in München. Auf Rebekkas Arbeit im Münchener Westen. Sie ist gelernte Restaurantfachfrau, er war zuletzt Küchenchef im Gasthaus zur Linde auf der Fraueninsel.
„Wir sind froh, dass wir wen bekommen haben, der die bayerische Gastronomie hochhält.“
„Das Haus sagt uns wirklich von A bis Z zu: Es ist urig und traditionell. Genau das was wir suchen, kein neumodischer Schnickschnack“, ergänzt der gelernte Koch. Auf der Fraueninsel war der Fokus auf dem Tagestourismus, der Mesnerwirt soll „auch ein Wirtshaus für die Einheimischen“ werden. Genau das suchte auch die Gemeinde, Rieplhuber: „Wir sind froh, dass wir wen bekommen haben, der die bayerische Gastronomie hochhält.“ Die Zusammenarbeit sei langfristig ausgelegt, deshalb auch die hohen Investitionen.
Der Sanitärbereich wurde renoviert, der alte Roßstall, der gemütliche Keller des Lokals, erhielt einen neuen Boden. Der restliche Boden wurde abgeschliffen, die Decken gestrichen. Im großen Saal, der mit Platz für 160 Menschen für Festlichkeiten aller Art belebt werden soll, finden die letzten Ausbesserungsarbeiten statt. Auch der Außenbereich soll bis zur Eröffnung am 1. März fertig sein.
Neuer Boden, alte Lampen
Ansonsten wurde möglichst viel erhalten, so auch die alten Lampen von der Inseltöpferei Klampfleuthner auf der Fraueninsel. Einen besonderen Schatz entdeckte Raphael Schneider auf dem Dachboden: zwei alte Holzradl mit Lampen aus altem Schweineleder. „Zuerst hing ich sie nur provisorisch auf. Aber sie gefielen uns immer mehr und jetzt bleiben sie hängen“, sagt Schneider.
Raphael Schneider wird in der Küche stehen, Rebekka Schneider zunächst eher im Hintergrund für das Administrative und die Buchungen zuständig sein. „Wenn die Kinder dann beide im Kindergarten sind, dann bin ich auch mehr vorn im Lokal zugange“, beschreibt sie. Mit Spannung wird die Karte erwartet, die sei noch nicht ganz fertig, „es wird auf jeden Fall typisch bayerisch“, so der Küchenchef.
Aber was ist typisch bayerisch für die beiden? Nach kurzem Überlegen sagt Raphael Schneider: „Also hauptsächlich ist das für mich, die bayerischen Lebensmittel zu verwenden und daraus neue Gerichte zu kreieren. Aber natürlich auch ein gutes Kesselfleisch oder ein Lüngerl.“ Rebekka Schneider ergänzt, dass ein Schweinebraten nicht fehlen darf und ihrem Mann fallen noch die Fischgerichte ein.
„Vegan ist ja nichts Schlimmes.“
Es soll auch immer ein veganes Gericht geben: „Vegan ist für mich ein ziemlich großes Thema, weil ich mag keine veganen Gerichte in Lokalen, die da stehen, damit man etwas Veganes auf der Karte hat.“ Laut Raphael Schneider muss es nicht immer Fleisch sein, „vegan ist ja nichts Schlimmes“. Leider sei es bei vielen verpönt: „Wenn man eine Kürbissuppe auf die Karte macht und dazu schreibt, dass sie vegan ist, schreckt es viele ab“. Er selbst habe etwas Zeit zum Umdenken gebraucht, „ich habe in der Ausbildung die klassische französische Küche gelernt und da gab es zwei Sachen, die großgeschrieben wurden: Sahne und Butter.“
Hauptgerichte ab 15 Euro – kann aber auch das Doppelte werden
Damit arbeite er immer noch gerne, versuche es aber genau wie Zucker zu reduzieren. Seine französische Note möchte er auch in die bayerische Küche einfließen lassen, dabei aber nicht nur auf leckeres, sondern auch gesundes Essen zu achten. Die Preise sollen sich dabei bei den Hauptgerichten ab 15 Euro bis Mitte 20 Euro bewegen. Bei speziellen Gerichten, wie einem guten Rib-Eye-Steak werden es aber auch mal über 30 Euro werden.
Die Herausforderung wird dabei der Einkauf sein, so Raphael Schneider: „Da werden keine Fehler erlaubt sein, dass wir uns beim Einkaufen verkalkulieren. Das, was wir dann über haben, tut dann richtig weh, gerade bei den regionalen Produkten.“ Natürlich bekommen die Schneiders auch das Gastronomie-Sterben im Chiemgau mit. „Da macht man sich schon extrem viele Gedanken. Aber dadurch, dass wir jetzt schon länger hier in der Region sind und auch arbeiten, sind wir davon überzeugt, dass wir hier sehr gut starten können und wir das hier richtig schön aufleben lassen können“, so der Familienvater.
„Wir wollen den größten Stammtisch am Chiemsee haben, was die Personen angeht.“
Und dann hat er noch ein ganz spezielles Ziel vor Augen: „Früher war das Lokal hier bekannt dafür, den größten Stammtisch zu haben, was die Tischgröße angeht. Wir wollen den größten Stammtisch am Chiemsee haben, was die Personen angeht“. Bei der Bierauswahl waren für ihn zwei Faktoren entscheidend: die Regionalität und sein eigener Geschmack. Beides führte zum Hofbräuhaus Traunstein.
Eine der Wohnungen über dem Lokal wollen die Schneiders für sich einrichten, „damit wir Familie und Arbeit besser unter einen Hut bekommen und auch mal eine Schlafmöglichkeit hätten“, erklärt Raphael Schneider. Dann wohnen die Mesnerwirte zumindest teilweise wieder im Mesnerhaus.

