Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Keine Aussagen zu möglichem Asylbewerberheim

Nach Protesten in Kolbermoor: Haben Bürger einen Anspruch auf Auskunft?

Informationen zur möglichen Unterbringung von Asylbewerbern in der Kolbermoorer Breitensteinstraße forderten Bürger am 14. Februar auf dem Rathausplatz. Doch auch Bürgermeister Peter Kloo (rechts oben) hatte keine Antworten. Dr. Franz Dirnberger vom Bayerischen Gemeindetag (Mitte) sagt, dass auch die Kommunen froh wären, wenn sie rechtzeitig informiert würden. Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages, macht auf die zugespitzte Situation aufmerksam und befürchtet, dass Integration auf kommunaler Ebene scheitert.
+
Informationen zur möglichen Unterbringung von Asylbewerbern in der Kolbermoorer Oberen Breitensteinstraße forderten Bürger am 14. Februar auf dem Rathausplatz. Doch auch Bürgermeister Peter Kloo (rechts oben) hatte keine Antworten. Dr. Franz Dirnberger vom Bayerischen Gemeindetag (Mitte) sagt, dass auch die Kommunen froh wären, wenn sie rechtzeitig informiert würden. Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages, macht auf die zugespitzte Situation aufmerksam und befürchtet, dass Integration auf kommunaler Ebene scheitert.

Ihr Recht auf Information forderten Kolbermoorer Bürger im Februar vor dem Rathaus ein. Fünf Wochen später wissen sie immer noch nicht, ob in der Oberen Breitensteinstraße ein Asylbewerberheim eingerichtet werden soll. Doch wie weit reicht der Anspruch der Bürger auf Auskunft eigentlich? Die OVB-Heimatzeitungen haben nachgefragt.

Kolbermoor – Wird in der Stadt ein Asylbewerberheim eröffnet oder nicht? Auf diese Frage gibt es auch fünf Wochen nach den Protesten auf dem Kolbermoorer Rathausplatz keine Antwort. Etwa 90 Bewohner des Siedlungsgebietes zwischen Brückenstraße und Zugspitzstraße hatten für mehr Transparenz bei der möglichen Umnutzung eines Gebäudes in der Oberen Breitensteinstraße als Flüchtlingsunterkunft demonstriert.

„Wir zeigen Präsenz, weil wir als Anwohner über solch gravierende Änderungen in unserem Wohngebiet informiert werden wollen. Wofür haben wir denn eine Demokratie?“, war der Grundtenor der Menschen, die sich vor dem Rathaus versammelt hatten. Doch gibt es in einer Demokratie auch einen grenzenlosen Anspruch der Bürger auf Informationen? Die OVB-Heimatzeitungen haben nachgefragt.

Landratsamt informiert, wenn Mietvertrag abgeschlossen ist

Aus dem Landratsamt Rosenheim, der zuständigen Behörde für die Unterbringung von Flüchtlingen, gibt es keine Neuigkeiten: „An unserer letzten Aussage vom 13. Februar hat sich nichts geändert“, antwortet Pressesprecherin Ina Krug auf die wiederholte Anfrage der OVB-Heimatzeitungen zu einem möglichen Asylbewerberheim in Kolbermoor.

Der Landkreis Rosenheim sei nach wie vor sehr intensiv auf der Suche nach Unterkünften oder Grundstücken, die sich für die Unterbringung von Flüchtlingen eignen. „Über uns gemeldete Angebote zur Unterbringung von Flüchtlingen geben wir keinerlei Auskünfte. Erst wenn ein Mietvertrag abgeschlossen und absehbar ist, wann eine Belegung erfolgen kann, werden die Rathauschefs der jeweiligen Kommunen darüber informiert“, betont Krug. „Diese Vorgehensweise“, so erklärt sie weiter, „hat sich in den vergangenen Jahren bewährt“ und diene vor allem „dem Schutz der Eigentümer der Immobilien oder Grundstücke“.

„Müsste das Landratsamt nicht wenigstens darüber informieren, ob und mit wem es verhandelt, und wie der aktuelle Stand der Verhandlungen ist“, fragten Kolbermoorer Bürger bei den OVB-Heimatzeitungen nach. „Es gibt keinen allgemeinen Auskunftsanspruch der Bürger“, erklärt Dr. Franz Dirnberger, der Direktor des Bayerischen Gemeindetags. Vielmehr sei es immer eine Frage des pflichtgemäßen Ermessens der Behörde, ob im individuellen Fall ein Anspruch auf Auskunft bestehe.

Privatrecht setzt Auskunftsrecht klare Grenzen

In Bayern gibt es ein „allgemeines Recht auf Auskunft“. Wie dieses zu verstehen ist, und wo es seine Grenzen hat, wird in einer Broschüre des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz erklärt. Dort heißt es unter anderem: „Es eröffnet Bürgern den Zugang zu einer Vielzahl von Akten und Dateien, also beispielsweise zu Sitzungsunterlagen öffentlicher Sitzungen des Gemeinderats oder zu gemeindlichen Haushaltsplänen.“ Sobald allerdings die Privatrechte Dritter betroffen sind, informiert das Bayerische Innenministerium, „müssen zum Schutz von personenbezogenen Daten . . . die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben gewahrt werden.“

Nach Paragraph 9, Absatz 2 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern darf „Auskunft oder Akteneinsicht“ beispielsweise „nicht gewährt werden, wenn besondere Rechts- und Verwaltungsvorschriften, das öffentliche Interesse oder überwiegende Interessen Dritter entgegenstehen“. Im konkreten Einzelfall in Kolbermoor wären das also beispielsweise die Privatrechte der Eigentümer von Grundstücken oder Gebäuden.

Keine Auskunft über laufende Beratungen

Nach Artikel 39 Absatz 1 Satz 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes kann die Auskunft auch dann verweigert werden, wenn „sich das Auskunftsbegehren auf den Verlauf oder auf vertrauliche Inhalte laufender oder abgeschlossener behördeninterner Beratungen oder auf Inhalte aus nicht abgeschlossenen Unterlagen oder auf noch nicht aufbereitete Daten bezieht.“ Genau das ist nach Auskunft des Landratsamtes in Kolbermoor der Fall.

Bürgermeister Peter Kloo hatte extra noch einmal persönlich bei Landrat Otto Lederer nachgefragt und die Information erhalten, dass „es eine Anfrage beim Landratsamt gab, ob eine andere Nutzung für das Gebäude denkbar wäre“, es „derzeit aber keinen verhandelten Mietvertrag vom Landratsamt für das Gebäude“ gebe.

Anspruch auf Auskunft hat jeder Bürger. Zudem sind die Behörden untereinander auskunftspflichtig. Was die Unterbringung von Asylbewerbern betrifft, wünschten sich auch die Städte und Gemeinden frühzeitigere Informationen: „Wir würden uns als Gemeinden auch freuen, wenn die Landratsämter rechtzeitig informieren würden, wann wie viele Asylbewerber aus welchen Ländern ankommen, damit wir uns vorbereiten können“, sagt der Direktor des Bayerischen Gemeindetags. In der Praxis sei dies aber für die Landratsämter schwierig und gar nicht realisierbar, da sie selbst kurzfristig auf die Zuteilung von Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen reagieren müssten.

Kommunale Flüchtlingsaufnahme ist am Limit

Thomas Karmasin, Landrat von Fürstenfeldbruck und Präsident des Bayerischen Landkreistages, weist auf die zugespitzte Situation in den Kommunen hin: „Ohne eine spürbare Begrenzung des ungesteuerten Zugangs vor Ort wird die Integration auf kommunaler Ebene scheitern. Die Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten, die Ressourcen für die soziale Betreuung sowie die notwendigen Plätze für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Schulen sind nahezu erschöpft. Die Kommunen können diese von außen geschaffene Sondersituation nicht ohne die Europäische Union und den Bund lösen.“

Kommunen und Landkreise sind am Limit. Wäre es gerade in einer solchen Situation nicht ratsam, die Bürger von Beginn an mit einzubinden, sie so zeitig wie möglich über die geplante Unterbringung von Asylsuchenden zu informieren und gemeinsam mit den Bürgern ehrenamtliche Betreuungsstrukturen aufzubauen? Eine Frage, die die OVB-Heimatzeitungen dem Bayerischen Landkreistag gestellt haben. „Jede Landrätin und jeder Landrat entscheidet selbst, wie er die Bevölkerung bei der Unterbringung einbindet beziehungsweise informiert“, betont Sarah Honold, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bayerischen Landkreistages. „Ich bitte um Verständnis, dass wir uns zur Handhabung der Information über die Unterbringung von Asylbewerbern in Landkreisen deswegen nicht äußern.“

Landratsamt prüft Vorschlag der Bürger

Die Menschen aus der Siedlung zwischen Brückenwirt und Zugspitzstraße waren im Februar nicht mit leeren Händen zum Gespräch mit dem Bürgermeister gekommen. „Es gibt ein leerstehendes Klinikum in Lauterbach. Es ist in einem guten Zustand, verfügt über weiträumige Grünflächen und wäre ideal für die Unterbringung von geflüchteten Familien mit Kindern“, erklärte Hans Hafner von der Bürgerinitiative, der das vorab mit dem Eigentümer des Geländes abgestimmt hatte. „Dadurch könnte die prekäre Unterbringungssituation für den Landkreis erheblich entspannt werden“, sagte auch Peter Zach. Inzwischen, so informierte er auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen, hätten dazu Gespräche mit dem Landrat stattgefunden. „Unser Vorschlag wird ernst genommen und geprüft“, informierte Zach. Zudem sei ihm versprochen worden, „dass sich das Landratsamt um eine sozial verträgliche Unterbringung von Asylbewerbern bemüht“.

Bislang keine Umnutzung beantragt

Was die Zukunft des Pflegeheimes in der Oberen Breitensteinstraße in Kolbermoor betrifft, informierte Bürgermeister Peter Kloo Mitte Februar darüber, dass der Pachtvertrag für das Gebäude noch bis 2027 Gültigkeit habe und ungekündigt sei. Inzwischen wurde der Verwaltung mitgeteilt, dass die Bewohner des „Haus Mangfall“ Ende Mai ins neue Domizil im Conradty-Gelände umziehen.

Bis dato ist in der Stadtverwaltung kein Antrag auf Umnutzung des Gebäudes eingegangen, informierte das Bauamt. Die Frage sei allerdings, ob ein solcher Antrag überhaupt erforderlich wäre, da sich die Nutzungsarten – die Betreuung von Menschen – ähnelten. Darüber, so die Bauverwaltung, entscheide letztlich das Landratsamt.

Kommentare