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„Brisante Situation“ an der Kreisstraße

„Katastrophe“ am Ortseingang von Kolbermoor? Nach Emily (9) schlagen nun die Anwohner Alarm

Anwohner Prof. Dr. Karl Auerswald steht an der Aiblinger Straße am Ortseingang von Kolbermoor und spricht über die Verkehrsprobleme.
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Anwohner Prof. Dr. Karl Auerswald steht an der Aiblinger Straße am Ortseingang von Kolbermoor und spricht über die Verkehrsprobleme.

Nachdem bereits die 9-jährige Emily vor Weihnachten eine Verbesserung gefordert hatte, üben nun weitere Anwohner Kritik. Mit Erfolg? Warum das Leben entlang der Kreisstraße RO13 in Kolbermoor so gefährlich ist und was die Behörden zur „brisanten Situation“ sagen.

Kolbermoor – Viel Aufmerksamkeit hatte der Brief der kleinen Emily erregt, als sie sich kurz vor Weihnachten mit einem Wunschzettel an die Bürgermeister aus Kolbermoor und Rosenheim gewandt hatte. Die 9-Jährige wohnt in der Aiblinger Straße und hat auf ihrem Schulweg fast täglich Probleme, diese zu überqueren. Neben dem regen Verkehr kommt hinzu, dass es auf ihrer Straßenseite keinen Bürgersteig gibt, auf dem das Mädchen bis zur einzigen, weiter unten gelegenen Querungshilfe gelangen könnte. Ihr Brief landete letztlich auch bei Landrat Otto Lederer. Emily wünscht sich eine Ampel oder einen Zebrastreifen.

Die Schülerin bekam von den Behörden zwar tatsächlich Antworten. Ihr großer Wunsch nach einer deutlichen Verbesserung der dortigen Verkehrssituation blieb jedoch bislang unerfüllt. Auch bei anderen Anwohnern der Kreisstraße RO13 hat sich längst Unmut breit gemacht. „Das ist eigentlich eine Katastrophe“, bringt es Dr. Karl Auerswald auf den Punkt, während er an der Straße entlang läuft. Autos und Lkw rauschen mit geringem Abstand an ihm vorbei. Der pensionierte Professor lebt seit anderthalb Jahren in einer der zahlreichen Stichstraßen, die von der Aiblinger Straße abzweigen.

Anwohner: „Totaler Wahnsinn“

Er blickt auf einen monatelangen Austausch mit der Stadt und dem Landratsamt zurück, in dem er auf die problematische Situation aufmerksam gemacht habe. „Das ist ein totaler Wahnsinn“, sagt Auerswald. Wenn schon kein Bürgersteig errichtet oder eine Ampel angebracht werden kann, dann sollte wenigstens die Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert werden, betont Auerswald. Dabei bezieht er sich vor allem auf den Bereich um die Ortseinfahrt in Lohholz (von Bad Aibling kommend). Die Bewohner des dortigen Seniorenheims würden hier ohne Bürgersteig direkt auf die viel befahrene Straße laufen. „Und mit Rollator sind sie nicht so beweglich und können auch nicht so schnell auf den Verkehr reagieren.“

Bei entsprechendem Verkehr kann es auf der Aiblinger Straße durchaus mal eng werden.

Gleiches Problem treffe etwa Schüler, die auf der Seite ohne Bürgersteig an der naheliegenden Bushaltestelle aussteigen und sodann fast auf der Straße beziehungsweise auf der angrenzenden Wiese stehen. „Das Problem des fehlenden Gehsteiges zieht sich lange weiter“, sagt der Kolbermoorer und zeigt mit dem Finger die Aiblinger Straße entlang stadteinwärts. Etliche Stichstraßen, aus denen unter anderem zahlreiche Kinder ihren Schulweg antreten, hätten ohne Bürgersteig, ohne Querungshilfe und ohne Temporeduzierung ein massives Problem. Auerswalds Sorge: „Ich befürchte, dass den Verantwortlichen die Flüssigkeit des Verkehrs wichtiger ist.“

Hoffen auf Tempo 30

Doch trotz der misslichen Lage blickt Auerswald nicht ohne Optimismus in die Zukunft. „Ich glaube schon, dass wenigstens Tempo 30 kommen wird.“ In seiner vorherigen Heimat Freising habe er bereits erfolgreich für zahlreiche Verbesserungen im Verkehr gekämpft. Und auch hier will er im Zweifelsfall auch den juristischen Weg einschlagen, sollte sich nichts an der jetzigen Situation verändern. Das Seniorenheim selbst hat bislang nicht auf OVB-Anfrage reagiert.

Kann nur schmunzelnd mit dem Kopf schütteln: Prof. Dr. Karl Auerswald steht auf einem schmalen matschigen Streifen, der als Bushaltestelle fungiert. Diese sei gerade für Senioren nur schwer erreichbar, zumal es auf dieser Straßenseite keinen Bürgersteig gibt.

In seinen Schriftwechseln mit dem Landratsamt fordert Auerswald dennoch konkret die streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auf einer Länge von 300 Metern um den Zugang zum dortigen Seniorenheim an der Aiblinger Straße. Damit bezieht er sich auf die Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung. Vor Ort zeigt Auerswald dann eben diesen „direkten Zugang zur Aiblinger Straße“. Doch ob dieser Zugang wirklich ein direkter zur Kreisstraße ist, scheint Auslegungssache zu sein. Denn wie das Landratsamt auf OVB-Anfrage mitteilt, gebe es „keinen direkten Zugang“ vom Seniorenheim auf die Aiblinger Straße, welcher eine Tempo-Reduzierung vor sensiblen Einrichtungen rechtfertigen würde.

Grüne sehen „Katastrophe“ für Kinder

Auerswald kann diese Auslegung nicht nachvollziehen – und ist damit nicht alleine. Bei einer Veranstaltung der Kolbermoorer Grünen kamen kürzlich zahlreiche Anwohner der Kreisstraße zusammen, um sich über die brisante Verkehrslage auszutauschen. Wie Else Huber vom Grünen-Ortsverband mitteilt, sei die Verkehrssituation nach wie vor am Eingang von Kolbermoor, in Lohholz, eine „Katastrophe“ für Kinder, Senioren und Radfahrer. Die Anwohner sähen das Fehlen eines rechtsseitigen (Richtung Innenstadt) Bürgersteigs bis zum BMX-Platz als äußerst problematisch. Auch ein Radstreifen fehle. Dazu komme, dass auch ein Angebotsstreifen (gestrichelte Abtrennung) für Fußgänger und Radlfahrer als unsicher bewertet werde.

Ein Blick stadteinwärts in die Aiblinger Straße.

Radlfahrer flüchteten deshalb auf den linksseitigen Bürgersteig. Der „fließende“ Auto-Verkehr auf der Aiblinger Straße werde immer mehr und immer schneller, so Huber über die Sorgen der Anwohner. Bei der Veranstaltung sei auch die „besonders brisante Lage um das Seniorenheim herum“ zur Sprache gekommen. Laut Huber gebe es seit 2016 um Kindergärten, Kurstädte oder Altenheime Erleichterungen nach der Straßenverkehrsordnung für die Einführung von Tempo 30, auch dann, wenn der Eingang nur im Nahbereich sei. Für das sichere Wechseln der Straßenseite brauche man entweder einen Zebrastreifen, eine Querungshilfe oder eine Ampel.

Warum ändert sich nichts?

Doch warum ist das eigentlich grundsätzlich in der Aiblinger Straße nicht umsetzbar? Laut Landratsamt ist die Situation an der RO13 vor Ort geprüft und begutachtet worden. „Aktuell liegen nicht die notwendigen Voraussetzungen vor, um einen Zebrastreifen oder eine Ampel zu errichten“, sagt Sibylle Gaßner-Nickl, Pressesprecherin der Behörde. Hierfür müsste es auf beiden Seiten der Straße einen Fußgängerweg geben, damit gewünschte Querungshilfen auf beiden Straßenseiten gut erreicht werden können. „Zudem muss es auf dem Gehweg genügend Platz für Personen geben, die an der Ampel warten“, so die Sprecherin. Der Knackpunkt: Um einen zweiten Gehweg auf der anderen Straßenseite zu bauen, sei laut Landratsamt aktuell „nicht genügend Platz vorhanden“.

Die Straße ist also schlicht zu schmal. Ernüchternd für die Betroffenen dürfte zudem die Auskunft des Landratsamtes sein, wonach „aktuell weder straßenverkehrsrechtliche noch bauliche Maßnahmen an der Aiblinger Straße geplant“ seien. Verständnis dafür, „warum in den letzten 20 Jahren kein einziger Meter Bürgersteig von Lohholz bis BMX-Parkplatz gebaut wurde“, können die Kolbermoorer Grünen dennoch nicht aufbringen. Die Situation der Kreisstraße RO13 durch Kolbermoor habe sich mit der großen Bautätigkeit grundlegend geändert, erläutert die Stadt- und Kreisrätin Andrea Rosner.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte seien diese Gebiete zu großen Wohngebieten entwickelt worden und man sollte die Aiblinger Straße bis zur Brückenstraße nun als Innenstadtstraßen betrachten, weshalb gerade Fuß- und Radquerungen aktiv gestärkt werden müssten. Immerhin freue man sich über die zuletzt im Stadtrat erfolgte Entscheidung, wonach endlich ein durchgehender Fuß/Radweg von der BMX-Bahn bis zur Fußgänger-Bahnschranke geplant sei.

„Elektrischer Zeigefinger“ am Straßenrand aufgestellt

Und ein bisschen was scheint sich doch auch jetzt schon entlang der Kreisstraße zu tun. Wie die Grünen dem OVB mitteilen, sei auf Anregung von Andrea Rosner die Zählung des motorisierten Verkehrs und dessen Geschwindigkeit veranlasst worden sowie das Aufstellen eines „elektronischen Zeigefingers“, der die jeweilige Geschwindigkeit anzeige.

Darauf angesprochen, verwies das Landratsamt auf das Ordnungsamt der Stadt Kolbermoor, das vor Ostern jedoch nicht mehr für eine Stellungnahme verfügbar war. „So ein elektronischer Zeigefinger ist an sich ja ganz nett, aber er hilft den Kindern letztlich auch nicht über die Straße“, betont indes Lilly Karoß, Mutter der 9-jährigen Emily. Zumal die Anzeige nach wenigen Tagen nicht mehr funktioniert habe. Karoß berichtet ernüchtert von Briefen des Landrates an ihre Tochter, in denen Lederer bedauerte, dass weder eine Ampel noch ein Zebrastreifen möglich sei.

Familie Karoß denkt über Bürgerbegehren nach

Aufgeben wolle ihre Familie deshalb aber nicht. „Wir wollen auf jeden Fall dran bleiben und dem Landrat auch nochmal einen Brief schreiben“, sagt Lilly Karoß. Sie verstehe nicht, warum die Behörden bislang gar nichts bewirken konnten, „das ist einfach ein Bürokratiemonster“. Seitdem Emilys Wunschzettel medial veröffentlicht wurde, habe sie viele verständnisvolle Rückmeldungen erhalten. Auch deshalb glaubt sie, noch etwas bewirken zu können.

Ihr Plan: Sollte sich nicht bald etwas ändern, will Karoß eine Onlinepetition starten, dadurch Unterschriften sammeln und letztlich ein Bürgerbegehren erreichen. „Zumindest soll dort Tempo 30 eingeführt werden, wenn schon kein Bürgersteig, keine Ampel oder kein Zebrastreifen möglich ist.“ Und ein nicht ganz ernst gemeintes Angebot schiebt sie dann noch hinterher: „Ich hätte auch kein Problem damit, einen Zebrastreifen selbst auf die Straße zu malen.“ Die kleine Emily würde dabei sicher gerne helfen.

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