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Mut dank schulischer Bildung

Versklavung, Mord und Brandstiftung erlebt: Wie sich IS-Flüchtling Rani trotzdem in Prien integriert

Rani an seinem Platz in einem Klassenzimmer der kommunalen Realschule Prien
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Rani und seine Familie kamen nach ihrer Flucht vor dem IS ins Chiemgau. Für ihn war es wichtig, sich zu integrieren und schulische Bildung zu erfahren. Mit Erfolg. Er besucht derzeit die 10. Klasse der kommunalen Realschule Prien.

Erst die Flucht aus dem Irak, dann wurde er im Chiemgau Opfer einer Brandstiftung. Rani Addula hatte keine einfache Kindheit. Doch er gab nicht auf, sich zu integrieren und schulisch zu bilden. Über seine Geschichte, und was er anderen Menschen auf den Weg geben will.

Prien/ Bad Endorf – Einen besonderen Titel hat die kommunale Realschule Prien Anfang Januar erhalten. Sie darf sich offiziell „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ nennen. Schüler hatten mit ihren Lehrern dazu verschiedene Projekte gestartet, mit denen sie auf die unterschiedlichen Arten von Diskriminierung aufmerksam gemacht haben. Im Rahmen des Festakts der Titelverleihung gingen die Verantwortlichen genauer darauf ein. Einer der Sprecher: Rani Addula. Der 18-Jährige besucht die 10. Klasse der Realschule. Er weiß, wie schwer es sein kann, sich in einer neuen Gesellschaft zu integrieren, und was es heißt, Diskriminierung zu erleben.

Rani wurde im August 2005 in Shikha, in der irakischen Provinz Ninawa geboren. Er wuchs dort auf, bis er 10 Jahre alt war. Dann mussten er und seine Familie aus ihrem Land flüchten. Der Grund: Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Die sind 2014 in unser Land gekommen“, sagt Rani gegenüber der Chiemgau Zeitung. Ab diesem Moment begann eine Zeit, in der er und seine Familie in Angst leben mussten.

Flucht vor Versklavung, Verschleppung und Mord

Schreckliche Szenen haben sich in seiner Heimat zugetragen. „Die haben Städte zerstört, Frauen versklavt, Menschen verschleppt, und viele umgebracht“, berichtet Rani. Also ergriff die fünfköpfige Familie 2015 die Flucht. „Das war sehr schlimm. Du musst von heute auf morgen deine Sachen und dein ganzes Leben, das du dort hattest, auf einmal zurücklassen“, sagt Rani deutlich ergriffen. An alle Details der Flucht kann er sich nicht mehr erinnern, jedoch sei die Familie auf dem Weg nach Deutschland die meiste Zeit zu Fuß unterwegs gewesen.

In Deutschland angekommen, verschlug es die Familie letztendlich ins Chiemgau. Zuerst kamen sie in der Turnhalle des Ludwig-Thoma-Gymnasiums in Prien unter. Dort haben seine Familie und er einen Monat lang gelebt, zusammen mit weiteren Familien, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, sagt Rani. Der Start in der Grundschule, sei alles andere als einfach gewesen: „Da hatten die meisten noch Angst, ich war der Fremde, der kein Wort deutsch konnte und somit eher der Außenseiter.“ Für die Reaktionen hat Rani im nachhinein jedoch Verständnis. „Die wussten ja nicht, wie sie mit jemandem wie mir umgehen sollen.“

Doch Rani wollte sich integrieren, also habe er sich in der Schule sehr angestrengt, auch bei den Nachbarskindern gefragt, ob er mit ihnen die Hausaufgaben machen darf. So brachte er sich deutsch bei und auch die anderen Kinder lernten ihn besser kennen.

Nach Brandstiftung: Trost in der Schule

Etwas später kam die Familie in eine Wohnung in Bad Endorf. Doch hier mussten sie einen weiteren schweren Schicksalsschlag verkraften. In einer Nacht Anfang April vergangenen Jahres, wurde das Haus, in dem sie wohnten, Opfer einer Brandstiftung. Wie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd mitteilte, konnten Zeugen zwei Personen beobachten, die sich kurz vor Brandausbruch Zutritt in das Gebäude verschafften und wenig später zu Fuß flüchteten. Sie konnten auch auf einer Kamera aufgenommen werden. In einer erneuten Anfrage der Chiemgau Zeitung erklärt ein Polizeisprecher, dass die mutmaßlichen Täter bisher nicht gefasst werden konnten. Die Ermittlungen laufen weiter (Stand: 23. Januar 2024).

Für Rani ein großer Schock: „Du hörst immer davon, dass Deutschland das Land der Freiheit ist, wo du sicher bist. Und dann kommt sowas.“ Auch die Erinnerungen an damals, an die entsetzliche Zeit im Irak, seien in ihm wieder hochgekommen. Die Familie stand somit wieder ohne Dach über dem Kopf da, ohne Kleidung. „Ich hatte nur noch meinen Schlafanzug, den ich getragen hatte, als wir das Haus verlassen mussten“, erinnert sich Rani. „Alles andere war verbrannt.“

Für Rani war aber klar, er lässt sich davon nicht unterkriegen. Nicht, nachdem er sich bereits so gut integriert hatte. „Im Irak war mein Ziel, nach Deutschland zu kommen, das habe ich geschafft. Dann war mein Ziel, Bildung zu erfahren, und das habe ich auch geschafft“, sagt er. In dieser schwierigen Zeit gaben ihm vor allem seine Mitschüler und Lehrer Halt, und spendeten ihm Trost, was Rani sehr stärkte.

Mittlerweile besucht er die 10. Klasse der kommunalen Realschule in Prien. Somit steht der Abschluss bevor. Was Rani danach beruflich machen will, weiß er noch nicht genau. Jedoch will er eine Tätigkeit ausüben, bei der er Menschen helfen kann. „Ich möchte ihnen Mut machen, ihre Ziele zu verfolgen. Außerdem Leuten, denen es so erging wie mir, zeigen, dass man auch als Ausländer alles schaffen kann.“ Zudem plant er in seinem letzten Schuljahr Projekte, mit denen er den Mitschülern und Lehrern seine Herkunft und Kultur näherbringen kann.

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