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Auschwitz-Befreiung jährt sich zum 80. Mal

Erinnerung an NS-Zeit in Gabersee: Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch kommt nach Wasserburg

Das kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg widmet sich 2025 intensiv der Erinnerungskultur. Zur Kranzniederlegung am Mahnmal in Gabersee aus Anlass des Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers von Auschwitz kommt zur Freude des Ärztlichen Direktors Professor Dr. Peter Zwanzger am 28. Januar Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Holocaust-Überlebende.
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Das kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg widmet sich 2025 intensiv der Erinnerungskultur. Zur Kranzniederlegung am Mahnmal in Gabersee aus Anlass des Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers von Auschwitz kommt zur Freude des Ärztlichen Direktors Professor Dr. Peter Zwanzger (links) am 28. Januar Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Holocaust-Überlebende.

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des KZ Auschwitz zum 80. Mal. Am Tag darauf kommt die Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch zu einer Gedenkfeier ins kbo-Inn-Salzach-Klinikum nach Wasserburg. Ärztlicher Direktor Professor Dr. Zwanzger über den hohen Besuch und die Bedeutung der Erinnerungskultur.

Wasserburg – Über 600 Patienten aus der „Heil- und Pflegeanstalt Gabersee“ wurden Opfer des Nationalsozialismus, haben Recherchen des Bezirks Oberbayern ergeben. Sie wurden verschleppt, deportiert, getötet. Dieses Schicksal ereilte auch hunderte Bewohner der heutigen Stiftung Attl. Namentlich, soweit bekannt, gedenkt die Stadt dieser Opfer seit 2020 im zentralen Mahnmal am Heisererplatz. Auch das psychiatrische Fachkrankenhaus in Gabersee und die Stiftung Attl haben auf ihren Geländen Orte der Erinnerung und des Mahnens geschaffen.

Die Stele im Park von Gabersee erinnert an die ermordeten Patienten.

In Gabersee befindet sich dieses Denkmal mitten auf dem parkähnlichen Klinikgelände. Hier wird Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitschen Kultusgemeinde München und Oberbayern, am Dienstag (28. Januar) um 11 Uhr einen Kranz niederlegen. Ein hoher Gast, dessen Teilnahme den Ärztlichen Direktor Professor Dr. Peter Zwanzger emotional sehr berührt. Knobloch unterstreiche mit ihrer persönlichen Teilnahme die Bedeutung des Festaktes, der allen Opfern des Nationalsozialismus gedenken wolle.

Es ist der Auftakt für eine Veranstaltungsreihe. Das Inn-Salzach-Klinikum (ISK) stellt 80 Jahre nach Kriegsende die Erinnerungskultur in den Fokus. Fünf Veranstaltungen sollen das Unfassbare, das während der NS-Zeit auch in Gabersee geschehen ist, aufarbeiten und inhaltlich den Rahmen setzen für einen weiteren Erinnerungsort: Dort, wo die Patienten in Eisenbahnwaggons getrieben und den letzten Weg ins Hartheimer Mordschloss antraten, plant der Bezirk Oberbayern, unterstützt vom Klinikum und der Stadt, ein weiteres Mahnmal. 2026 soll es in die Umsetzung gehen, so Zwanzger.

Psychiatrie-Museum widmet sich intensiv der NS-Zeit in Gabersee

Das kbo-Inn-Salzach-Klinikum hat nach seinen Angaben das dunkelste Kapitel der 140-jährigen Geschichte intensiv aufgearbeitet. Der wichtigste Experte vor Ort: Wolfgang Schmid, ehemaliger Mitarbeiter in Gabersee, Wasserburger Stadtrat, früherer Lehrer an der Krankenpflegeschule und Gründer sowie Initiator des Museums des Fachkrankenhauses. Es widmet der Zeit des Nationalsozialismus in Gabersee einen eigenen Schwerpunkt.

Setzt sich intensiv ein für die Erinnerungskultur: Ärztlicher Direktor Professor Dr. Peter Zwanzger, im Gespräch mit Redakteurin Heike Duczek.

Denn generalstabsmäßig wurden auch Patientinnen und Patienten in den Tod geschickt. „Wie kann das sein?“ Diese Frage stellt sich auch heute der Ärztliche Direktor. Denn für Zwanzger steht fest: „Psychiater können Sie nicht werden, wenn Sie kein Menschenfreund sind.“ Im ISK, eines der größten Fachkrankenhäuser in Deutschland, arbeiten nach seiner Erfahrung „viele gute Leute“, um Menschen zu helfen, die psychisch erkrankt seien. Mit großem Erfolg. Pflegekräfte, Therapeuten und Ärzte würden sich auch vor dem Hintergrund der dunkelsten Zeit der Krankenhausgeschichte intensiv darum bemühen, die Stigmatisierung zu beenden. Psychisch erkrankt zu sein, sei heutzutage zwar kein Tabu mehr. Mit der Volkskrankheit Depression beispielsweise werde in der Regel offen umgegangen. „Doch obwohl wir so aufgeklärt zu sein scheinen, ist das Stigma nach wie vor ein Riesenproblem“, bedauert Zwanzger.

Grundsätzlich kann er verstehen, dass die Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen, vor allem wenn sie schwer und chronisch ausfallen, für Laien nicht einfach ist. Viele würden sich gegenüber Erkrankten hilflos fühlen, die beispielsweise mit einem aus dem Rahmen fallenden Verhalten auffallen würden. Eine akute Psychose beispielsweise sei für Außenstehende nur schwer einzuordnen. Die medizinische Forschung sei mittlerweile jedoch weit vorangeschritten: Es gehe sehr gute therapeutische Ansätze und viele wirksame Medikamente.

Der Erinnerungsort mit Mahnmal auf dem Klinikgelände in Gabersee.

Doch erst Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich die Psychiatrie zu einer akademischen Wissenschaft entwickelt, Mitte des 19. Jahrhunderts riefen die Bezirke psychiatrische Krankenhäuser ins Leben. Die Patienten hießen Pfleglinge, sie bleiben meist ihr Leben lang in der Klinik. Es gab kaum Therapien und Behandlungsansätze. Schon während der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts war von „unwertem Leben“ die Rede, weil es für psychisch Kranke, anders als bei minderbegabten Menschen oder Betroffenen mit körperlichen Behinderungen, keine Behandlungsansätze gab, so Zwanzger.

„Ärzte in Uniform“ organisierten das Morden

Die Nationalsozialisten beschlossen mit dem sogenannten „Euthanasie-Befehl“ 1939 die planmäßige Ermordung von Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen. Unfassbar für Zwanzger bis heute, dass „Ärzte in Uniform“ dies generalstabsmäßig umsetzten, beginnend mit dem Aushungern bis zur Deportation und Ermordung.

Der systematische Mord an psychiatrischen Krankenhäusern wurde laut Zwanzger bis in den 80er Jahre hinein kaum aufgearbeitet. Doch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie widmete sich danach intensiv der Erinnerungsarbeit und Aufklärung. Die bayerische Direktorenkonferenz beschloss nach seinen Angaben Anfang der 90er Jahre, die Thematik intensiv aufzuarbeiten. International bekannte Experten wie Professor Dr. Frank Schneider, aber auch regional tätige Fachleute wie der Vor-Vorgänger von Zwanzger am ISK, Professor Dr. Hans-Ludwig Bischof, nahmen sich der Thematik an.

„Wir haben eine große Verantwortung“

In Wasserburg gab bekanntlich eine Facharbeit am Gymnasium mit dem Titel „Die Auflösung der Heil- und Pflegeanstalt Gabersee im Rahmen des Euthanasieprogramms 1940/41“ den Ausschlag. Die 1990 veröffentlichte Arbeit gilt als weiterer Impuls für eine intensive Aufarbeitung. Heimatverein, Stadtarchiv und Bezirk Oberbayern recherchierten und gaben Dokumentationen heraus. Derzeit wird im Auftrag der Stadt die Zeit des Nationalsozialismus von einer Kulturhistorikerin in einem Werk zusammengefasst.

„Wir haben eine große Verantwortung dafür, dass es nie wieder geschieht. Deshalb müssen wir uns erinnern. Deshalb befassen wir uns mit diesem Kapitel unserer Geschichte, um darauf für das Heute und Morgen zu lernen“, betont Zwanzger. Charlotte Knobloch, die am Dienstag (28. Januar) nach Gabersee kommt, ist in seinen Augen die beste Mahnerin gegen das Vergessen.

Die Veranstaltungsreihe im Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg

28. Januar, 11 Uhr: Gedenkstunde am NS-Mahnmal des kbo-Inn-Salzach- Klinikums. (Neben Frau Knobloch wird auch der Bezirkstagspräsident anwesend sein)

6. März, 16 Uhr (Bibliothek des kbo-Inn-Salzach-Klinikums): Vortrag „Die Heil- und Pflegeanstalt Gabersee in Zeiten des Nationalsozialismus“, Wolfgang Schmid, Leiter des Psychiatriemuseums Gabersee

21. Mai, 17 Uhr (Festsaal des kbo-Inn-Salzach-Klinikums): Vortrag und Podiumsdiskussion „Die Rolle der Psychiatrie in der Zeit des Nationalsozialismus“, Professsor Dr. med. Dr. rer. soc. Frank Schneider, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPN), und Vorsitzender der DGPPN-Task-Force „Psychiatrie im Nationalsozialismus“.

2. Juni, 16 Uhr (Bibliothek des kbo-Inn-Salzach-Klinikums): Nikolaus Braun, Archivar des Bezirks Oberbayern

17. September, 16 Uhr (Bibliothek des kbo-Inn-Salzach-Klinikums): Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München

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