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Bürger stehen auf

Hitlergruß in Rott? Demos für und gegen Rechts in der ganzen Region

Demo gegen rechts im Salingarten in Rosenheim.
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Demo gegen rechts im Salingarten in Rosenheim.

70 Prozent der Deutschen wollen nicht extrem wählen. Weder rechts noch links. Meistens ist von dieser Mehrheit nicht viel zu hören. In den vergangenen Tagen änderte sich das. Da begann in der Region der Kampf um die Demokratie. In Rott gar mit Demo, Gegendemo und Hitlergruß.

Rosenheim/Rott/Bernau/Bad Aibling – „Demokratie braucht Dich“ lautete der Aufruf von „Rosenheim ist bunt“. Mehrere hundert Menschen – je nach Quelle zwischen 400 und 800 – kamen in den Rosenheimer Salingarten. Sie alle wollten nicht tatenlos zusehen, wie Rechtsextremismus immer gesellschaftsfähiger wird. Nach Auskunft von „NoAfD“ ging es für einen Teil der Demonstranten weiter zur Großdemo nach München, während ein weiterer Teil der Menschen spontan mit einer Menschenkette gegen den Infostand der rechtsextremen AfD in der Fußgängerzone protestierte.

Nächste Demonstration am 13. Februar

Für kommenden Donnerstag (13. Februar) um 18 Uhr ist in Rosenheim die nächste Demonstration angekündigt. Die „Bürger:innen gegen Rechts“ wollen dann vom Salingarten zum Max-Josefs-Platz ziehen, um ein Zeichen gegen rechte Akteure zu setzen“ und „unsere demokratischen Werte zu verteidigen“.

In der Rosenheimer Innenstadt trafen sie auf einen besonderen Mauerbau der „Omas gegen Rechts“. Die Frauen hatten bunte Wertewürfel mitgebracht. Mit Werten wie Pressefreiheit, Respekt oder Minderheitenschutz wurden Demokratie-Schutzmauern gebaut. Andere Besucher drehten das Demokratierad, um Fragen rund um das Grundgesetz oder die Kinderrechte zu beantworten.

„Geht wählen“ – zum Schutz der Demokratie

In Gesprächen mit Passanten warben die Frauen dafür, bei der kommenden Bundestagswahl seine Stimme abzugeben. „Wir sagen, geht wählen am 23. Februar. Wählen für Menschenwürde, für Gleichberechtigung, für sozialen Rechtsstaat“, sagte Sabine Gehrling, eine von 25 Omas gegen Rechts in Rosenheim, und betonte: „Ja, und manchmal ist es dann vielleicht nur das kleinere Übel, das wir wählen, weil uns an jeder Partei etwas missfällt. Doch offen gesagt: Hauptsache die gewählte Partei will unsere liberale Demokratie schützen.“

Handgeschriebene Aufrufe zum Widerstand tauchten in den letzten Tagen mitten in Prien auf.

Außerdem machten die Frauen deutlich: „Wir brauchen Abgeordnete, die unsere Behörden ausreichend mit Geld und Personal ausstatten und technisch so gut versorgen, dass sie die bereits vorhandenen Gesetze und Verordnungen auch umzusetzen können. Wir brauchen sicher keinen Wahlkampf, in dem ganze Menschengruppen, die zu Minderheiten gehören, pauschal diffamiert und kriminalisiert werden.“

AfD-Veranstaltung in Rott mit Gegendemo

Genau das, so der immer wieder geäußerte Vorwurf, mache die AfD. Deren Ortsverband Rott-Wasserburg hatte am Samstag, 8. Februar, in Rott eine Kundgebung zum Thema „Abschiebung rettet Leben“ organisiert. Laut Daniel Katz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, nahmen keine 30 Personen an dieser Kundgebung teil, bei der Gerold Otten, Bundestagsabgeordneter der AfD, und Leyla Bilge, Vorsitzende des AfD-Ortsverbands Rott-Wasserburg und Bundestags-Kandidatin, eine Ansprache hielten.

Anschließend referierte Dominic Raps, stellvertretender Vorsitzender des AfD-Ortsverbands, über einen Bürgerantrag der AfD, der wegen formaler Fehler vom Gemeinderat Rott abgelehnt worden war. Laut Katz postierten sich circa 20 Gegendemonstranten, vornehmlich der „linken Szene zuzuordnen“, am von der Polizei zugewiesenen Platz. Das gute Dutzend Beamte der Wasserburger Polizei musste nicht als Streitschlichter eingreifen.

Bei der AfD-Veranstaltung in Rott mit Gegen-Demo blieb es friedlich, die Polizei musste nur gegen eine Person vorgehen.

Grundsätzlich sei die „überschaubare Veranstaltung“ friedlich verlaufen, allerdings sei es zum Ende der Veranstaltung, gegen 17.30 Uhr, laut Pressesprecher Katz zu „einem Vorfall“ gekommen. Bei diesem würde der Verdacht bestehen, dass ein Versammlungsteilnehmer, der der AfD-Kundgebung zuzuordnen sei, den „ausgestreckten Arm“ – offensichtlich den Hitlergruß – gezeigt haben könnte. „NoAfD“ schreibt in einer Pressemitteilung, dass mehrere Zeuginnen den Hitlergruß gesehen hätten. „Dieser Vorfall wird sehr ernst genommen“, betont Katz. Vor Ort sei Anzeige gegen den Versammlungsteilnehmer erstattet worden, die Ermittlungen dazu würden laufen. 

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Verwendung des Hitlergrußes und anderer Formen durch Paragraf 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) verboten. Dies werde mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet, erklärt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Süd.

Bereits am Donnerstag hatte „Aufstehen gehen Rassismus Chiemgau“ zu einer Mahnwache in Bernau geladen. Dort versammelten sich über 60 junge und alte Menschen, die mit Bannern und Redebeiträgen festhielten: „Wir sind die Brandmauer - Nie wieder ist jetzt!“ Trotz der frostigen Temperaturen harrten die friedlich Protestierenden aus, einige wenige Flaggen waren zu sehen und ein paar Lichterketten, ein Banner am Boden symbolisierte die Brandmauer.

Mahnwache „Wir sind die Brandmauer - Nie wieder ist jetzt!“ in Bernau

Erst das Gedenken an den Holocaust im Bundestag und dann später die Annahme eines von der AfD unterstützten Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik: Das sei „geschmacklos“, fanden viele Teilnehmer. Zudem warnte eine Rednerin vor einer Aushöhlung des Rechtssystems. Auch die anderen Redner betonten die Sorge um die Demokratie. Dennoch äußerten alle Redner die Hoffnung, dass man gemeinsam gegen Rassismus und Intoleranz angehen könne. Schließlich gehe es um Demokratie und Freiheit. Umso wichtiger sei es wählen zu gehen.

Einen „Weckruf vor der Wahl“ ließ „Miteinand für unser LAnd“ am Freitag mit einem Fahrzeugkorso von Bad Aibling nach Rosenheim los

Zu einem „Weckruf vor der Wahl“ riefen am Freitagabend Mittelständler in Rosenheim auf. Mit rund 60 Fahrzeugen, darunter auch Lkws und Traktoren, ging es in einer Demofahrt von der ehemaligen US-Kaserne in Bad Aibling über Kolbermoor zum abschließenden Mahnfeuer an der B 15 in Heilig Blut. Organisator war die Initiative „Miteinand für unser Land“. Die angemeldete Protestaktion verlief friedlich. Nach der Demofahrt wurden an der B15 Mahnfeuer entzündet. Dabei ernteten die protestierenden Mittelständler immer wieder hupende und winkende Zustimmung aus vorbeikommenden Autos. „Wir wollen die Menschen vor der Wahl wachrütteln, damit sich jeder nochmals Gedanken macht und alle zum Wählen gehen“, so ein Teilnehmer. „Nur so kann sich was ändern.“

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