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Lijana Kaggwa gibt erschreckende Einblicke

„Hattest Du Selbstmord-Gedanken?“ Bewegende Mobbing-Warnung von Ex-GNTM-Star an Schüler aus der Region

Zahlreiche Schüler lauschen den Erzählungen von EX-GNTM-Kandidatin Lijana Kaggwa.
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Zahlreiche Schüler lauschen den Erzählungen von EX-GNTM-Kandidatin Lijana Kaggwa.

Bekannt geworden als Kandidatin bei „Germany‘s Next Topmodel“, erlebte Lijana Kaggwa Hass und Demütigung, vor allem im Netz. Welche Rolle dabei Heidi Klum und Co. spielten und wie Cybermobbing entsteht, erklärte sie nun Bad Aiblinger Schülern.

Bad Aibling – Die Veranstaltung ist fast vorbei, als ein junger Bub die Hand hebt und für einen bewegenden Moment sorgt. „Hast du damals auch an Selbstmord gedacht?“, fragt er und lässt Lijana Kaggwa einen Moment nachdenken, ehe sie unmissverständlich antwortet: „Ja, ich hatte auch Selbstmordgedanken – und das, obwohl ich ein so lebensfroher Mensch bin.“ Die Kasselerin Kaggwa, bekannt als Model und Influencerin, steht auf der Bühne der Bad Aiblinger St. Georg Grund- und Mittelschule und spricht vor rund 150 Schülern über Mobbing und Cybermobbing. Seit Längerem tourt sie mit diesem Thema unter anderem durch Schulen, hat das Buch „Du verdienst den Tod“ geschrieben und den Verein „Love always wins“ gegründet.

Nun kam sie auch an die Bad Aiblinger Schule, wo Rektorin Kathrin Baumeister betonte, dass bundesweit jeder fünfte Schüler bereits Opfer von Cybermobbing geworden sei. Umso wichtiger sei es, junge Menschen über die Gefahren und Probleme zu informieren. Dass eine prominente Persönlichkeit den Schülern von den eigenen Erfahrungen der Demütigung im Netz erzählt, hatte der Aiblinger Verein „Mut und Courage“ mit der Vorsitzenden Irene Durukan möglich gemacht. Anlässlich des internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hatte er kürzlich verschiedene Veranstaltungen organisiert. Nun bekamen die Kinder und Jugendlichen nicht nur wertvolle Tipps, sondern auch überraschend tiefe Einblicke in eine international bekannte TV-Show.

Kaggwa stieg wegen Mobbing aus Castingshow aus

Denn Lijana Kaggwa erlangte 2020 große Bekanntheit, als sie im Finale der ProSieben-Show „Germany‘s Next Topmodel“ vor die Jury trat und völlig überraschend ihren Ausstieg erklärte. „Ich werde nicht mehr das Futter sein für mehr Hass“, sagte sie damals während der Live-Übertragung zu Heidi Klum und Co. und bezog sich dabei etwa auf Morddrohungen, die sie und ihre Familie in den Wochen zuvor erhalten hatten. Während der Topmodel-Staffel polarisierte die junge Frau und erntete vor allem in den Sozialen Netzwerken Kritik, die oftmals unter die Gürtellinie ging.

Nun stellte die 28-Jährige vor den Grund- und Mittelschülern die TV-Show als knallharte Geldmaschine dar, in der es vor allem um Entertainment und Werbeeinnahmen, und weniger um das Fördern echter Model-Talente gehe. „Ich habe die Sendung schon als Kind gesehen und 15 Jahre lang davon geträumt“, blickt Kaggwa zurück. Schließlich habe sich ihre Teilnahme dann jedoch vom Traum in einen Alptraum verwandelt.

So berichtet sie von Manipulationen während der Drehs, bei denen etwa ausgesuchten Kandidatinnen vor ihrem Auftritt die Füße eingecremt worden seien, wodurch sie auf dem Laufsteg unsicher wirkten und teils den Halt verloren hätten. Zudem seien durch geschickte Schnitte und selektive Szenenauswahl ganz spezielle Rollenbilder unter den Teilnehmerinnen inszeniert worden. „Für mich haben sie die Rolle der Zicke ausgesucht, dabei hatten wir Mädels ohne das Eingreifen der vielen Redakteure eigentlich gar keine Probleme miteinander“, erzählt Kaggwa.

„Teil einer lukrativen Traumfabrik“

Sie berichtet von einem durch Männer dominierten Umfeld, von Momenten, „in denen man sich vorm Designer bis auf die Unterwäsche ausziehen musste“ und von bloßer Überforderung, „nachdem mir plötzlich überall Kameras am Arsch klebten“. Sie sei auf einmal „Teil einer lukrativen Traumfabrik“ gewesen, lässt Kaggwa die Eindrücke nochmal Revue passieren. Die Villa, in der alle aussichtsreichen Kandidatinnen untergebracht wurden, hätten sie alleine nicht verlassen dürfen, „wir durften nicht mal Radio hören und waren von der Außenwelt abgeschnitten“.

Die Produzenten wüssten ganz genau, was die Zuschauer sehen wollen und wie man diese auch über lange Werbeblöcke hinweg an den TV-Bildschirmen halten könne, stellt Kaggwa klar. „Und natürlich überlassen sie das nicht einfach den Kandidatinnen“, erklärt die Buchautorin und spricht von künstlich erzeugten Streitsituationen.

Kaggwas Privatadresse im Netz enthüllt

Da alle Kandidatinnen auch noch über Monate hinweg ihr Handy abgeben mussten, hätten sie nicht gemerkt, was die TV-Ausstrahlungen samt der Inszenierungen in der Öffentlichkeit auslösten. „Ich habe noch nie einen so ekelhaften Menschen wie dich gesehen“, liest Kaggwa einen der ersten Kommentare in den Sozialen Medien vor, den sie über sich entdeckte, als sie nach Monaten ihr Smartphone zurückbekommen hatte. Die Äußerungen bei Facebook, Instagram und Co. seien immer heftiger geworden und mündeten schließlich in Morddrohungen und der öffentlichen Nennung ihrer Privatadresse. „In dem Moment habe ich gemerkt, dass es sich nicht nur um leere Worthülsen von fremden anonymen Menschen handelt, sondern dass der Hass auch in meinem direkten Umfeld sein muss“, sagt die Influencerin.

Lijana Kaggwa im Finale von „Germany‘s Next Topmodel“ im Jahr 2020.

Sie hätte fortan unter Selbstzweifeln, Isolation und psychischen Probleme gelitten und die Schuld mehr und mehr bei sich selbst gesucht. Erst als ein Giftköder, der für ihren Hund bestimmt war, im Garten auftauchte, entschloss sich Kaggwa zu handeln, erzählt sie rückblickend. Sie kooperierte mit professionellen Organisationen, die sich gegen Cybermobbing einsetzen und schrieb sich schließlich selbst auf die Fahne, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen und die vielen Betroffenen „sichtbar zu machen“. Und vor den interessierten Aiblinger Schülern war ihr eine Botschaft besonders wichtig: „Jeder einzelne ist wertvoll! Gebt niemals jemand anderem die Macht, zu entscheiden, wer ihr seid und wie wertvoll ihr seid.“

Was Betroffene unternehmen können

Kaggwa machte deutlich, dass ein Großteil der Schüler bereits Teil von Cybermobbing geworden ist. Denn: „Neben dem Verursacher und dem Betroffenen sind auch die zuschauenden Personen Teil vom Mobbing.“ Sowohl online als auch in der Realität. Die Influencerin ermutigte die Kinder und Jugendlichen deshalb, couragiert und laut zu sein, um sich für andere einzusetzen. Einige Schüler meldeten sich darauf hin und erklärten, selbst bereits Erfahrungen gemacht zu haben, wenn auch oftmals nur als Beobachter. Deren Fragen, etwa wie man reagieren sollte, wenn man sich unsicher ist, ob in einer Situation wirklich Cybermobbing passiert, beantwortete Kaggwa offen und riet beispielsweise, sich Freunden, Eltern oder auch professionellen Organisationen wie Juuuport, klicksafe, der Nummer gegen Kummer oder dem Bündnis gegen Cybermobbing anzuvertrauen.

Und bei aller Ernsthaftigkeit aufgrund des problematischen Themas ließ Kaggwa am Ende ihres Auftritts dann auch noch eine muntere Fragestunde mit den Schülern zu. „Hast Du schon mal Eminem getroffen?“ oder „hast Du die Handynummer von Heidi Klum?“ wollten einige Kinder wissen.

Klum hatte im Übrigen bereits vor einigen Jahren auf Lijana Kaggwas Vorwürfe Richtung der TV-Produktion reagiert und die Anschuldigungen zurückgewiesen. Kaggwa, die sogar der Produktionsfirma in einem Verfahren vor Gericht begegnete, hatte die Show-Macher für die Demütigungen im Netz verantwortlich gemacht.

Hinweis der Redaktion: Hilfe bei existenziellen Lebenskrisen

Generell berichten wir nicht rund um das Thema Suizid, damit mögliche Nachahmer nicht ermutigt werden. Eine Berichterstattung findet nur dann statt, wenn die Umstände eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Wenn Sie oder eine Ihnen bekannte Person unter einer existenziellen Lebenskrise oder Depressionen leidet, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge unter der Nummer: 0800/1110111. Hilfe bietet auch der Krisendienst Psychiatrie für München und Oberbayern unter 0180/6553000. Weitere Infos finden Sie auf der Webseite www.krisendienst-psychiatrie.de.

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