Nach Wechsel im Bad Feilnbacher Rathaus
Wortmeldung sorgt für Eklat bei Bürgerversammlung: So tief geht der Riss durch Bad Feilnbach
Ist der Riss, der seit dem Bürgermeister-Wahlkampf durch Bad Feilnbach ging, mittlerweile überwunden? Überhaupt nicht, wie ein Eklat bei der Bürgerversammlung am Dienstag (26. November) jetzt offengelegt hat.
Bad Feilnbach – Zahlen rund um die Entwicklung der Gemeinde, Einblicke in die Arbeit der Kur- und Gästeinformation und ein paar Beschwerden über den Zustand mehrerer Wanderwege in der Kommune am Fuße des Wendelsteins – auf der Bad Feilnbacher Bürgerversammlung landeten eigentlich keine Themen auf dem Tisch, die das Blut der Zuhörer großartig in Wallung brachten. Bis sich ein Bürger gegen Ende der Veranstaltung zu Wort meldete – und einen Frontalangriff auf den Wahlsieger und nun amtierenden Bürgermeister Max Singer (ÜW) startete.
Einige Bürger hatten schon ihre Jacken angezogen und rechneten wohl mit einem schnellen Ende der Veranstaltung, als Bürgermeister Singer bei seiner Premieren-Bürgerversammlung gegen 21.10 Uhr seinen Bericht beendet hatte und zum letzten Punkt der Veranstaltung – Wünsche und Anträge – gekommen war. Als Singer verkündete, zunächst die per E-Mail eingereichten Anfragen abarbeiten zu wollen, kam erstmals Unruhe unter den rund 80 Besuchern auf. „Das ist jetzt aber komisch. Jetzt sind ja wir da“, echauffierte sich ein Bürger darüber, dass nicht zunächst die Fragen der Anwesenden erörtert werden sollten. „Das ist jetzt aber nicht fair.“
Singer arbeitet zunächst die E-Mail-Abfragen ab
Singer blieb jedoch bei seinem Vorgehen und verwies darauf, dass durch diese Anfragen einige der Wortmeldungen ja bereits hinfällig werden könnten. Zudem betonte er, dass die Anwesenden natürlich im Anschluss die Möglichkeit hätten, Fragen an ihn und die Gemeindeverwaltung zu richten. Woraufhin sich der Mann, der sich kurz vorher bereits zu Wort gemeldet hatte, gleich als erster vor Ort erneut meldete – und den neuen Bürgermeister scharf attackierte.
„Der Raphael (Kur- und Gästeinformation-Chef Raphael Wagner, Anmerkung der Redaktion) hat es ja vorhin ganz gut gesagt: ,Gemeinsam können wir mehr schaffen“‘, begann der Besucher der Bürgerversammlung seine Stellungnahme mit dem Zitat eines Vorredners. „Ich vermisse hier jetzt ein bisschen den Rückhalt der Gemeinderäte von der Fraktion der Freien Wählergemeinschaft. Da seh‘ ich heute fast keinen.“ Daher sei seine Frage an den Rathauschef: „Haben Sie vielleicht nicht mehr den Rückhalt im Gemeinderat oder in Ihrer Fraktion?“ Verwunderlich sei auch, dass man Singer als Bürgermeister bei Veranstaltungen immer wieder „ohne Beteiligung Ihrer Fraktion“ sehe.
Woraufhin Singer, dessen Gesichtszüge während der Ausführungen des Bürgers zwischen Verwunderung, Empörung und Erheiterung wechselten, darauf verwies, dass die Organisation der Überparteilichen Wähler (ÜW), der er angehört, ja „keinen Fraktionszwang“ habe. Er betonte zudem, dass ein Gemeinderat der ÜW im Publikum säße, zwei weitere der Veranstaltung, die live online übertragen wurde, zugeschaltet seien. „Wir haben im Gemeinderat kein Fraktionsdenken“, konterte Singer, „sodass wir miteinander schauen, dass wir für die Sache, für die Gemeinde zuständig sind.“
Bei der Pro-Kopf-Verschuldung nachgehakt
Doch nicht nur die Frage nach dem Rückhalt des Bürgermeisters im Gemeinderat, auch den Wahlkampf, den objektive Beobachter teilweise wohl als durchaus schmutzig bewertet hätten, brachte der Mann bei der Bürgerversammlung erneut auf den Tisch. „Zentrales Thema Ihres Wahlkampfs war ja die Pro-Kopf-Verschuldung in der Gemeinde. Hat es da jetzt eine Verbesserung zum Jahr 2023 oder 2022 gegeben, oder eine Verschlechterung?“, hakte er im Hinblick auf eine Folie, die Singer während seiner Ausführungen gezeigt hatte, nach. Dort hatte Singer nur den Stand zum Ende des Jahres 2023 präsentiert, der eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1482,93 Euro aufweist.
„Ja, wir waren heuer schon auf der Bremse gestanden mit den Ausgaben, weil es einfach auch vom Landratsamt klar die Aussage war, dass wir Einsparungen machen müssen“, antwortete Singer, woraufhin ihn der Bürger unterbrach und nochmal nachbohrte: „Verbesserung oder Verschlechterung?“ Da „das Jahr noch nicht abgeschlossen“ sei, blieb Singer bei seiner Antwort vage: „Ich glaube, dass es grundsätzlich eine allgemeine Verbesserung ist.“ Womit sich der Bürger jedoch nicht zufriedengab und mit dem Hinweis „Ich bestehe darauf“ um konkrete Zahlen bat. „Wir können die im Nachgang aufbereiten“, versprach Singer, der betonte: „Das ist ja kein Geheimnis.“
Besucher bezeichnet Attacken auf Singer als „Schwachsinn“ und „unterste Schublade“
Ein Geheimnis machten auch einige der Besucher nicht aus ihrer Meinung zu den Angriffen gegen den Rathauschef. „So ein Schwachsinn, das ist doch unterste Schublade. Wir brauchen jetzt doch keine Parteipolitik hier“, kommentierte ein Besucher die Attacken und erntete dafür vereinzelt Beifall und zustimmendes Nicken. Was wiederum den Besucher der Bürgerversammlung, der Wallner attackiert hatte, zu einem abschließenden Konter gegenüber seinem Kritiker veranlasste: „Ich hätte nicht erwartet, dass Du so ein Problem mit Demokratie hast.“