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Vor dem Gruppenspiel Deutschland-Schweiz

„Schwere Entscheidung“: Drückt ein Schweizer Fußballer (15) aus Bad Aibling Deutschland die Daumen?

Freuen sich auf das EM-Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen die Schweiz: Fußballer Lucas Glauser und DFI-Leiter Andreas Herbst.
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Freuen sich auf das EM-Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen die Schweiz: Fußballer Lucas Glauser und DFI-Leiter Andreas Herbst.

Das Leben von Lucas Glauser (15) besteht aus Fußball. Seit zwei Jahren besucht der Schweizer das Deutsche Fußball Internat in Bad Aibling. Vor dem Gruppenspiel Deutschland-Schweiz muss er „unangenehme“ Fragen beantworten.

Bad Aibling – Noch sitzt er in Bad Aibling, drückt fleißig die Schulbank und trainiert jeden Tag für seinen großen Traum: Fußballprofi werden. Doch in diesen Tagen muss Lucas Glauser eine knifflige Frage beantworten. Ist er für Deutschland oder die Schweiz? Das anstehende EM-Vorrundenspiel der beiden Nationalmannschaften hat für den 15-Jährigen eine besondere Bedeutung. Er ist Schweizer, hat aber auch einen deutschen Pass. „Das ist eine schwere Entscheidung“, schiebt er diplomatisch voraus. „Aber wenn ich mich jetzt entscheiden müsste, dann bin ich für die Schweiz“, schmunzelt der junge Mann, der seit rund zwei Jahren in Bad Aibling, im Deutschen Fußball Internat (DFI) zuhause ist.

Über ein anfängliches Feriencamp und ein späteres Probetraining stieß der Teenager aus dem schweizerischen Winterthur auf das DFI. „Die Umgebung hier ist sehr schön und ich fühle mich wohl“, sagt Glauser. Doch viel Zeit bleibt ohnehin nicht für Freizeit. Zweimal Training am Tag, dazu Schulsport und Spiel am Wochenende. „Mein Leben besteht schon größtenteils aus Fußball.“ Doch genau das ist es auch, was der 15-jährige Fan des FC Bayern München immer wollte. Und auch deshalb ist die derzeit laufende Fußball-Europameisterschaft ein wichtiger Ansporn. „Natürlich ist es auch ein großer Traum, mal für die Schweizer Nationalmannschaft aufzulaufen“, sagt Glauser und fügt lächelnd hinzu: „Oder für die deutsche.“

131 Spieler aus 19 Nationen am DFI

Auf dem Areal des DFI, wo 131 Spieler aus 19 Nationen zu Hause sind, wird die Fußball-EM freilich ganz intensiv verfolgt. „Das ist manchmal eher WM als EM“, sagt DFI-Leiter Andreas Herbst, als er über die internen Turniere der Nachwuchsfußballer aus aller Welt spricht. Tippspiele, etwa zu den Ergebnissen oder den Torjägern der EM, Umfragen, Public Viewing im Bistro. „Die EM spielt hier schon eine große Rolle“, sagt Herbst und freut sich über die positive Stimmung, die das Turnier mit sich bringt. Demnach käme dieses Mal eine deutlich größere Euphorie auf, als noch bei der WM in Katar, die vor allem von politischer und gesellschaftlicher Kritik geprägt war. „Dass es dieses Mal hier anders ist, hängt natürlich auch mit einem nicht ganz so schlechten Auftreten der deutschen Mannschaft zusammen“, sagt Herbst augenzwinkernd.

Das findet Lucas Glauser auch, der selbst schon bei einem EM-Spiel in Stuttgart im Stadion war. „Slowenien hat gegen Dänemark gespielt und die Stimmung war so gut, ich habe so etwas Lautes noch nie gehört.“ Natürlich aber liege sein Fokus bei der Schweizer Mannschaft, deren Chancen er bei diesem Turnier sehr gut einschätzt. „Abgesehen von Deutschland ist das eine nicht so schwierige Gruppe und wir sollten schon weiterkommen“, sagt der 15-Jährige. Im Duell gegen Deutschland hält er einen Sieg jedoch für unwahrscheinlich. „Für ein Unentschieden sollte die Qualität aber eigentlich reichen“, gibt er sich optimistisch. Da Glauser am Sonntag selbst noch ein eigenes Fußballspiel absolviert, wird er für die EM-Partie nicht in die Heimat fahren, sondern mit anderen DFI-Spielern im Bistro Platz nehmen.

„Es gibt hier auch eine richtige Schweizer Community“, sagt er lächelnd und freut sich auf das Duell. Dass sein Traum, irgendwann selbst mal auf professionellster Ebene zu kicken, nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, verdeutlicht DFI-Leiter Herbst. „Wir sind hier schon recht nah dran am Profifußball.“ Dies zeigten immer wieder ehemalige Internats-Spieler, die es weiter nach oben geschafft haben und die heute etwa auch in U17 oder U21-Nationalmannschaften auflaufen. Auch BVB-Profi Karim Adeyemi besuchte im Schuljahr 2014/15 im Zuge der Kooperation zwischen dem Deutschen Fußball Internat in Bad Aibling und der SpVgg Unterhaching für ein halbes Jahr die Kurstadt. Dort trainierte er täglich mit anderen Talenten des DFI in Bad Aibling.

„Spielt Ihr Sohn gerne Fußball oder ist Fußball der Großteil seines Lebens?“

Für Lucas Glauser, der im Sommer in die U16-Mannschaft kommen wird, natürlich noch ein weiter Weg. Aber er weiß, was er will und er trainiert dafür. „Die Tage sind für die Jungs hier schon sehr gefüllt“, weiß auch Andreas Herbst. Wenn es um die Aufnahme von neuen Nachwuchskickern geht, stelle er den Eltern immer eine Frage: „Spielt Ihr Sohn gerne Fußball oder ist Fußball der Großteil seines Lebens?“ Denn wenn man den Sport „nur gerne“ betreibe, dann sei der Alltag im DFI für die meisten einfach zu viel. Zwar werde hier natürlich nicht jeder Spieler Fußballprofi. „Aber wir wollen jedem Spieler die Möglichkeit geben, sein Potenzial in Schule und Fußball optimal auszuschöpfen.“

Dennoch sei man mit einem Nachwuchsleistungszentrum nicht zu vergleichen. „Wer mal ein Jahr nicht performt, der fliegt hier nicht gleich raus“, sagt Herbst. Ein gewisses Talent sei jedoch auch hier unumgänglich. Doch bei allem Trainingsfleiß werden am Sonntag nun erstmal alle Augen gespannt auf die TV-Übertragung des letzten EM-Gruppenspiels gerichtet sein. Wem Lucas Glauser dann die Daumen drückt, ist klar. Für wen der 15-Jährige jedoch die Fußballschuhe bei der nächsten Europameisterschaft in vier Jahren schnüren könnte, bleibt abzuwarten.

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