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„Sonst kommt die WM irgendwann nach Nordkorea“

Auf Adeyemis Spuren: Wie das Fußballinternat in Bad Aibling die umstrittene WM verfolgt

Gespannt auf die WM (von links): Niko Dockhorn, Lukas Blauensteiner und DFI-Leiter Andreas Herbst verfolgen die Weltmeisterschaft, bei der auch Karim Adeyemi teilnehmen wird (ganz rechts).
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Gespannt auf die WM (von links): Niko Dockhorn, Lukas Blauensteiner und DFI-Leiter Andreas Herbst verfolgen die Weltmeisterschaft, bei der auch Karim Adeyemi teilnehmen wird (ganz rechts).

Am Aiblinger DFI spielen Schüler aus vielen Nationen zusammen Fußball. Kurz vor dem Start der Weltmeisterschaft in Katar blicken Leiter und Schüler mit gemischten Gefühlen in den Wüstenstaat. Doch welche Rolle spielt das umstrittene Turnier in ihrem Alltag?

Bad Aibling – An diesem Sonntag beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Vor ihrem ersten Spiel am kommenden Mittwoch bereitet sich derzeit auch die deutsche Nationalmannschaft intensiv vor. Unter den Spielern befindet sich einer mit Bad Aiblinger Vergangenheit. Karim Adeyemi, mittlerweile bei Borussia Dortmund aktiv, besuchte im Schuljahr 2014/15 im Zuge der Kooperation zwischen dem Deutschen Fußball Internat (DFI) in Bad Aibling und der SpVgg Unterhaching für ein halbes Jahr die Kurstadt. Dort trainierte er täglich mit anderen Talenten des DFI in Bad Aibling.

Dort blickt man heute natürlich mit besonderem Interesse auf das anstehende Turnier. „Jeder hier weiß, dass Adeyemi mal hier gespielt hat“, sagt DFI-Leiter Andreas Herbst. Doch unabhängig davon macht er deutlich: „So richtig mag noch keine WM-Stimmung aufkommen.“ Beim Deutschen Fußball Internat verbringen derzeit 137 Schüler ihren Alltag zwischen Fußballtraining und Schulunterricht. Alle eint der Traum einer großen Fußballer-Karriere. Welcher Ort könnte aktuell also besser geeignet sein, um über die am Sonntag beginnende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar fachsimpeln zu können?

„Wenn es so kommt, dann bin ich für Brasilien“

Im Büro von Leiter Herbst sitzen zwei Nachwuchstalente. Niko Dockhorn (15) und Lukas Blauensteiner (17) trainieren zwei Mal täglich. Natürlich ist in ihrem Alltag auch die WM in Katar präsent. „Der deutsche Kader ist dieses Mal nicht ganz so gut, vielleicht kommt auch deshalb nicht die ganz große Stimmung auf“, sagt Niko Dockhorn, der selbst die deutsche und die brasilianische Staatsbürgerschaft besitzt und dessen Familie in der Schweiz lebt. Sollte Deutschland gegen Brasilien im WM-Finale aufeinandertreffen, steht er also vor einem echten Interessenskonflikt. Er macht aber deutlich: „Wenn es so kommt, dann bin ich für Brasilien.“

Dass die Schweiz als die Wahlheimat seiner Familie auch noch mit Brasilien in einer Gruppe spielt, macht die brisante Konstellation komplett. Doch ein Problem ist das nicht. Denn insgesamt halte sich das WM-Fieber ohnehin noch in Grenzen. „Normalerweise spricht man schon Wochen vor dem Turnier darüber, dieses Jahr nicht.“ Und natürlich spiele auch die ungewohnte Jahreszeit eine Rolle dafür, dass bei dieser WM alles anders ist, als sonst.

„Für die Jungs wäre es schlimmer ein Training zu verpassen“

Die ungewohnten Anstoßzeiten, teilweise wird schon um 11 Uhr deutscher Zeit angepfiffen, führen, so Leiter Herbst, natürlich dazu, dass Trainer und Spieler viele WM-Spiele verpassen werden. „Für die Jungs wäre es aber sogar schlimmer, ein Training zu verpassen, als ein Spiel im TV“, macht er den Stellenwert des Sports für die Schüler in Aibling deutlich.

Dennoch, so Herbst, habe man beschlossen, die Weltmeisterschaft zu verfolgen. Daran ändere auch die massive Kritik am Gastgeberland nichts. „Man kann es ja nicht auf einmal ablegen, dass man Fußball-Fan ist“, sagt Herbst. Dennoch oder gerade deshalb sei aber eine Diskussion über die dortigen Missstände und die Menschenrechtslage sehr wichtig. „Würde man die Diskussion nicht führen, dann würde sich gar nichts ändern und dann findet die WM irgendwann in Nordkorea statt“, sagt Herbst überspitzt.

Im Trainerteam, im Training oder auch im Schulunterricht würden die Themen intensiv besprochen. „Das beschäftigt uns natürlich“, sagt auch Lukas Blauensteiner. Für den 17-jährigen Fußballer sei es wichtig, sich mit kritischen Themen dort auseinanderzusetzen. Dazu gehörten etwa die Aussagen des WM-Botschafters über Homosexualität („geistiger Schaden“). Sicherlich spielten auch diese Themen eine Rolle, dass ein Fußball-Fieber nicht richtig aufkommen mag, so Blauensteiner.

WM-Aktivitäten in Bad Aibling geplant

Klar ist: Beim DFI werden die Schüler viele WM-Spiele, alleine schon aus Zeitgründen, nicht verfolgen können. Man plane aber, zumindest die Deutschland-Spiele zu zeigen. „Im Bistro werden wir sicher ein paar Fahnen aufhängen und Salzbrezeln herrichten“, sagt Andreas Herbst, der sich auch fragt, ob die WM-Stimmung womöglich erst im Turnierverlauf aufkommen wird.

Dennoch hat man beim DFI einige WM-Aktivitäten geplant. So wird es etwa Umfragen auf Instagram zu Top-Torschützen, zum Weltmeister oder zum „Besten Spieler der WM“ geben. Auch Tippspiele unter allen Internatsschülern zu den genannten Rubriken. Einig sind sich die beiden jungen Fußballer vom DFI auch in einem Punkt: Deutschland gehört nicht zu den großen Favoriten auf den Titel. Viel mehr rechnen die jungen Männer mit einem starken Abschneiden von Brasilien und Argentinien.

Beim DFI selbst sind Spieler 26 Nationalitäten vertreten. Unter ihnen beispielsweise auch Japaner. „Das wir dann natürlich spannend, wenn Deutschland in der Gruppenphase auf Japan trifft“, schmunzelt Herbst. Vielleicht kommt spätestens dann so richtig Stimmung auf.

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