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Nachverdichtung ist vorrangiges Ziel

„Fürchterlich“: Warum ein Bebauungsplan in Prien auf massiven Widerstand stößt

Der neue Bebauungsplan würde in Teilen den bereits seit 1968 bestehenden und immer noch rechtskräftigen Bebauungsplan „Flugplatz West“ in dem Bereich (rote Linie) zwischen der Carl-Braun-Straße (links), der Jahnstraße (Mitte), Eschenweg (rechts) und Gerhart-Hauptmann-Straße (vorne) ersetzt.
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Der neue Bebauungsplan würde in Teilen den bereits seit 1968 bestehenden und immer noch rechtskräftigen Bebauungsplan „Flugplatz West“ in dem Bereich (rote Linie) zwischen der Carl-Braun-Straße (links), der Jahnstraße (Mitte), Eschenweg (rechts) und Gerhart-Hauptmann-Straße (vorne) ersetzt.

Im Marktgemeinderat wurde ein neuer Bebauungsplan diskutiert, der aufseiten von Anwohnern und auch im Gremium auf massiven Widerstand stößt. Die Reaktionen darauf reichen von „fürchterlich“ bis zu „Bauchschmerzen“ und das sind die Gründe.

Prien – Der Bereich rund um die Goethestraße und die Jahnstraße geht auf einen Bebauungsplan aus dem Jahr 1968 zurück. Nun wurde im Marktgemeinderat für diesen Bereich der neue Bebauungsplan Nr. 105 Goethestraße diskutiert, der ganz explizit das Ziel einer Nachverdichtung hat. Ein vorgelegter erster Entwurf des beauftragten Planungsbüros wurde letztes Jahr vom Marktgemeinderat bereits mit nur drei Gegenstimmen bewilligt. Die vorgezogene Beteiligung der Öffentlichkeit, wozu auch die Auslegung des Bebauungsplans gehört, fand inzwischen statt.

Öffentliche Einwendungen teilweise umgesetzt

Die Auslegung hatte zur Folge, dass private und auch öffentliche Stellungnahmen und Einwendungen erhoben wurden, die zum Teil in der ersten Marktgemeinderatssitzung des Jahres 2023 durch Bauamtsleiter Thomas Lindner gewürdigt wurden und die teilweise auch in einem neuen Entwurf zum Bebauungsplan Ausdruck fanden. Dieser wurde zum Ende der Sitzung zur Billigung vorgelegt.

Bebauungsplan in Teilen seit 1968

Mit dem Bebauungsplan 105 Goethestraße würde man das Rad nicht neu erfinden, so Thomas Lindner in seinen einführenden Worten. Denn der neue Bebauungsplan würde in Teilen den bereits bestehenden und immer noch rechtskräftigen Bebauungsplan „Flugplatz West“ in dem Bereich zwischen der Gerhart-Hauptmann-Straße, der Jahnstraße, dem Eschenweg und der Carl-Braun-Straße ersetzen.

Der aktuelle Entwurf sehe unter anderem vor, den Bereich westlich der Jahnstraße und nördlich der Goethestraße als allgemeines Wohngebiet festzusetzen, östlich der Jahnstraße bleibe es bei dem bisher flächendeckend geltenden Mischgebiet, für das ein Nebeneinander von gewerblichen Nutzungen und Wohnnutzungen typisch ist. Dieses Mischgebiet wolle die Marktgemeinde trotz der Einwände des Landratsamts Rosenheim erhalten.

Mauer mindert Wohnqualität

In einem allgemeinen Wohngebiet, wie es sich mit den vorherrschenden Wohnnutzungen westlich der Jahnstraße darstellt, möchte die Marktgemeinde künftig festsetzen, dass mindestens 40 Prozent der Dachflächen mit Photovoltaikanlagen oder Solardächern bestückt werden.

Nachverdichtung ermöglichen

Ziel des Bebauungsplans 105 Goethestraße sei es, der Marktgemeinde eine Nachverdichtung und auch städtebauliche Neuordnung zu ermöglichen. Der neue Bebauungsplan setze, so Lindner, differenziert nach einzelnen Bereichen unterschiedliche Gebäudehöhen und Dachformen fest, wobei derzeit zulässige Wandhöhen in der Regel überschritten würden, um das Ziel einer Nachverdichtung zu ermöglichen. Es ist dieses „mögliche Überschreiten von bisherigen Wandhöhen“, das viele entsetzt – nicht nur die direkten Anwohner.

Oberste Geschosse zurückversetzen

Um die Gebäude aber im Ortsgefüge nicht zu dominant wirken zu lassen, werde, werde, so Lindner, festgesetzt, dass bei einer Ausnutzung der zulässigen Höhe jeweils das oberste Geschoss als zurückversetztes Staffelgeschoss auszubilden sei. Mit diesen Festsetzungen wolle man negative Auswirkungen auf das Ortsbild verhindern.

Vor allem an den Bauhöhen entspann sich im Gremium eine lebhafte Diskussion. Den größten Diskussionsbedarf gab es zur Bebauung der Flurnummer 679/33 an der Ecke der Goethestraße zur Jahnstraße. Das Grundstück liegt südlich mehrerer Reihenhäuser, deren Bewohner sich durch eine mögliche neue Wandhöhe von elf Metern auf besagtem Flurstück mitunter Einschränkungen in der Wohnqualität ausgesetzt sehen.

Angela Kind (Die Grünen) äußerte volles Verständnis für die Bewohner der Reihenhäuser. Es sei „wirklich fürchterlich“, was diesen vor die Nase gesetzt werden könnte. Kersten Lahl (BfP) gab an, angesichts der Einwände öffentlicher Stellen und der Bewohner erst mal „tief Luft holen zu müssen“, stimmte dem grundsätzlichen Vorhaben, einen neuen Bebauungsplan aufzustellen, jedoch uneingeschränkt zu, vor allem hinsichtlich des Vorhabens der Nachverdichtung.

Die berechtigten Belange der betroffenen Bürger seien aber nachvollziehbar und dürften nicht vernachlässigt werden. Grundsätzlich zu Bedenken gab er, dass Prien es sich zur Aufgabe gemacht hätte „lebenswerteste Seegemeinde im Alpenraum“ zu werden und dass eine Entscheidung in diesem Fall auch Auswirkungen auf künftige Entwicklungen haben könne. Sepp Schuster (AfD) „würde die Solarauflage nicht machen“. Günther Kraus (CSU) sei mit dem Bauausschuss vor Ort gewesen und befürwortet die „Nachverdichtung auf einer bereits voll versiegelten Fläche“. Rosi Hell (CSU) habe „Bauchschmerzen“ angesichts der Besorgnisse der Anwohner der Reihenhäuser und stellte zur Diskussion, ob man die zulässige Bauhöhe um ein Stockwerk reduzieren könne. Gabriele Schelhas (SPD) vergewisserte sich noch mal zur aktuellen Wandhöhe des Gebäudes auf Flurnummer 679/33, die bei circa sieben Meter liegt. Dritter Bürgermeister Martin Aufenanger (Freie Priener) betonte, dass durch die Zurücksetzung des obersten Staffelgeschosses bei einem viergeschossigen Gebäude im Vergleich zu einem dreigeschossigen Gebäude keine Nachteile für die Anwohner zu erwarten seien. Rund 45 Minuten lang diskutierte das Gremium auf diese Weise.

„Wir schaffen keine Blaupause“

Bürgermeister Andreas Friedrich (ÜWG) gab an, viele Aspekte nachvollziehen zu können, widersprach aber etwa dem Einwand, dass eine Entscheidung über den Bebauungsplan 105 Goethestraße eine prägende Wirkung für die Zukunft und den gesamten Ort habe. „Wir sind hier nicht auf der grünen Wiese. Wir schaffen keine Blaupause für die Ausweisung neuer Wohngebiete. Wir sind in einem bereits überplanten Bereich, in dem gewisse Änderungen stattfinden sollen, die städtebaulich vertretbar sind und die nach Möglichkeit die Bestandsgebäude der Bewohner nicht über das einschränken, was bereits heute auf Grundlage des alten Bebauungsplans möglich wäre.“

Baurecht für einen massiveren Bau steht

In diesem Zusammenhang gab er auch zu Bedenken, dass auf dem viel diskutierten Eckgrundstück bereits heute Baurecht für einen massiveren Bau bestehe. Dieses Baurecht würde mit dem neuen Bebauungsplan fixiert und konkretisiert. Es folgten die Beschlüsse zum Bebauungsplan, die denkbar knapp ausfielen. Dafür, die vorstehenden Beschlussvorschläge in vollem Umfang zu übernehmen, stimmten 13 der 23 anwesenden Marktgemeinderäte. Die Billigung des ergänzten und überarbeiteten Entwurfs des Bebauungsplans 105 Goethestraße fiel mit zwölf zu elf Stimmen noch knapper aus.

Der überarbeitete Bebauungsplan wird nun noch einmal öffentlich ausgelegt.

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