Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Macht und Missbrauch im Namen Gottes

„Für Missbrauchstäter abgerichtet“: Rosenheimer erhebt schwere Vorwürfe gegen vier Priester

Josef Henfling soll über Jahre von Priestern missbraucht worden sein.
+
Josef Henfling soll über Jahre von Priestern missbraucht worden sein.

Josef Henfling (39) ist gebürtiger Rosenheimer und wurde auf ein katholisches Internat in Niederösterreich geschickt, um Priester zu werden. Tatsächlich soll er dort aber täglich sexuell missbraucht worden sein: von einem Pater, der wusste, wie man Angst und Druck macht. Und es blieb wohl nicht bei einem Täter.

Bayern – Er soll noch ein Kind gewesen sein, als es zum ersten Mal geschah: Josef Henfling (39), der ursprünglich aus Rosenheim stammt, wurde von seiner streng katholischen Pflegemutter auf ein Internat in Zwettl (Niederösterreich) geschickt, um Priester zu werden. Er denkt nicht gern zurück an diese Zeit, denn angekommen im Seminar des Ordens „Diener Jesus und Mariens“ soll er zum Objekt der Begierde geworden sein. Nicht jedoch für junge Verehrerinnen an dem Gymnasium, das er besuchte: Er soll zum Lustobjekt eines Priesters geworden sein, der ihm vom Jugendamt als „Betreuungsperson“ zugeordnet worden war.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren soll ihn der schwarz gekleidete Mann dann jeden Abend in seinem Schlafzimmer besucht haben: Um ihm „die Fussel aus dem Nabel zu entfernen“, oder ihn auf seinen Schoß zu nehmen. Dort habe Henfling deutlich das erregte Glied des Paters spüren können. Auch Zungenküsse und das zufällige Berühren seiner Genitalien sollen zu dem „Ritual“ gehört haben. Dass zwischen dem Priester und seinem Zögling kein „Erzieher-Zögling“-Verhältnis, sondern ein „ganz besonderes“ bestand, sollen auch andere geahnt haben. Liebesbriefe des Priesters, die der Redaktion vorliegen, bezeugen tiefe Gefühle für den Jungen.

„Ich habe das über mich ergehen lassen“

Doch auch wenn Henfling mit der „Sonderbehandlung“ eine gewisse „Sonderstellung“ genossen habe: Er soll dem Ordensmann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert gewesen sein. „Ich habe es über mich ergehen lassen“, sagt der 39-Jährige heute. Der Priester habe ihm Angst gemacht, Druck ausgeübt und mit der Hölle gedroht. „Es hinterlässt ein Trauma“, so Henfling. Auch wenn inzwischen über 20 Jahre vergangen sind und der Fall längst verjährt ist: Der ehemalige Internatsschüler leide noch immer an Berührungsängsten. Vor Männern habe er Angst – beispielsweise, wenn beim Einkaufen jemand zu nah an ihn von hinten herantritt. Die Ängste sollen es erschweren, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Neben seiner Arbeitslosigkeit leidet Henfling außerdem seit vielen Jahren an einer Depression.

Weil das Internat bis zu seinem 18. Geburtstag keine Krankenversicherung zahlte, seien Henflings Zähne sehr schlecht geworden. Am Ende könnte dies dazu geführt haben, dass der Priester schließlich von ihm abgelassen habe, mutmaßt Henfling. Doch sein Leidensweg sollte noch nicht beendet sein: Nach seinem Abitur traf Henfling noch auf weitere Priester, die ihn missbraucht haben sollen. Einer davon sei ein älterer Mann gewesen, der sich ihm gegenüber als Gönner aufgespielt habe. Vor Henfling soll er damit geprahlt haben, mit wie vielen Kommilitonen er es in jungen Jahren „getrieben“ habe. Im Jahr 2011 soll es dann zu regelmäßigen Übergriffen auf den jungen Mann gekommen sein.

Schweizer Staatsanwaltschaft ermittelt bereits

Ein weiterer Täter stammt aus der Schweiz: Ein Priester soll im Jahr 2012 zweimal versucht haben, Henfling zu vergewaltigen. Inzwischen konnte die Staatsanwaltschaft in der Schweiz Ermittlungen gegen den Priester einleiten. Henflings Vernehmungsprotokoll umfasste fünf Seiten. Auch eine kirchliche Untersuchung wurde bereits eröffnet. Weil der Pater nicht aus freien Stücken in den Ausstand treten wollte, soll Bischof Joseph Maria Bonnemain eine kirchenrechtliche Vorsichtsmaßnahme getroffen haben, die einer Suspendierung gleichkommt. Bis zum Abschluss der Ermittlungen gelte aber weiterhin die Unschuldsvermutung.

Auch gegen einen Bischof erhob Henfling Vorwürfe: Dr. Walter Mixa soll ihn bei einem Besuch im Sommer 2012 zur Beichte gedrängt, ihn dann an sich gezogen und auf den Mund geküsst haben. Gegenüber der Presse äußerte sich Mixa mit Unverständnis und stellte fest: „Das ist doch keine Belästigung.“ Ausgelöst durch Mixas Übergriff, habe schließlich eine schwere Depression Oberhand über Henflings Leben gewonnen. Versuche, seinen Missbrauch mithilfe kirchlicher Mitarbeiter aufzuklären, sollen über viele Jahre hinweg im Sand verlaufen sein – bis sich Henfling schließlich Priester Wolfgang Rothe anvertraute.

„Man muss der Kirche anrechnen, dass sie sich heute auch um verjährte Fälle kümmert“, sagt der 39-Jährige. Von einer Opferstelle in Chur habe er bereits eine mündliche Zusage für die Übernahme von Therapiekosten erhalten. Wegen seines weiteren Lebensweges macht sich Henfling dennoch Sorgen. Er hofft dennoch, „dass sich jemand erbarmt und mir trotz meines lückenhaften Lebenslaufes noch eine Chance gibt.“ In Bezug auf die Aufklärung der Missbrauchstaten ist Henfling zuversichtlich: „Die Zeit bringt alles hervor, denn die Wahrheit lässt sich nicht ewig verbergen.“

Kommentare