Von der Alarmanlage bis zum Schlüsselversteck
Herbstzeit ist Einbruchszeit: Was Experten zum Schutz vor Ganoven raten
Sie machen sich oftmals die Dunkelheit zu nutze: Einbrecher gehen vermehrt in der Herbst- und Winterzeit auf Beutezug. Wie Bürger aus der Region Haus und Wohnung sicherer machen können, verraten Experten im OVB.
Feldkirchen-Westerham/Rosenheim – Der materielle Schaden ist oftmals das kleinere Übel, der seelische dafür immens: Opfer eines Einbruchs haben nicht selten mit schweren psychischen Folgen zu kämpfen, beispielsweise dem Gefühl, sich daheim nicht mehr sicher zu fühlen. Dabei ließe sich ein Einbruch oftmals verhindern, wenn man ein bisschen Zeit und Geld investiert. „Mit jeder Minute, die ein Einbrecher länger braucht, um ins Haus oder die Wohnung zu kommen, steigt die Chance, dass er aufgibt“, weiß beispielsweise der Feldkirchen-Westerhamer Schreinermeister Anton J. Kiesl, dessen Schreinerei das Zertifikat „Qualifizierter Fachbetrieb“ in Hinblick auf Gebäudesicherheit trägt.
Hatte es während der Corona-Pandemie in Stadt und Landkreis Rosenheim weniger Einbrüche gegeben, als in den Jahren davor, sind die Zahlen vor allem im Landkreis nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mittlerweile wieder auf dem Niveau von 2019. „Erfahrungsgemäß beginnt die Zeit mit den Wohnungsdämmerungseinbrüchen im Oktober“, teilte die Pressestelle des Polizeipräsidiums auf OVB-Anfrage mit, aber auch die Urlaubszeit sei Hochzeit für die Ganoven. „Deshalb raten wir den Bürgerinnen und Bürgern immer, die Jalousie nicht herunterzulassen und dafür zu sorgen, dass keine vollgepackten Briefkästen zu sehen sind“, so der Tipp der Experten.
„Hallo Nachbar“: Präventionsaktion am Samstag, 28. Oktober, in Rosenheim und Traunstein
Unter dem Motto „Hallo Nachbar“ lädt das Polizeipräsidium Oberbayern Süd rund um den „Tag des Einbruchschutzes“ am Sonntag, 29. Oktober, zu Informationsveranstaltungen ein. Ziel der Aktion in diesem Jahr ist unter anderem die Kontaktpflege der Nachbarschaft – denn wer sich kennt, achtet mehr aufeinander und gibt Wohnungseinbrechern keine Chance. In Rosenheim sind die Fachberater am Samstag, 28. Oktober, von 10 bis 16 Uhr auf dem Ludwigsplatz zu finden, in Traunstein ebenfalls am 28. Oktober von 9 bis 13 Uhr beim Wochenmarkt auf dem Maxplatz.
Die Terrassentür im Fokus der Einbrecher
Eine bestimmte Tageszeit, zu der die Einbrecher besonders gerne zuschlagen, gäbe es nicht. Ganz im Gegensatz zum Gebäudebereich, an dem die Täter häufig ansetzen. „Angegangen wird meist die Terrassentüre im Garten“, weiß die Polizei. „Der Garten ist eingewachsen und bietet einen hervorragenden Sichtschutz.“ Für die Sicherheit in den eigenen vier Wänden bieten die Ordnungshüter daher eine Fachberatung direkt beim Verbraucher an – und zwar „kostenlos, produktneutral und kompetent“, wie ein Polizeisprecher betont.
Die wichtigsten Tipps der Polizei im Überblick
• Anwesenheit symbolisieren: Auch bei Abwesenheit sollten die Räume – am besten mittels Stehlampen und Zeitschaltuhren – erleuchtet werden.
• Außenbeleuchtung installieren: Eine Außenbeleuchtung mittels Bewegungsmelder oder Funkfernbedienung wirkt auf Einbrecher abschreckend. Sie sollte aber möglichst so unter dem Dach montiert werden, dass sie nicht sabotiert werden kann.
• Kellerschacht sichern: Auch über ungesicherte Kellerschächte gelangen Einbrecher oftmals in die Räumlichkeiten.
• Aufstiegshilfen entfernen: Gartenmöbel, Leitern oder Mülltonnen werden von Ganoven gerne als Hilfsmittel für einen Einbruch genutzt.
• Auf Verstecke verzichten: Schlüssel sollten niemals im Freien versteckt werden. Egal ob im Blumentopf, in Vogelhäusern oder im Bienenhotel – Profiverbrecher kennen laut Polizei alle Verstecke.
Doch nicht nur die Polizei kann in puncto Einbruchschutz als der sprichwörtliche „Freund und Helfer“ auftreten. Auch Fachbetriebe stehen Haus- und Wohnungseigentümerin mit Rat und Tat zur Seite. Wie beispielsweise Schreiner Kiesl, der neben seiner üblichen Schreinertätigkeiten wie Möbelbau auch das Thema Einbruchschutz im Portfolio hat. Wobei sein Augenmerk hier vor allem auf die Sicherung von Fenster und Türen liegt.
Wird er um Hilfe gerufen, so macht er sich beim Kunden vor Ort zunächst ein Bild von den dortigen Gegebenheiten. Oftmals könne er da schon Tipps geben, für die der Kunden noch nicht einmal die Geldbörse zücken muss. „Manchmal sieht man, wie dort beispielsweise eine Leiter an der Hauswand steht oder Mülltonnen“, sagt der Experte. „Da weise ich die Kunden dann darauf hin, dass man es den Einbrechern ja nicht noch leicht machen muss.“
Hochwertigere Beschläge, zusätzliche Riegel und Sicherungen
Bei der Begehung nimmt er besonders die Fenster und Türen ins Blick – und rät, je nach bisheriger Ausstattung, zu hochwertigeren Beschlägen oder zusätzlichen Riegeln und Sicherungen. Denn je schwieriger der Einbrecher in die Räumlichkeiten komme, umso schneller gebe er schließlich auf. Als eine der größten Schwachstellen hat der Experte dabei Terrassentüren ausgemacht. „Ich werde ja auch oft zu Türöffnungen gerufen, wenn sich beispielsweise jemand ausgesperrt hat“, erzählt der Handwerker. „Da hat mir die Terrassentür dann schon oft selbst geholfen, in die Wohnung zu kommen.“
Um die Räumlichkeiten effektiv zu schützen, müsse der Verbraucher aber schon ein bisschen Geld in die Hand nehmen. So könne für die fachmännische Sicherung eines kleinen Fenster rund 250 Euro, bei einer zweiflügeligen Balkontür 800 bis 900 Euro anfallen. Er habe auch schon Fälle gehabt, wo er bei alten Fenstern vom Umbau abgeraten und stattdessen den Kauf neuer Fenster angeregt habe: „Da schlagen die dann nämlich zwei Fliegen mit einer Klappe – sie haben sichere Fenster und sparen noch Energie.“
Sparen ist gut – aber nicht am falschen Ende
Sparen ist also gut – aber nicht am falschen Ende. Nach Einschätzung von Kiesl gäbe es sicherlich geübte Handwerker, die – beispielsweise in Baumärkten angebotene – Sicherungen selbst einbauen könnten. Alle anderen rät er aber, sich an die Experten zu wenden. „Als ich das erste Mal derartige Produkte eingebaut habe, habe selbst ich einiges an Lehrgeld zahlen müssen“, erinnert sich der Fachmann. Er habe auch schon Fälle gehabt, wo er an Türen gearbeitet habe, an denen der Ehemann einst selbst Hand in puncto Einbruchschutz angelegt hatte. „Da hatte er dann Mini-Schrauben verwendet, die für einen Einbrecher keine Hürden dargestellt hätten“, so der Schreiner. „Den Einbruchschutz hätte er sich sparen können.“
Doch mechanische Tür- und Fenstersicherungen sind nur die eine Seite. Auch in puncto elektrischem Einbruchschutz rüsten viele Haus- und Wohnungsbesitzer auf. So kümmert sich das Unternehmen ESS-Systeme aus Feldkirchen-Westerham zwar hauptsächlich um Firmengebäude und größere Objekte, hat aber auch für Immobilienbesitzer wertvolle Tipps parat.
So kann eine Videoüberwachung nach Angaben einer Mitarbeiterin des Unternehmens bereits abschreckende Wirkung auf etwaige Ganoven haben – besonders, wenn dort auch noch per Schild darauf hingewiesen werde. „Das bewirkt schon Einiges“, ist sich die Mitarbeiterin sicher. Allerdings rät sie bei Auswahl und Installation, unbedingt einen Experten ins Boot zu holen. „Nicht, dass dann plötzlich der Nachbar sich beschwert und auf den Datenschutz verweist“, sagt die Sicherheitsexpertin. Schließlich sei die Videoüberwachung nur auf Privatgrund erlaubt.
Ausreichende Auflösung für die Videokamera
Zudem rät sie Verbrauchern, bei der Auswahl der Videokamera lieber etwas tiefer in die Tasche zu greifen. „Wenn wirklich ein Einbruch geschieht, der Täter dann auf der Kamera aber nicht zu erkennen ist, dann ist das Geld umsonst ausgegeben“, sagt sie. Daher müsse die Kamera unbedingt über eine ausreichende Auflösung verfügen. Was bei Anlagen, die nur per Wlan übertragen, kaum gegeben sei. „Ich würde daher immer auch einen kabelgebundenen Anschluss setzen.“ Auch diese böten die Möglichkeit, online Aufnahmen und Meldungen über Tablet oder Smartphone abzufragen.
Und wenn es der Einbrecher doch mal ins Haus oder die Wohnung geschafft hat und auf frischer Tat ertappt wird? „Dann wählen sie sofort die 110“, rät die Polizei dringend davon ab, selbst die Ganoven zu stellen.