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Blick ins OVB-Zeitungsarchiv zum Jahrestag

160 Jahre Inntor-Abriss: „Schwer den Stadtvätern heute einen Vorwurf zu machen ...“

Links: Artikel zum Jahrestag des Inntor-Abriss am 5. April 1965. Rechts: „Inntor Rosenheim vom Ludwigsplatz aus gesehen“, aus den Beständen des Stadtarchivs Rosenheim.
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Links: Artikel zum Jahrestag des Inntor-Abriss am 5. April 1965. Rechts: „Inntor Rosenheim vom Ludwigsplatz aus gesehen“, aus den Beständen des Stadtarchivs Rosenheim.

An diesem Samstag jährt es sich zum 160. Mal, dass das Inntor am Ludwigsplatz in Rosenheim abgerissen wurde. Wir zeichnen an Hand von Beiträgen aus dem OVB-Zeitungsarchiv und mithilfe des Stadtarchivs Rosenheim die Hintergründe nach.

Rosenheim - „Unsere Stadt war früher kein Postamt, in das jeder x-Beliebige hineingehen und darin herumgehen konnte, wie es ihm passte!“, setzte in der Ausgabe des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) vom 27. August 1955 ein Beitrag an. Nun werde ab diesem Jahr auf dem Herbstfest daran erinnert werden, wie das Inntor einst dagegen vorbeugte. Denn es bildet, in Form einer Art Kulisse, rund drei Jahrzehnte lang den Haupteingang für das Volksfest. 90 Jahre waren damals seit dem Abriss vergangen.

Abbildung aus den Beständen des Stadtarchivs Rosenheim: „Inntor in Rosenheim von der Innstraße aus gesehen.“

„Es ist schwer, den Stadtvätern der damaligen Zeit heute einen Vorwurf aus diesem Beschluss zu machen; er war sozusagen ein Erfordernis der Zeit. Überall regte sich in der jungen Stadt vorwärtsdrängendes Leben, ein Fabrik- und Handelsrat bildete sich gerade in diesem Jahr, der Gewerbeverein wurde im Zusammenhang damit gegründet und die neue, eiserne Ludwigsbrücke über den Inn stand vor ihrer Fertigstellung“, schrieb im OVB vom 20. Juli 1950 Albert Aschl in einem Beitrag über das Inntor. Er war seit 1926 Stadtarchivrat im Stadtarchiv Rosenheim und zugleich Kreisheimatpfleger. Das Amt des Archivars würde er noch bis 1965 ausüben. „Dazu war gerade um diese Zeit der Sinn für das Historische so gut wie eingeschlafen, sonst hätte man vielleicht doch einen Weg gefunden, die Notwendigkeit der Zeit mit der Achtung der Vergangenheit zu verbinden.“

Blick ins OVB-Zeitungsarchiv zum Jahrestag - 160 Jahre Inntor-Abriss: „Schwer den Stadtvätern heute einen Vorwurf zu machen ...“

Das Inntor befand sich an der Stelle des heutigen Kreisverkehrs am Ludwigsplatz. „Unmittelbar hinter dem Erker an das große Eckgebäude zur Linken angebaut“, wie das Stadtarchiv zu berichten weiß, „Dieses ehemalige ‚Hoegnerhaus‘ war um die Hälfte schmäler, der Ludwigsplatz also wesentlich kleiner als heute. Direkt unter dem Tor floss der Mühlbach durch; dank einer Öffnung im Gehweg kann man heute seinen Verlauf wieder sehen und nachvollziehen.“ Mit seinem Abbruch habe der Platz auch seine „räumliche Fassung zur Inn- und Königstraße“ verloren. Otto Titan von Hefner habe die erste Erwähnung des Inntores auf das Jahr 1430 datiert, so das Archiv weiter. „Damals entstand der Äußere Markt als Erweiterung der Rosenheimer Altstadt. Als neue Zugänge zum Markt wurden das Inntor und das Wiesentor errichtet. Das Salzburger Tor, der bisherige Zugang von Osten, rückte somit in die Mitte Rosenheims und wurde nun ‚Mittertor‘ genannt.“

Das kleine 3-D-Modell des digital rekonstruierten Inntors.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde das „Inntor“ wiederum meist als „Fleischbanktor“ bezeichnet. In seinem eingangs zitierten Beitrag im OVB erläutert Aschl, dass diese zusammen mit dem Schlachthaus, durch welches der Mühlbach flosws, „gegen das heutige Nennhuber-Haus zu“ an das Inntor angebaut. Es sei „ein einfacher, hallenähnlicher Erdgeschossbau mit einem breiten, ausladenden Dach“ gewesen. Hintergrund war, dass Metzger, genauso wie beispielsweise Bäcker, keine eigenen Verkaufsläden unterhielten, sondern ihre Waren in sogenannten „Bänken“, ständigen Verkaufsständen auslegen mussten. Dies ist ab 1589 belegt. Ab 1606 befand sich außerdem das Schulzimmer der Knabenschule und eine Lehrerwohnung im Torhaus. „Noch 1860 wurde dort der Unterricht für die dritte Klasse abgehalten.“ Letztlich sei das Tor aber zu baufällig geworden.

Inntor kann mittels Augmented Reality wieder vor Ort gesehen werden

Interessant ist schließlich, wie das Inntor immer wieder beschrieben wird. Einen „imposanten Eindruck“ habe es „wenigstens marktseits“ geboten, meint etwa Aschl, nennt es aber einen „massiven Steinwürfel, in den der Torbogen eingeschnitten war“. „Eigenartigerweise wies es keinerlei Verzierungen auf, selbst die sonst an jedem Tor angebrachten beiden Wappenschilde fehlten hier. Besonders marktauswärts von der Traunsteiner Landstraße, der heutigen Innstraße, her war das Torgebäude völlig schmucklos und die durch zwei Querbänder durchzogene Fassade lediglich durch die Fensterreihe im ersten Stock und darüber durch drei kleine Speicherluken durchbrochen.“ Ein Beitrag zum hundertsten Jubiläum des Abrisses im OVB vom 5. April 1965 nennt das Torgebäude rundheraus „unförmig“.

Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:

Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag um 15 Uhr erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.

Wer sich selbst einmal einen Eindruck am früheren Standort des Inntors machen will, kann dies übrigens bereits seit Ende des vergangenen Jahres tun. Mittels einer App bietet die Stadt Rosenheim einen Augmented-Reality-Spaziergang. Eine der vier Stationen davon bietet die Möglichkeit, sich das historische Tor am Ludwigsplatz in Originalgröße anzusehen.  „Man kann sich vorstellen, wie das Tor am Ludwigsplatz früher ausgesehen hat“, erklärt auch Christian Baab, Pressesprecher der Stadt dazu. (hs)

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