Örtliche Dönerläden und DEHOGA alarmiert
Genormter EU-Döner? Was empörte Betreiber vom „Wahnsinn“ halten und was Kunden drohen könnte
Ein Antrag, wonach Döner nach einheitlichen Regeln in der EU hergestellt werden müssten, sorgt für große Empörung – auch in Kolbermoor und der Region. Denn die Richtlinien würden große Einschnitte bedeuten. Was genau gefordert wird und wie örtliche Dönerläden und Kunden reagieren.
Kolbermoor/Bad Aibling/Brüssel – Dass der Döner „definitiv unter den Top 3 meiner Lieblingsessen“ landet, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder unlängst auf der Online-Plattform „X“ kundgetan. Mit dieser Vorliebe steht der Politiker in Deutschland und auch speziell in Bayern sicher nicht alleine da. Auch in der Region gehört der Döner zu den beliebten Gerichten, was nicht zuletzt die große Anzahl an Kebab-Bistros deutlich macht. Viele solcher Läden gibt es ebenfalls in Kolbermoor. Doch wird das auch in Zukunft so bleiben? Schließlich werden Forderungen laut, wodurch Betreibern und Kunden einschneidende Veränderungen drohen, welche sich auf die Herstellung und schließlich auch auf die Preise auswirken könnten.
Fakt ist: Seit geraumer Zeit erhitzt eine Diskussion um die Döner-Herstellung die Gemüter. Grund ist der Vorstoß des internationalen Dönerverbandes „Udofed“, einem türkischen Verein mit Sitz in Istanbul, der den Döner von der Europäischen Union als „garantiert traditionelle Spezialität“ schützen lassen will. Sollte die EU diesem Antrag zustimmen, müssten die Dönergerichte europaweit nach einheitlichen Regeln hergestellt werden. Das wiederum sorgt bundesweit für Empörung in der Gastronomie. Denn: Würde dem Vorstoß stattgegeben, dürften Döner nicht mehr, wie oftmals üblich, mit Kalb-, Jungrindfleisch oder alternativ mit Putenfleisch produziert werden. Auch etwa die Dicke der Fleischscheiben oder die Länge des Messers werden durch den Udofed-Antrag festgelegt. Dem Antrag nach müsste der Döner aus Fleisch von mindestens sechzehn Monate alten Rindern oder Keulen- beziehungsweise Rückenfleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen bestehen.
Warum es die Branche ohnehin schwer hat
Anliegen, die in Deutschland überwiegend auf Verwunderung stoßen. Neben der Bundesregierung, die gegen den EU-Antrag Einspruch erhoben hat, hat sich etwa auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) deutlich gegen das Ansinnen aus der Türkei ausgesprochen. Eine Haltung, die sich in Kolbermoorer Dönerläden widerspiegelt. „Das ist ein kompliziertes Thema und macht uns das Leben schwer“, sagt Oktay Er, Inhaber der „Döner Bro‘s“ in Kolbermoor. Natürlich habe der Döner eine lange Geschichte in der Türkei. Allerdings schließe etwa die Bezeichnung „Dönerspieß“ eigentlich keine Fleischart aus. Dennoch seien hierzulande Dönerläden bereits in der Vergangenheit dazu gezwungen worden, ihre Bezeichnungen beispielsweise in „Drehspieß“ zu ändern.
Der neue Vorstoß und der damit verbundene „Wahnsinn“ würde die Situation nur noch weiter verschärfen. „Was sollen wir denn machen?“, fragt sich Inhaber Er und zeigt hierfür kein Verständnis. Der Kolbermoorer Betreiber, der seinen Laden seit März in der Brückenstraße führt, nutzt für seine Dönergerichte Kalbfleisch. Neben weiteren Namensänderungen, die die diskutierten Einheitsregeln für ihn nach sich ziehen würden, sieht Er auch eine finanzielle Gefahr. Ohnehin hätte seine Branche in Deutschland unter den generellen Preissteigerungen massiv zu leiden. Ziehe man von einem 8-Euro-Döner die Kosten für Fleisch, Semmel, Salat, Soßen sowie Strom und Gas ab, blieben am Ende etwa zwei Euro übrig. „So hat sich der Gewinn mittlerweile in etwa halbiert“, schildert Er, der vor einigen Jahren noch in Prutting einen Dönerladen betrieb, die veränderten Grundvoraussetzungen.
Der Döner als „belegtes Brötchen“?
Eine EU-weite Herstellungsregel würde die Lage noch komplizierter machen. Ähnlich sieht das Mücella Ceylan vom Kolbermoorer „Orient Kebab Haus“. Ihrer Ansicht nach gebe es ohnehin den „besten Döner in Deutschland“ und Überlegungen zu einer vorgegebenen Richtlinie zeugten deshalb eher von Neid. „Warum will uns jemand vorschreiben, wie wir den Döner herstellen oder wie ein Gericht heißen soll?“, fragt sich Ceylan im Gespräch mit dem OVB. Sie verstehe deshalb nicht, warum sie etwa ihre Speisen nicht einfach Döner nennen darf. „Wenn ich bestelle, sage ich ja trotzdem Döner, so oder so“, springt ihr ein Kunde kopfschüttelnd zur Seite, der gerade auf seine Bestellung wartet. Seine spöttische Anmerkung: „Bald darf es dann wohl nur noch belegtes Brötchen heißen.“
Indes lobt Mücella Ceylan die Strukturen in Deutschland und begrüßt die regelmäßigen Lebensmittelkontrollen. Solche Qualitätsstandards gebe es beispielsweise in der Türkei nicht. Und so sollte es den Deutschen auch nicht vorgeschrieben werden, wie sie ihre Dönergerichte herzustellen haben.
DEHOGA: „Das geht zu weit“
Doch ob es wirklich europaweit Änderungen bei der Dönerherstellung geben wird, muss nun die EU entscheiden. Der Hotel- und Gaststättenverband hat jedenfalls ebenfalls Einspruch gegen den Antrag eingelegt. „Denn das geht zu weit“, erklärt Dr. Thomas Geppert, Aiblinger Stadtrat und gleichzeitig Landesgeschäftsführer der DEHOGA Bayern auf OVB-Anfrage. Eine entsprechende Umsetzung der Forderung würde den Döner, wie er hierzulande bekannt sei, gefährden. „Deutschland ist ein Dönerland“, sagt Geppert und spricht von einem Gericht, welches bundesweit anders etabliert und gewünscht wird, als es die türkische Erzeugergemeinschaft vorsieht. „Das würde hier zu Verunsicherung führen“, stellt der Landesgeschäftsführer klar.
So hätten die Änderungen nicht nur ein „Namenswirrwarr“ zur Folge, auch finanziell könnte es Betreiber und Kunden „knallhart“ treffen. Beispielsweise, weil dann etwa auch der Döner mit Putenfleisch, wie er in Deutschland oftmals angeboten wird, nicht mehr möglich wäre. „Es geht bei dem Vorstoß auch nicht um Qualität, sondern rein um die Vorgehensweise.“
Bleibt also abzuwarten, was die EU entscheiden wird. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte seinen Standpunkt jedenfalls kürzlich ebenfalls bei „X“ deutlich gemacht: „Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara.“

