Gesetzesänderung für Eigentümergemeinschaften
Eigentümerversammlung nur online? Diese Hürden sieht der Haus- und Grundbesitzverein
Geht es nach der Bundesregierung, soll es für Eigentümergemeinschaften in Zukunft möglich sein, ihre Eigentümerversammlungen rein virtuell abzuhalten. Doch Robert Schlamp vom Verein „Haus & Grund Bad Aibling und Umgebung“ sieht dafür zahlreiche Hürden.
Bad Aibling/Bruckmühl – Das Bundeskabinett hat den Entwurf bereits beschlossen, nun liegt es am Bundestag und am Bundesrat, ob Eigentümergemeinschaften ihre Versammlungen künftig auch in reiner Online-Form abhalten können. Bereits Ende 2020 war das sogenannte Wohnungseigentumsrecht dahingehend geändert worden, dass sich Eigentümer nach einem Mehrheitsbeschluss auch online zur Präsenzveranstaltung dazuschalten konnten.
Nun will die Bundesregierung aber einen weiteren Schritt gehen: Tritt die Gesetzesänderung in Kraft, dann können Eigentümergemeinschaften mit einer Dreiviertelmehrheit beschließen, dass die Eigentümerversammlungen nur noch online stattfinden. Die Eigentümerversammlungen beschließen unter anderem gemeinsame Ausgaben wie Renovierungen an den Gemeinschaftseinrichtungen oder auch Verhaltensregeln wie beispielsweise die Hausordnung.
Doch während zumeist jüngere Eigentümer diesen Schritt in Hinblick auf mehr Flexibilität befürworten, haben auf der anderen Seite Eigentümer, die mit technischen Neuerungen eher auf dem Kriegsfuß stehen, die Angst, ausgeschlossen zu werden. Ob diese Befürchtung berechtigt ist, welche Rolle der Datenschutz spielt und was er Eigentümergemeinschaften rät, hat Robert Schlamp (55), Vorsitzender des Vereins „Haus & Grund Bad Aibling und Umgebung“ mit Sitzen in Bad Aibling und Bruckmühl, im Interview mit dem OVB verraten.
Bislang ist die Änderung des Wohnungseigentumsrechts noch nicht in trockenen Tüchern. Gibt es bei Ihrem Verein dennoch bereits Anfragen hinsichtlich der möglichen Online-Eigentümerversammlung?
Robert Schlamp: Ja, bereits einige. Und zwar von Befürwortern, aber auch von Eigentümern, die dagegen sind. Und in der Mitte steht in der Regel der Hausverwalter, der versuchen muss, beide Seiten zusammenzubringen.
Wie stehen Sie persönlich zu den geplanten Änderungen? Ist es sinnvoll, dieses Thema anzugehen?
Schlamp: Die Gedanken, die dahinter stecken, sind grundsätzlich schon in Ordnung. So müssten die Eigentümer nicht mehr zum Versammlungsort fahren, zudem würden Reisekosten und etwaige Mietkosten für den Versammlungsort entfallen. Für einen Hausverwalter wäre es außerdem eine zeitliche Erleichterung, weil er im Endeffekt die Versammlung nicht abends ansetzen muss, damit alle Eigentümer bereits im Feierabend sind. Das Ganze bringt aber auch Hürden mit sich.
Welche sind das?
Schlamp: Zum einen wird eine datenschutzkonforme Software benötigt, die nicht gerade günstig ist. Unter dem Strich ist diese aber sicherlich günstiger, als jede Form von Reiseweg, der ja dann wegfällt. Eine weitere Hürde ist, dass die Eigentümer natürlich mit der Technik zurechtkommen müssen. Außerdem vermute ich, dass bei Online-Versammlungen noch eine viel größere Versammlungsdisziplin gefordert sein wird, als bei Präsenzveranstaltungen. Und dann ist natürlich auch noch der Ausschluss der Öffentlichkeit ein riesiges Thema. Denn das, was besprochen wird, soll ja innerhalb der Eigentümergemeinschaft bleiben. Wenn dann aber ein Eigentümer während der Versammlung an einer Bar sitzt und 15 Leute drumherum alles mitverfolgen, finden das die anderen Eigentümer bestimmt nicht gesetzeskonform. In dieser Richtung gibt es meiner Meinung nach noch viel Diskussionsbedarf.
Vor allem ältere Immobilieneigentümer, die vielleicht noch nicht mal ein Smartphone oder einen Computer besitzen, haben Angst davor, dadurch abgehängt und ausgeschlossen zu werden. Eine nachvollziehbare Angst?
Schlamp: Ja, auf jeden Fall. Daher bin ich auch der Meinung, dass diese Entscheidung, die sicherlich grundsätzlich für die Zukunft sinnvoll ist, noch zu früh kommt. In zehn bis 15 Jahren würde sich die Frage, ob jemand dadurch ausgeschlossen wird, gar nicht mehr stellen. Daher sollten wir abwarten, bis der Generationswechsel weiter vollzogen ist. Man sieht ja, wie schnell das voranschreitet. Wir haben innerhalb der Bevölkerung mittlerweile eine E-Mail-Erreichbarkeit von rund 82 Prozent, die jedes Jahr weiter steigt. Und auch die Banken haben in der Vergangenheit eine große Vorreiterrolle übernommen, in dem sie das Filialnetz ausgedünnt haben. Daher sind mittlerweile auch viele ältere Menschen mit Online-Banking und digitaler Welt durchaus vertraut.
Was würden Sie Eigentümergemeinschaften raten, wenn das Gesetz so, wie vom Bundeskabinett verabschiedet, Wirklichkeit werden würde?
Schlamp: Dass die Jüngeren Verständnis für die Älteren aufbringen und umgekehrt. Es ist ja keine Vorgabe, dass die Versammlung online abgehalten werden muss. Sondern letztlich muss derzeit die deutliche Mehrheit von 75 Prozent oder mehr das beschließen, es sei denn, der Gesetzgeber spricht im Gesetz ein Machtwort.
Haben Sie die Befürchtung, dass es dann eine Klagewelle geben könnte?
Schlamp: Nein, eigentlich nicht. Vor allem nicht, wenn das Gesetz gut und klar formuliert ist.