Von Zweck bis Kosten
Was Ihr braucht: Fünf Versicherungen für Eigenheimbesitzer
Das Leben im geliebten Eigenheim kann schnell zu Ende sein, wenn das Einkommen wegbricht oder ein großer Schaden entsteht. Wir geben Euch einen Überblick, wie die richtigen Versicherungen schützen können.
Hamburg/Berlin (dpa/tmw) - Wer ein Haus kauft, geht eine große finanzielle Verpflichtung ein. Schließlich muss die Immobilie in aller Regel über Jahrzehnte abbezahlt werden - Monat für Monat. Kommt eine Krankheit dazwischen, kann es finanziell ziemlich schnell eng werden. Von einem unerwarteten Todesfall ganz zu schweigen.
Doch Risiken wie diese lassen sich mit der richtigen Versicherung gut absichern. Das gleiche gilt für mögliche Schäden am Haus - etwa durch Unwetter und Überflutungen.
Die folgende Übersicht zeigt, welche Versicherungen Immobilienbesitzer wirklich brauchen - und auf welche Punkte sie beim Abschluss jeweils achten sollten.
1. Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung immer sinnvoll?
Aus dieser Versicherung bekommen Menschen eine monatliche Rente, wenn sie ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen langfristig nicht mehr ausüben können. „Jeder Mensch, der mit Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, sollte eine BU haben“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. „Das betrifft nicht nur Immobilienkäufer.“
Viele Menschen unterschätzen ihr Risiko, im Laufe ihres Lebens berufsunfähig zu werden - dabei trifft es etwa jeden Vierten. Die Folgen für Immobilienbesitzer sind gravierend: „Wenn der Hauptverdiener den Kredit nicht mehr zahlen kann, ist die Familie gezwungen, aus der Immobilie auszuziehen“, sagt Boss.
„Die BU ist unabhängig von der Immobilienfinanzierung die wichtigste Versicherung neben der Krankenversicherung und Privathaftpflicht“, sagt André Salau, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Versicherungsberater. Diese Berater arbeiten nicht gegen Provision, sondern werden nach Zeit und Aufwand der Beratung bezahlt.
Salau schildert das Risiko: Angenommen, ein junger Mann von 30 Jahren kann nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. Die Rentenversicherung zahlt erst dann, wenn dieser Mann nur noch weniger als drei Stunden in irgendeinem Beruf arbeiten kann. „Er ist dann also gezwungen, jeden Job anzunehmen, der gerade noch klappt.“
Was passiert also? „Wenn Sie 18 Monate keinen Job finden, weil Sie nicht vermittelbar sind, rutschen Sie in die Sozialhilfe“, erklärt Salau. Bisheriges Vermögen sei dann schnell aufgefressen. „Solange Sie noch Fonds oder eine Eigentumswohnung haben, sagt das Sozialamt: Her damit.“ Man verliert also seine Ersparnisse.
Warum werden Menschen berufsunfähig?
Laut einer Untersuchung des Analysehauses Morgen & Morgen sind dies die häufigsten Leistungsfälle privater BU-Versicherer:
- Nerven- und psychische Erkrankungen (33,5 Prozent)
- Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparats (20,1 Prozent)
- Krebs und andere bösartige Geschwüre (17,4 Prozent)
- Unfälle (7,8 Prozent)
- Herz- und Gefäßerkrankungen (6,5 Prozent)
Wann sollte ich die Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen?
Grundsätzlich gilt: „Je jünger und fitter man ist, umso günstiger ist die BU, umso weniger Zuschläge zahlt man und umso weniger Ausschlüsse gibt es“, erklärt Boss. „Aber in jungen Jahren ist das Interesse oft nicht da, man gibt das Geld lieber für andere Dinge aus.“
Hinzukommt die finanzielle Belastung durch die Immobilie: „Ganz viele junge Familien haben keine BU, weil die Finanzierung so eng ist.“ Denn die Versicherung ist nicht gerade günstig.
Was kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung kosten?
- Gesundheitszustand: Ob und zu welchen Bedingungen man die Versicherung bekommt, hängt von ganz vielen Faktoren abhängig. „Der Gesundheitszustand ist sehr entscheidend.“ Der wird anhand eines Fragebogens erfasst. Menschen mit schweren Erkrankungen können abgelehnt werden. Hier gilt: „Man muss 100 Prozent ehrlich sein“, sagt Boss.
- Beruf: Auch der Beruf spielt eine große Rolle. Es könne sein, dass ein gesunder, 30 Jahre alter Bürokaufmann monatlich etwa 40 Euro zahle, so die Versicherungsexpertin. Für einen Altenpfleger mit hoher körperlicher und psychischer Belastung könne die Summe dagegen ein Vielfaches davon betragen.
Der Tipp lautet immer, die Versicherung so früh wie möglich abzuschließen, zum Beispiel direkt beim Berufseinstieg. Der Grund ist simpel: Je jünger man ist, umso gesünder ist man in der Regel auch.
Der Schutz ist Finanztest zufolge sogar schon ab 10 oder 15 Lebensjahren möglich (Ausgabe 6/2021). Das sei über die gesamte Laufzeit gerechnet nicht unbedingt teurer als bei einem Abschluss zehn Jahre später. Ein Vorteil: Das Berufsrisiko von Schülerinnen und Schülern schätzen die Versicherungen noch als gering ein.
Was mache ich, wenn ich schon eine chronische Erkrankung habe?
Versicherungsberater können eine anonymisierte Voranfrage stellen. Damit lässt sich herausfinden, welche Gesellschaften einen Versicherungsschutz zu welchen Konditionen anbieten würden. Der Vorteil: „Der eigene Name taucht dann nirgendwo auf“, sagt Bianca Boss. „Wenn Sie schon einmal abgelehnt wurden, müssen Sie das üblicherweise bei einem anderen Antrag angeben. Und das wäre dann sehr hinderlich.“ Die Versicherung wäre sofort hellhörig und würde auch ablehnen.
2. Wann ist eine Risikolebensversicherung sinnvoll?
Der Verlust eines geliebten Menschen ist immer schmerzlich. Auch finanziell können die Auswirkungen gravierend sein, wenn der Hauptverdiener bei einem Unfall oder an einer Krankheit stirbt. Das gilt erst recht für junge Familien, die Eigentum gekauft haben und monatlich ihren Kredit abbezahlen müssen.
Die Risikolebensversicherung bietet hier Schutz vor dem Verlust der Immobilie. „Es geht um den Werterhalt der Immobilie“, sagt André Salau. „Im schlechtesten Fall muss ich das Haus verkaufen. Viele wünschen sich einfach, dass es der Familie weiter gut geht und dass sie im Haus wohnen bleiben kann, falls man selbst versterben sollte.“
Tipp: Die Expertin rät dazu, dass beide Partner jeweils auf ihren Namen eine Risikolebensversicherung abschließen. Nur dann könnten die Kinder in der Immobilie wohnen bleiben, falls beide Elternteile sterben sollten. „Oft macht das aber nur der Hauptverdiener“, sagt Boss.
André Salau rät von Verträgen auf Gegenseitigkeit ab. Dabei sind zwei Personen über einen Vertrag versichert. „Sterben dann aber beide Eltern bei einem Autounfall, wird die Summe nur einmal ausgezahlt.“
Was kostet eine Risikolebensversicherung?
Die Stiftung Warentest kam bei ihrem letzten Test zu dem Ergebnis: Der Schutz ist nicht teuer (Ausgabe 2/2020). Demnach zahlte eine Kundin gut 20 Euro monatlich für eine Summe von 250.000 Euro. Diese wird im Todesfall ausgezahlt - und zwar nur dann, anders als bei der Kapitallebensversicherung.
Viele Banken verlangen den Abschluss einer Risikolebensversicherung für die Finanzierung. Die Stiftung Warentest rät, nicht das Angebot der Bank anzunehmen, sondern selbst Tarife zu vergleichen. „Banken haben meist ihre eigenen Produkte, die sie verkaufen wollen“, sagt André Salau. Aber: „Die kosten teilweise ein Vielfaches des marktüblichen Preises.“ Trotzdem schließen ihm zufolge rund 50 bis 60 Prozent die Versicherung bei einer Bank ab.
Der Test der Stiftung Warentest zeigte: Die Leistungsunterschiede sind eher gering. Auch günstige Tarife deckten entscheidende Risiken ab. Trotzdem unterscheiden sich die Preise deutlich. Es lohnt sich also umso mehr, die Tarife miteinander zu vergleichen.
Grundsätzlich gilt: Wer einen riskanten Beruf hat oder gefährlichen Hobbys nachgeht, zahlt Risikoaufschläge. Die Höhe der Zuschläge ist Finanztest zufolge sehr unterschiedlich. Rauchen und Übergewicht verteuern die Versicherung ebenfalls.
Wie hoch sollte die Versicherungssumme und wie lang die Laufzeit sein?
Die Summe muss ausreichen, um das ausgefallene Einkommen für die nächsten Jahre zu ersetzen. Sie hängt von der Höhe des Kredites ab, aber auch von den laufenden Unterhaltskosten, um das Leben weiterhin bestreiten zu können. Auch die Ausbildungskosten der Kinder sollten Eltern berücksichtigen, rät Boss.
Faustregel: Die Summe sollte beim Drei- bis Fünffachen des Bruttojahreseinkommens liegen, raten die Experten. Die versicherte Summe lasse sich im Lauf der Zeit anpassen, sagt Boss. „Dann verringert sich auch der monatliche Beitrag.“ Zum Beispiel, wenn die Kinder aus der Ausbildung sind.
Die Laufzeit hängt davon ab, wie lange die Angehörigen abgesichert werden sollen. Laut Finanztest reichen oft 20 Jahre. Die Police endet dann etwa mit dem 55. oder 60. Lebensjahr. Die Kinder seien aus dem Gröbsten raus, beide Elternteile könnten Vollzeit arbeiten. Flattert unerwartet Geld aufs Konto, etwa durch eine Erbschaft, kann die Police zum Ende des Versicherungsjahres gekündigt werden.
Worauf sollte ich beim Abschluss unbedingt achten?
Wie bei der BU prüfen die Versicherer den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers anhand eines umfangreichen Fragebogens. Sie fragen etwa nach Migräne, Heuschnupfen, Entzündungen und Depressionen. Und sie fragen auch beim Hausarzt nach.
Chronisch Kranke haben Finanztest zufolge große Probleme, überhaupt eine Versicherung zu bekommen. Hier gebe es große Unterschiede bei den Versicherern. Manche bieten an, die chronische Krankheit als Todesursache auszuschließen. Finanztest rät aber davon ab. Stattdessen lieber einen Risikoaufschlag zahlen, lautet der Hinweis.
Wichtig: Auch wenn die Fragen sehr privat sind, sollte man ehrlich antworten. „Wer schummelt oder Krankheiten verschweigt, riskiert den Versicherungsschutz“, so die Stiftung Warentest.
3. Was sichert die Restschuldversicherung ab?
Diese Versicherung übernimmt die Ratenzahlungen, wenn das Einkommen durch Tod, Krankheit oder Arbeitslosigkeit ausfällt. „Diese Versicherung dient wirklich nur zur Absicherung des Kredits“, sagt Bianca Boss. Es geht also nicht darum, auch die übrigen Lebenshaltungskosten abzusichern. Nötig sei die Police häufig nicht: „Man fährt oft auch gut damit, wenn man eine ganz normale Risikolebensversicherung mit gleichbleibender Summe abschließt.“
Auch André Salau hält von dieser Versicherung nicht viel. „Am besten ist, wenn ich das Geld für kleinere Ausfälle meines Einkommens auf der hohen Kante habe und damit meinen Kredit weiter bediene“, rät er. Die Restschuldversicherung sei ein „Bankenprodukt“ und sehr teuer. Hohe Provisionen stehen hier immer wieder in der Kritik.
4. Wohngebäudeversicherung und Elementarschadenversicherung
Nicht nur den Immobilienbesitzern kann etwas zustoßen, sondern auch dem Haus. Gegen Unfälle und die Macht der Natur gibt es keinen Schutz, höchstens gegen die Folgen: in Form einer Wohngebäudeversicherung.
Diese Versicherung sollte jeder Immobilienbesitzer haben. Sie wird von der Bank auch erwartet, sagt Bianca Boss. Damit sind mehrere Risiken abgesichert:
- Feuer
Blitzschlag - Rohrbruch
- Frost
- Sturm
- Hagel
Für Schäden durch Überschwemmungen, Starkregen, Erdbeben oder Erdrutsche braucht es dagegen die Elementarschadenversicherung. „Es handelt sich um zwei getrennte Verträge“, sagt Boss. „Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung automatisch mit abgesichert sind.“
Jeder sollte eine Versicherung gegen Elementarschäden haben - unabhängig vom Wohnort. Bianca Boss verweist darauf, dass mittlerweile auch Menschen von Überflutungen betroffen sind, die abseits von Flüssen leben. „Die Böden sind ausgetrocknet und können das Wasser bei Starkregen nicht mehr aufnehmen, alles wird überschwemmt. Davor ist fast niemand mehr gefeit.“
Die Höhe des monatlichen Beitrags hängt in erster Linie vom Wert des Hauses und von der Lage ab. Versicherer kalkulieren hier mit dem Neubauwert der Immobilie - also den Kosten für einen Wiederaufbau nach Zerstörung.
Es kann sogar sein, dass man keine Versicherung bekommt, etwa in Regionen, die besonders von Überflutungen betroffen sein könnten. „Bevor ich ein Grundstück kaufe, würde ich prüfen, ob ich dafür überhaupt eine Elementarschadenversicherung abschließen kann“, rät Boss. Es gebe Regionen, wo das für viele Baugrundstücke nicht mehr möglich sei, wegen des hohen Risikos. „Dann würde ich mir Gedanken machen. Die Gesellschaften lehnen einen nicht ohne Grund ab.“ Ein Haus an diesem Ort ist dann womöglich ohnehin keine gute Idee.
Worauf sollte ich beim Abschluss achten?
Oft kürzen Versicherer ihre Zahlung oder verweigern sie ganz, wenn Hausbesitzern Fahrlässigkeit unterstellt werden kann. Das fand die Stiftung Warentest in ihrem letzten Test heraus (Finanztest Ausgabe 3/2021). Das Problem betraf aber vor allem ältere Verträge. In dem Test waren 79 von 178 Tarifen „mangelhaft“, 68 dagegen „sehr gut“. Es lohnt sich also, die Angebote gut zu vergleichen.
Diese sechs Leistungen sind laut Finanztest unbedingt notwendig:
- Grobe Fahrlässigkeit: Das kann der vergessene Topf auf dem Herd sein oder die berüchtigte Kerze auf dem Adventskranz.
Abbruch- und Aufräumkosten: Nach einem Brand bleiben Reste des Hauses übrig, deren Reinigung und Beseitigung Geld kostet. - Transport: Hier geht es um Kosten etwa für Möbeltransporte, wenn nach einem Schaden Sanierungen nötig sind.
- Bauauflagen: Neue behördliche Auflagen für den Wiederaufbau eines Hauses können zusätzliche Baukosten bedeuten.
- Dekontamination: Verbrennt bei einem Feuer Elektronik oder Plastik, gelangen womöglich Giftstoffe ins Erdreich. Ein Austausch der Erde unter dem Haus kann teuer werden.
- Überspannung: Nach einem Blitzeinschlag in Überlandleitungen können Spannungsspitzen schwere Schäden verursachen.
Darüber hinaus sind folgende Leistungen ratsam, die auch in die Bewertung der Tarife eingeflossen sind:
- Hotelkosten
- Sachverständigenkosten
- Rauch- und Rußschäden
- Anprall von Fahrzeugen
- Ableitungsrohre
- Schutz bei Versichererwechsel
- Vorsorgeversicherung
Philipp Laage, dpa