So hoch sind die Schulden pro Einwohner
„Finanziellen Gürtel enger schnallen“: Rekord-Verschuldung in Feldkirchen-Westerham?
Feldkirchen-Westerham hat seinen Haushalt für 2025 vorgestellt: Mit dem Volumen von 58,2 Millionen Euro handelt es sich um einen Rekordhaushalt. Warum bei einem Punkt die Meinungen der Räte auseinander gehen.
Feldkirchen-Westerham – Eins wollte sich Kämmerin Jennifer Ziegelmann wohl auf keinen Fall entgehen lassen. Die frischgebackene Mutter sitzt auch heuer wieder im Sitzungssaal der Gemeinde Feldkirchen-Westerham und stellt dem Gemeinderat den Haushalt 2025 vor. Dieser wurde einstimmig verabschiedet. Für die Mitglieder der Partei Pro Bürger gab es einige Punkte, die sie nicht überzeugten. Sie stimmten deshalb für die Haushaltssatzung 2025, aber gegen die mittelfristige Finanzplanung 2026 bis 2028 (17:4).
Die Gemeinde plant für das laufende Jahr 2025 mit einem Rekordhaushalt in Höhe von 58.197.933 Euro. „Der Gesamthaushalt steigt damit um 10,58 Prozent zum Vorjahr“, erklärt Kämmerin Ziegelmann (2024: 52.631.083 Euro). Der Verwaltungshaushalt ist für 2025 mit 36.202.160 Euro (2024: 35.198.250 Euro), der Vermögenshaushalt mit 21.995.773 Euro (2024: 17.432.833 Euro) angesetzt. Somit steigt der Verwaltungshaushalt laut Ziegelmann um 2,85 Prozent. „Im Vermögenshaushalt ist die Erhöhung um mehr als ein Viertel (26,17 Prozent) deutlich erkennbar“, erklärt sie. Grund dafür seien einige Investitionen, die noch anstehen und erst jetzt vorangetrieben werden. Aufgrund dessen sei es zu der Steigerung des Gesamthaushalts gekommen.
Personalkosten steigen deutlich
Die drei größten Einnahmequellen im Verwaltungshaushalt werden die Einkommens- und Umsatzsteuerbeteiligung mit elf Millionen Euro (2024: 10,6 Millionen Euro), die Gewerbesteuer mit zehn Millionen Euro (2024: elf Millionen Euro) und diverse Gebühren mit 5,2 Millionen Euro (2024: 4,2 Millionen Euro) sein. „Die Gewerbesteuerung habe ich mit einer Million Euro weniger als im vergangenen Jahr angesetzt, da ich hier etwas vorsichtiger rangegeangen bin“, sagt Ziegelmann.
Auf der Ausgabenseite werden für Personalkosten 32,58 Prozent des Verwaltungshaushalts benötigt, also 11,7 Millionen Euro. „Das ist die größte Position, die vor allem durch Tariferhöhungen und viele Neueinstellungen in unserem Kita-Bereich anfällt“, erklärt die Kämmerin. Die 11,7 Millionen Euro setzen sich aus den Personalkosten der Kindertageseinrichtung mit 5,2 Millionen Euro, den Personalkosten im handwerklichen Bereich mit 2,2 Millionen und den Personalkosten im allgemeinen Betrieb mit 4,3 Millionen Euro zusammen. Die Kreisumlage ist von fast zehn Millionen auf 8,8 Millionen gesunken, da die Bemessungsgrundlage gesunken ist und der Hebesatz gleich bleibt. Der Verwaltungs- und Betriebsaufwand muss in Höhe von 8,2 Millionen Euro durch den Verwaltungshaushalt gestemmt werden.
Es kommt eine „erhebliche Kreditaufnahme“
Der Vermögenshaushalt ist mit 21,9 Millionen Euro angegeben. „Der größte Einnahmepunkt sind die Kreditaufnahmen mit 11 Millionen Euro, die für Investitionen neu aufgenommen werden“, sagt Jennifer Ziegelmann. Das sind 50,01 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die Kämmerin erklärt, dass der mittelfristige Finanzplan für dieses Jahr und die nächsten zwei Jahre eine „erhebliche Kreditaufnahme“ mit sich ziehen wird. Sie schätzt, dass 2028 aber alle Großbauprojekte so weit durch sind, sodass die Gemeinde „wieder ohne Kreditfinanzierung auskommt. Dann können wir die Schule finanzieren“. Neben der Kreditaufnahme sind auch die Zuweisungen für Investitionen mit 10 Millionen Euro und weitere Beiträge mit 535.000 Euro die größten Einnahmen.
Zu den Ausgaben des Vermögenshaushalts zählen vor allem die Hochbaumaßnahmen mit 13.330.000 Euro, die Tiefbaumaßnahmen mit 4.250.000 Euro und Grunderwerbe mit 2.070.000 Euro. Abschließend erklärt Ziegelmann noch: „Das Investitionsprogramm sieht für die nächsten vier Jahre eine Investitionssumme von 56,4 Millionen Euro vor und entspricht unserem Plan, den Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam aufgestellt haben.“
Das sagen die Mitglieder des Gemeinderats dazu
Für den Haushalt sprachen sich unter anderem die Freien Wähler der Gesamtgemeinde aus. Und das, obwohl die Neuaufnahme von elf Millionen Euro an Schulden beachtlich sei. „Durch diese Kapitalaufnahme bekommen wir eine Rekord-Verschuldung von weit über 2000 Euro pro Kopf Verschuldung je Gemeindebürger (Anmerkung der Redaktion: tatsächlich 1313 Euro)“, sagt Parteimitglied Sebastian Höss.
Ein Teil davon entstehe zur Tilgung von freiwilligen Leistungen, wie zum Beispiel für die Dorfmitte. Auch das geplante ISEK-Projekt ist derzeit mit einem Kostenplan von circa 40 Millionen Euro im Gespräch. „Wenn man diese Summen hört, müssten bei jedem Gemeinderat, sowie bei Mitarbeitern der Gemeinde, die Alarmglocken läuten“, betont Höss.
Der Partei sei es deshalb wichtig, dass bei allen kommenden Bauvorhaben der Fokus auf ein „solides Preis-Leistungs-Verhältnis“ liegt. Genauso sollten auch Projekte, die aufgrund der Prioritätenliste zurückgestellt werden mussten, nicht vergessen werden. „Wir werden in den nächsten Jahren den finanziellen Gürtel um einiges enger schnallen müssen, um einigermaßen finanziell über die Runde zu kommen“, schließt Höss ab.
Suche nach „Einsparmöglichkeiten“
Auch die CSU-Fraktion stimmt dem Haushalt 2025 zu. Fraktionsvorsitzender Bernhard Neumaier betont ebenfalls, dass der „finanzielle Spielraum der Gemeinde deutlich kleiner geworden ist“. Bislang war die Gewerbesteuer immer der größte Posten bei den Einnahmen, nun sind sie gestiegen. „Zum ersten Mal übersteigt die Einkommensteuerbeteiligung die Gewerbesteuer leicht“, sagt Neumaier. Es sei deshalb wichtig, dass nach weiteren „Einsparmöglichkeiten“ gesucht werde, „um auch in den nächsten Jahren handlungsfähig zu bleiben“.
Auch für die CSU-Partei sei die Kreditaufnahme von elf Millionen Euro beachtlich. Es sei eine Summe, die alle bisherigen Kredite deutlich übersteigt. Dennoch ist für die Fraktion, laut Neumaier, eines klar: „Wir werden diese mittragen, da wir überzeugt sind, dass die geplanten Investitionen alle sehr sinnvoll und für die weitere Entwicklung unserer Gemeinde notwendig sind.“
Dem schließen sich auch die Grünen an. „Dieser Haushalt ist ein Bekenntnis zu einer nachhaltigen, sozialen und zukunftsfähigen Gemeinde“, sagt Michael Günzl. Die Nettokreditaufnahme von elf Millionen Euro sei auf den ersten Blick sehr hoch, doch für die Grünen sei sie eine notwendige Investition in die Zukunft. Mit dem Haushalt werde in die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit der Gemeinde investiert. „Jeder Euro, den wir heute klug in energieeffiziente Gebäude, nachhaltige Mobilität oder klimaresistente Infrastruktur investieren, spart uns morgen Folgekosten und schützt unsere natürlichen Lebensgrundlagen“, sagt Günzl.
Dass heute ein Rekordhaushalt in Höhe von 58,2 Millionen Euro vorliegt, ist laut dem Fraktionsmitglied eine „beeindruckende Summe“, die das Ergebnis „intensiver demokratischer Prozesse“ zeigt. Die Fraktion sprach sich deshalb für den Haushalt aus.
Wollen „ein attraktiver Arbeitgeber“ sein
Ebenfalls ein klares „Ja“ für den laufenden Haushalt gab es von der Partei Ortsliste Vagen. Fraktionsvorsitzender Georg Meixner will noch einmal unterstreichen, dass die steigenden Ausgaben, insbesondere im Personalbereich, einfach zu erklären sind. „Die Personalkosten steigen vor allem durch neue Stellen in Kitas sowie tarifliche Anpassungen für 180 Mitarbeitende“, so Meixner. „Es ist eine Entwicklung, die wir mehrheitlich mittragen, da wir als Kommune ein attraktiver Arbeitgeber sein wollen.“
Dem schließt sich SPD-Fraktionsvorsitzender Heinz Oesterle an. „Es ist richtig, dass die Gemeinde in ihrem Verantwortungsbereich seit Jahren in unseren Kitas für die bestmögliche Ausstattung in Personal und Sachkosten sorgt und wir müssen als Schulaufwandsträger den eingeschlagenen Weg zur Schaffung neuer Lernumgebungen fortsetzen“, sagt er. Nach wie vor würde er sich freuen, wenn die Planungskosten für den Um- und Neubau des Schulkomplexes in den Haushalt 2025 einfließen könnten. Ihm sei aber bewusst, dass es aufgrund der personellen nicht vorhandenen Kapazitäten auf nächstes Jahr verschoben werden musste.
Gegen die mittelfristige Finanzierung
Für die Partei Pro Bürger ist eines klar: Sie lehnen die mittelfristige Finanzplanung ab. „Wir setzen andere Prioritäten“, stellt Fraktionsvorsitzender Franz Bergmüller klar. Für ihn gebe es zu viele „Prestige-Projekte“. Ganz klares Beispiel sei die Glonner Straße, die eventuell durch das ISEK-Projekt gesperrt werden soll. „Ich sehe diese Vision als nicht technisch umsetzbar und deswegen brauchen wir nicht mehr Geld auszugeben“, sagt Bergmüller. Die oberste Priorität sollte der Schulhausbau sein.
Genau wie Sebastian Höss, ist Bergmüller der Meinung, dass es eine „Haushaltsdisziplin“ braucht. „Die Zuführung zum Vermögenshaushalt hat natürlich gewaltige Differenzen und das ist ein großer Unsicherheitsfaktor“, sagt er. Es sei unklar, warum die Ansätze zwischen 2026 und 2028 solche Schwankungen zeigen. Die Rücklage sei aufgebraucht, was für die Finanzierung der Gemeinde wichtig sei und gleichzeitig spare man nichts mehr an. „Überspitzt gesagt, leben wir von der Hand in den Mund. Wir bilden keine Reserven mehr“, so der Fraktionsvorsitzende. Gerade deshalb sei es wichtig, sich auf das wirklich Notwendige zu fokussieren.
Abschließend sagt Bürgermeister Johannes Zistl (OLV) zu dem Haushalt: „Solange Kreditaufnahmen in gesundem Verhältnis zum bestehenden und neu geschaffenen Vermögen stehen und wir die Betriebskosten im Blick haben, investieren wir gezielt in die Zukunft sowie das Ehrenamt unserer Gemeinde – für unsere Kinder, den sozialen Zusammenhalt und eine nachhaltige Entwicklung. Trotz aller Herausforderungen halten wir an unserem klaren Kurs fest: Gestalten statt Verwalten.“



