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Cannabis-Verein in Wasserburg gegründet: Was die drei Gründer damit erreichen wollen

Die drei Männer hinter dem Wasserburger Cannabis Social Club (von links): Präventionsbeauftragte und Schatzmeister Stefan Schmitt, zweiter Vorsitzender Julian Lettl und Vereinsvorsitzender Johannes Kreß.
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Die drei Männer hinter dem Wasserburger Cannabis Social Club (von links): Präventionsbeauftragter und Schatzmeister Stefan Schmitt, Zweiter Vorsitzender Julian Lettl und Vereinsvorsitzender Johannes Kreß.

Seit 1. April ist Cannabis in Deutschland legal. Seit 1. Juli sind auch sogenannte Anbauvereinigungen zugelassen. Auch in Wasserburg hat sich nun der erste „Cannabis Social Club“ (CSC) gegründet. Wer hinter dem Projekt steckt, warum es gar nicht einfach ist einen solchen Verein zu gründen und warum die Mitglieder trotz aller Herausforderung Anbauvereinigungen als sinnvoll erachten.

Wasserburg – Seit dem 1. April ist der Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum in Deutschland erlaubt, seitdem 1. Juli sind sogenannte Anbauvereinigungen zugelassen und dürfen das eigene hergestellte Cannabis unter den Vereinsmitgliedern vertreiben. Knapp vier Monate später hat sich nun auch der erste „Cannabis Social Club“ (CSC) in Wasserburg gegründet.

Johannes Kreß (32), Julian Lettl (39) und Stefan Schmitt (38) heißen die Männer, die das Projekt CSC wagen. Die drei sehen viele Vorteile in einem Anbauverein, auch was das Thema Suchtprävention und Aufklärung angeht. Darum möchten sie auch an ihrem CSC festhalten, trotz aller Hürden – und davon gibt es viele, wie Erster Vorsitzender Kreß erzählt.

„Wir brauchen ein Sicherheitskonzept, ein Anbaukonzept, ein Auslieferungskonzept, ein Entsorgungskonzept, ein Präventionskonzept und einen Präventionsbeauftragten“, zählt Kreß auf. Vor allem an letzterer Vorgabe sei die Gründung des Vereins beinahe gescheitert. „Ursprünglich hatten wir eine Psychologin, die sich bereit erklärt hat, den Posten zu übernehmen, aber sie ist zwischenzeitlich wieder abgesprungen. Sie hatte Angst um ihren beruflichen Stand, das kann man ihr nicht verübeln“, sagt Kreß. Über Freunde sei nun Stefan Schmitt, ebenfalls Psychologe, zur Gruppe gestoßen. Er wird in Zukunft den Posten „Präventionsbeauftragter“ übernehmen und hat somit die Vereinsgründung doch nochmal gerettet.

„Wenn man etwas legalisiert, muss man das Produkt auch verfügbar machen“

Trotz aller Herausforderungen: Kreß, Lettl und Schmitt halten die Vereinsgründung für eine gute Lösung. „Wenn man etwas legalisiert, muss man das Produkt auch verfügbar machen, ansonsten stärkt man nur den Schwarzmarkt“, sagt Schmitt. „Darin sehen wir unsere Aufgabe als Verein, denn wir wollen den Schwarzmarkt nicht fördern.“ Dem stimmt auch Lettl zu. „Der Dealer um die Ecke verkauft einem nicht nur Cannabis, sondern will dir am Ende auch noch Kokain und anderes Zeugs andrehen, denn er will ja Geschäft machen“, sagt Lettl. Gerade für junge Menschen sei das ein großes Risiko und biete viel Suchtpotenzial. Zudem wisse der Käufer nicht, woher das Produkt komme und ob es tatsächlich frei von anderen Substanzen sei. Dieses Problem bestehe bei einem eigenen Anbauverein nicht.

Neben dem Schwarzmarkt würden viele Konsumenten auch auf Cannabis auf Rezept zurückgreifen. „Ganz abgesehen von der Tatsache, dass es nicht der Sinn der Sache ist, sich ein medizinisches Rezept für den Freizeitkonsum zu holen, ist die Qualität hier oft nicht die beste“, sagt Kreß. Oft sei das Cannabis in den Apotheken über weite Strecken gereist, industriell hergestellt und deshalb weder ökologisch noch qualitativ hochwertig. „Unser Ziel ist es deshalb, unsere Vereinsmitglieder mit einem sauberen, hochwertigen Produkt zu versorgen“, so der Vereinsvorsitzende.

„Uns verbindet alle die Leidenschaft für diese Pflanze“

Der 32-Jährige ist selbst in mehreren Wasserburger Vereinen Mitglied und deshalb großer Befürworter von „Cannabis Social Clubs“. „Uns verbindet alle die Leidenschaft für diese Pflanze“, sagt Kreß. Darum werde es beim CSC auch viel um den Austausch und um die Fachsimpelei über die besten Anbautechniken gehen. Schmitt sieht darin auch Möglichkeiten der Suchtprävention. „Wir kennen unsere Vereinsmitglieder. Wir können Aufklärung bieten und wenn uns etwas auffällt, können wir die Person auch zu Fachstellen weitervermitteln“, sagt Schmitt.

Er sei auch der Überzeugung, dass alleine die Legalisierung etwas vom Suchtpotenzial von Cannabis genommen hat. „Scham spielt eine große Rolle beim Thema Sucht. Sie treibt die Menschen viel schneller in eine negative Spirale“, sagt er. „Durch die neue Gesetzgebung müssen sich die Menschen aber nicht mehr schämen, wenn sie Cannabis konsumieren.“ Kreß sieht dies ähnlich. Auch bei sich selbst habe er seitdem eine positive Veränderung bemerkt. „Das war wirklich ein Meilenstein. Vor drei Jahren hätte ich nie geglaubt, dass wir so weit kommen“, sagt Kreß.

„Es wird mit zweierlei Maß gemessen“

Doch trotz aller positiven Aspekte, die drei sehen das Gesetz auch kritisch. „Es wird schon ein wenig mit zweierlei Maß gemessen“, sagt Kreß. Kein anderer Verein müsse solch strenge Regeln erfüllen wie ein CSC. Auch würde teils strengere Richtlinien und Prüfungen geben, was den Gehalt der Inhaltsstoffe – THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) – angehe, als beispielsweise beim Cannabis aus der Apotheke.

Kritisch sieht Vorsitzender Kreß auch die Tatsache, dass jegliche Überproduktion nach einem Jahr verbrannt werden müsse. „Das ist nicht nachhaltig“, sagt er. Viel lieber würde er den Abfall als natürlichen Dünger verwenden. Die Vorgabe, dass das Cannabis nicht geteilt werden dürfe, also der Joint nicht in der Gruppe herumgereicht werden könne, sei zudem „nicht sehr praxisnah“, so Kreß. „Es gibt noch einiges an Verbesserungspotenzial, was die Gesetzgebung angeht, aber wenn es richtig gemacht wird, könnte Deutschland auch ein Paradebeispiel für andere Staaten sein“, findet er.

Mitglieder sind zwischen Anfang 20 und Mitte 70

Noch ist der Wasserburger CSC nicht im Vereinsregister eingetragen. Der Antrag liege bei der zuständigen Stelle in Traunstein. 50 Mitgliedsanfragen lägen aber bereits vor. Der berufliche Hintergrund und das Alter seien dabei ganz unterschiedlich. „Wir haben mit Menschen von Anfang 20 bis Mitte 70 alles dabei“, sagt Zweiter Vorsitzender Lettl. Nur jünger sei nicht möglich, denn das Mindestalter für den Vereinseintritt und somit den Erwerb des vereinseigenen Produkts liege bei 21 Jahren.

Sobald der Eintrag in das Vereinsregister erfolgt ist, wollen die drei mit dem Anbau beginnen. Eine entsprechende Halle in der Nähe der Stadt sei angemietet, den genauen Standort wollen sie aus Sicherheitsgründen nicht verraten. Das Ziel für die erste Auslieferung: Der 20. April, in der Szene auch als „four-twenty“ bezeichnet und als inoffizieller Feiertag bekannt. „Das fände ich sehr passend“, sagt Kreß. Ob es zeitlich klappe, sei allerdings noch nicht sicher.

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