Nach Legalisierung – Ein Kommentar
Cannabis-Verein in Wasserburg gegründet: „Wir messen mit zweierlei Maß“
In Wasserburg hat sich der erste „Cannabis Social Club“ (CSC) gegründet. Warum sich auch Redakteurin Sophia Huber dabei ertappt hat, mit zweierlei Maß zu messen. Ein Kommentar.
Es ist so weit: Wasserburg bekommt demnächst einen „Cannabis Social Club“ (CSC), einen Verein also für Cannabis-Konsumenten. Die Registrierung liegt aktuell noch in Traunstein, bis zur Zulassung wird es aber nicht mehr allzu lange dauern. Vereinsvorsitzender Johannes Kreß sprach von strengen Vorgaben zur Gründung, von Herausforderungen, an denen der CSC beinahe gescheitert wäre. Es sind hohe Hürden, die ein solcher Verein bis zur Gründung und darüber hinaus nehmen muss. Sicherheitskonzept, Präventionsbeauftragter, Anbaulizenz. Die Liste an Vorgaben ist lang. Einerseits zu Recht. Cannabis ist ein Rauschmittel mit Suchtpotenzial, das darf nicht vergessen werden. Andererseits: Messen wir nicht tatsächlich mit zweierlei Maß?
Auch ich als Redakteurin ertappe mich dabei. Den CSC-Gründungsmitgliedern stelle ich Fragen zu Sucht, Prävention und Jugendschutz. Hätte ich den Beteiligten eines Wein- oder Biervereins die gleichen Fragen gestellt? Wahrscheinlich nicht, obwohl ich es sollte. Genauso wenig, wie die bayerische Regierung auf die Idee käme, den Konsum von Bier in der Nähe von Schulen und Kindergärten zu untersagen. Immerhin ist der Gerstensaft doch Grundnahrungsmittel und damit unverzichtbar für die bayerische Kultur.
Und, nein, ich plädiere nicht dafür, Alkohol zu verbieten oder den Konsum an bestimmten Orten einzuschränken. Aber auch Alkohol ist ein Rauschmittel mit Suchtpotenzial. Das darf ebenfalls nicht vergessen werden. Tun wir aber gerne, ich eingeschlossen. Wir messen mit zweierlei Maß. Denn wenn wir ehrlich sind: Ist der Unterschied zwischen einem Cannabis-Verein, der bei einem geteilten Joint über die besten Anbautechniken, die perfekte Feuchtigkeit und Erde diskutiert, und einem Bier-Verein, der bei einem kühlen Hellen über verschiedene Hefearten, obergärig und untergärig, und die perfekte Kombination aus Hopfen und Malz fachsimpelt, denn tatsächlich so groß? Wahrscheinlich nicht. Am Ende des Tages hat der neue Cannabis Social Club seine Mitglieder und deren Konsumverhalten womöglich sogar besser im Blick als so manch anderer Traditionsverein, bei dem ein kühles Bier bei keinem Vereinsabend fehlen darf.