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Sonntag: Bürgerentscheid und Ratsbegehren

Zankapfel Hitzelsberg: So zerrissen ist Bernau vor der Entscheidung über das Chaletdorf

Blick auf das Areal am Hitzelsberg. Hier soll ein Chaletdorf entstehen.
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Blick auf das Areal am Hitzelsberg. Am Sonntag, 24. November, finden in Kombination ein Bürgerentscheid und ein Ratsbegehren statt.

Chaletdorf? Kein Chaletdorf? Ist das den Bernauern wurschtpiepegal? Letzteres wohl nicht, denn im Rathaus stehen schon etliche gut gefüllte Wahlurnen. Aber wie entscheiden sich die rund 5500 Wahlberechtigten am Sonntag, 24. November? Darum geht es.

Bernau – Am Hitzelsberg soll ein Chaletdorf entstehen. So will es der Investor, die in Bernau ansässige Firma Herecon. So will es die Marktgemeinde. Zwei Bürgerinitiativen sehen das anders und haben einen Bürgerentscheid losgetreten.

Anfang der 2000er Jahre entstand rund um den alten Bauernhof am Hitzelsberg westlich des Ortszentrums ein Gelände, das ganz den edelsten und wertvollsten alten Autos gewidmet war. 2012 kaufte die Gemeinde das Areal. Und dann lag es brach. Bis der Bauprojektentwickler Herecon den Hitzelsberg ins Visier nahm.

Erst sollte dort ein Luxushotel entstehen, dann kam das Chaletdorf ins Spiel. 39 Chalets mit meist zwei Einheiten, ein Apartmenthaus, Wellness- und Spa-Bereiche, zwei Restaurants und eine große Tiefgarage sind – Stand jetzt – geplant. Ursprünglich waren es 23 Chalets mit mehreren Einheiten. Zugunsten kleinerer Gebäude wurde deren Anzahl größer. „Das ist der Knackpunkt, dass man mit einer Machbarkeitsstudie beginnt und irgendwann bei der Feinbearbeitung merkt, dass man etwas ändern muss”, hat Bürgermeister Irene Biebl-Daiber diese und andere Änderungen einmal kommentiert.

Biebl-Daiber ist „sehr gespannt“, wie der Bürgerentscheid am kommenden Sonntag, 24. November, ausgehen wird. Angesichts der Rückläufer der Wahlunterlagen, die bisher schon im Rathaus gelandet sind, geht sie von einer hohen Wahlbeteiligung aus. Gut so, findet sie, denn „jede Stimme ist wichtig.“

Dem Gemeinderat und der Verwaltung, die sich seit vielen Jahren mit der Nutzung des Hitzelsberges beschäftigen, sei es immer wichtig gewesen, dass der Hitzelsberg den Bernauern und ihren Gästen zugänglich bleibt. Und das sei mit einem Restaurant im bestehenden Glaspavillon und einem Spa-Bereich, den nicht nur die Gäste im Chaletdorf nutzen können, der Fall. Auch die Spazier- und Wanderwege sollen erhalten bleiben.

Denn, auf die Feststellung legt die Bürgermeisterin wert, die meisten Gebäude des Chaletdorfs werden auf bereits versiegelten Flächen stehen, schon bestehende Gebäude werden integriert. Wie auch der alte Bauernhof, heute „Gut Hitzelsberg“. In diesem sollen laut Investor Heiner Englert eine runde handvoll Suiten entstehen, dazu ein Gourmetrestaurant. Hundertprozentig sicher seien sie sich noch nicht, ob dieses Restaurant zwei, drei Tage die Woche geöffnet sein wird oder nur für Veranstaltungen zu buchen, sagte Englert auf Nachfrage der Chiemgau-Zeitung.

So soll das Chaletdorf aussehen, wenn es gebaut werden darf.

Das Projekt stößt nicht überall auf Gegenliebe. Petra Kaufmann von der Bürgerinitiative Hitzelsberg verweist auf die schützenswerte Natur in Zeiten von Artensterben und Klimawandel. Auf dem Hitzelsberg hätten sich – dank jahrzehntelanger, extensiver Nutzung – äußerst schützenswerte und vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten ansiedeln können.

Hinzukomme, so Kaufmann, dass die Schönheit des Chiemgaus und seine ländlich-bayrische Landschaft keine Großprojekte vertrügen. Auch das Heimelige zwischen Vermietern, Wirten und Gästen könne ein Großprojekt nicht bedienen. Wie attraktiv sei Bernau noch, wenn Großprojekte die Landschaft unwiederbringlich zerstörten? „Und was haben die Einheimischen davon?“

Mehr Gewerbesteuer auf Jahre hinaus nicht, hieß es im Vorfeld in den verschiedensten Diskussionen immer wieder. Was Biebl-Daiber so nicht ganz stehen lassen will. Herecon hat seinen Hauptsitz in Bernau, am Hitzelsberg. Die deutschlandweit aktive Firma zahle also sehr wohl in Bernau Gewerbesteuer– wenn auch nicht für das neueste Projekt. Und für das Chaletdorf am Hitzelsberg werden Fremdenverkehrsabgabe und Kurbeiträge fällig, die die Bürgermeisterin auf einen hohen fünf- oder gar sechsstelligen Betrag pro Jahr schätzt.

Anwohner fühlen sich nicht ernstgenommen

Diese Summen sind den meisten Anwohner der Hitzelbergstraße und der Engelländerstraße vermutlich nicht so wichtig. Sie fühlen sich und ihr Anliegen schlicht von Kommunalpolitik und Verwaltung nicht ernst genommen, sagt Barbara Vieweger von der Bürgerinitiative „Rettet den Hitzelsberg“. Es habe immer geheißen, ein entsprechendes Projekt gehe nur mit einer Erschließungsstraße von der Priener Straße aus. Diese Erschließungsstraße gibt es nun nicht.

Also fahren nicht nur künftige Gäste, sondern zunächst sehr lange – die Investoren sprachen einmal von 2,5 Jahren – auch alle für die Bauarbeiten benötigten Fahrzeuge durch die einstige Sackgasse Engelländerstraße. Die Anwohner haben den Dreck und den Lärm „und eine massive Entwertung unserer Grundstücke“, sagt Vieweger. Da sie sich von der Gemeinde nicht ernst genommen fühlten, hätten sie sich mit der anderen Bürgerinitiative zusammengetan, um das Vorhaben zu stoppen, so Vieweger. „Wir haben sonst keine Chance.“

Wie und wo wird gewählt?

Rund 5500 Bernauer können bis Sonntag, 18 Uhr, ihre Stimmen abgeben. Von 10 bis 18 Uhr wie immer in der Grundschule in Bernau und dieses Mal zur gleichen Zeit auch im Feuerwehrhaus Hittenkirchen. Oder sie schicken die ausgefüllten Unterlagen bis zum 24. November, 18 Uhr, zurück ins Rathaus beziehungsweise werfen es an diesem Tag rechtzeitig in den Rathaus-Briefkasten. Neben dem Bürgerbegehren zum Stopp des Projektes am Hitzelsberg gibt es auch ein Ratsbegehren pro Chaletdorf. Beides Mal gibt es eine „Ja“- und eine „Nein“-Stimme. Und es gibt einen Stimmzettel für eine Stichfrage, sollten sich die Ergebnisse von Bürgerentscheid und Ratsbegehren widersprechen. Die Auszählung kann am sonntag, 24. November, ab 18 Uhr auf der Internetseite der Gemeinde live verfolgt werden: https://www.gemeinde-bernau.de/aktuelles/onlineergebnisse-buergerentscheid-hitzelsberg

„Ich weiß nicht, was passiert, wenn der Bürgerentscheid durchkommt“, gesteht Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber. Auch Heiner Englert hat keinen Plan B, weil er relativ sicher ist, dass das Chaletdorf gebaut werden kann, sagt er. Selbst wenn nicht: „Irgendwas wird dort immer passieren, die Frage ist was“, sagt er im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung, „die öffentliche Nutzung des Hitzelberges wäre dann aber wohl passé.“

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