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Energiegenossenschaft erklärt

Bürgerenergie Chiemgau: „Kein Hedgefonds“ sondern Invest in Region? Geld kassieren als Genosse

Symboldbild für eine PV-Anlage auf einem Dach, daneben die beiden Vorständer der Bürgerenergie Cheimgau, Felix Weiß und Georg Beyschlag
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Wollen mit einer Energiegenossenschaft Projekte mit PV-Anlagen umsetzen, die Vorstände Felix Weiß und Georg Beyschlag.

25 Projekte hat die Energiegenossenschaft „Bürgerenergie Chiemgau“ in der Region schon umgesetzt. Die beiden Vorstände Felix Weiß und Georg Beyschlag erklären, wie ihre Genossenschaft Geld verdient und investiert – und wer mitmachen kann.

Bernau – „Wir wollen, dass die Energiewende auch maßgeblich von den Bürgern selbst verantwortet wird“, sagt Georg Beyschlag. Er bildet zusammen mit Felix Weiß den Vorstand der Bürgerenergie Chiemgau (BEC) eG. EG steht für Energiegenossenschaft. Aber was ist eine Energiegenossenschaft eigentlich? „Grundsätzlich kann sich jeder bei uns beteiligen“, sagt Beyschlag und Vorstand Weiß ergänzt im OVB-Gespräch: „Wir sind knapp 400 Genossen.“ Die genaue Anzahl wird auch auf der Startseite der Webseite auffällig vermeldet, 390 ist die aktuelle Mitgliederzahl.

Um Mitglied oder Genosse zu werden, muss ein Genossenschaftsanteil, also einen Geschäftsanteil, gezeichnet werden. Der hat einen Wert von 250 Euro. „Wir sprechen dabei insbesondere die Leute in den Orten an, wo wir gerade Anlagen bauen, die zur Energieerzeugung dienen sollen“, so der 69-jährige Beyschlag. Das Einzugsgebiet ist dabei, wie der Name schon verrät, der Chiemgau. „Vor allem sind Privatpersonen, aber auch einige Unternehmen beteiligt. Da wir auch kommunale Anlage haben, beteiligen sich in der Regel auch die Kommunen an der Genossenschaft“, erklärt der 29-jährige Weiß.

Dabei will die BEC auch Menschen ansprechen, die kein Eigenheim haben oder sich nicht mal schnell eine PV-Anlage aufs Dach bauen können. „Also Leute, die zwar an der Energiewende interessiert sind, aber selbst nicht die Möglichkeiten haben. Dafür ist eine eG ein sehr elegantes und gutes Tool“, sagt Beyschlag. Insgesamt hat die BEC 25 Anlagen umgesetzt: 24 PV-Anlagen und ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Das BHKW im Berna-Mare in Bernau war gleichzeitig das erste Projekt von BEC. „Nach und nach sind jedes Jahr neue Anlagen dazugekommen“, so Weiß und ergänzt: „Die jüngste Anlage ist in Aschau, dort haben wir eine PV-Anlage auf der Kinderklinik umgesetzt.“

BEC will Dächer nutzen, keine Fläche versiegeln

Die meisten Anlagen, werden wie in Aschau, auf öffentlichen Anlagen gebaut: Rathäuser, Feuerwehrhäuser, Bauhöfen, Schulgebäude oder Kindergärten. „Es sind alles Dachanlageflächen, wo keine Versiegelung stattfindet. Bisher ungenutzte Dachfläche, wo jedes Jahr Sonne drauf scheint, aber kein Strom daraus gezogen wurde. Durch das Invest kann dort regenerativer, lokaler Strom erzeugt werden“, sagt Weiß.

Als Genossenschaft macht die BEC die Akquise, sucht nach geeigneten Standorten. Dazu „machen wir eine grobe Vorentwicklung, also wie das Potenzial und die Eigenstromquote optimiert werden kann“, erklärt Beyschlag. Zudem wird in die Anlage investiert. „Das ist eigentlich der Hauptzweck“, sagt Weiß. Gewinne mache die Genossenschaft durch den Stromverkauf, die Einspeisevergütung und die Vermietung von Anlagen.

Beide werden mit einem Minijob, also 500 Euro, bei der BEC entlohnt. „Es spielt da viel Idealismus mit rein. Natürlich, wenn man das Zeitinvest vergleicht und die Stunden hernimmt, dann kann das nicht mit Geldwert abgegolten werden“, sagt Beyschlag. „Wir rechnen uns die Zeiten ganz bewusst nicht aus.“ Dabei betonen die beiden, dass auch der Aufsichtsrat, insgesamt sechs Leute, einige Aufgaben wie Webseite oder digitale Anbindung übernimmt.

Hausbau löst Beschäftigung mit Thema aus

Beyschlag, der Berufsausbildungen als Krankenpfleger, Bankkaufmann und Architekt nachweisen kann, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit regenerativen Energien: „Ausgelöst, durch meinen Hausbau 1998. Da habe ich gesehen, was eigentlich alles machbar ist. Die technischen Möglichkeiten jetzt sind unwahrscheinlich vielversprechend, nur bei der Umsetzung hakt es bei uns.“ Regenerative Energien sind für Beyschlag „das ideale Mittel, direkt vor Ort Energie zu erzeugen. Und zwar da, wo sie auch wieder weiter verbraucht wird.“ Seit 2005 arbeitet er in der PV-Branche.

Weiß ist Betriebsingenieur für Elektro-Ladestationen für E-Autos. Als Geschäftsführer eines Car-Sharing-Diensts für den ländlichen Raum arbeite er „nichts, was man macht, um damit steinreich zu werden“. Ihm gehe es darum, den Egoismus wieder ein bisschen zurückzustellen. „Gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, gemeinsam Sachen in einer Gemeinschaft teilen“, so Weiß. Beyschlag und Weiß sind beide überzeugt von der Energiewende, wollen diese Überzeugung weiterverbreiten. In den ersten drei Jahren schüttete die BEC 1,5 Prozent aus, 2022 dann 1,75 und 2023 2 Prozent.

„Wir sind nicht stark kapitalistisch, renditeorientiert oder gewinnorientiert. Wir wollen für einen Inflationsausgleich sorgen. Unsere Genossen sollen das Gefühl haben, sie können das Geld in eine sinnvolle Zukunft, in der Region und in etwas Physischem anlegen. Alle können rausgehen, aufs Dach schauen und sehen, worin sie investiert haben“, sagt Weiß. Dabei sei die Genossenschaft kein Hedgefonds: „Eine Genossenschaft ist eine konservative Anlageform, mit langfristigen Projekten“. Um Abhängigkeiten zu vermeiden, darf eine Person mit maximal 20.000 Euro, also 80 Anteilen, Teil der BEC sein.

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