„Wir müssen jetzt anpacken, was wir uns leisten können.“
Neues Konzept: Diese 5 Bausteine sollen Hochwasser-Szenarien in Bruckmühl verhindern
Auf 5 Bausteinen soll das Sturzflut-Risikomanagements-Konzept für Bruckmühl basieren. Das machte jetzt der zuständige Fachplaner klar. Wie Gemeinderat und Zuhörer reagieren – und wieso der Hochwasserschutz auch zur Kostenfrage wird.
Bruckmühl – Beifallskundgebungen gehören in der Bruckmühler Kulturmühle bei den unterschiedlichsten Kultur-Veranstaltungen zum Alltag. Zu etwas Besonderen wird es dann aber, wenn sie im Rahmen einer Sitzung des Marktgemeinderates gegeben werden. So geschehen jetzt beim Tagesordnungspunkt „Sturzflut-Risikomanagements-Konzept für die Ortsteile südlich der Mangfall“. Nach der Vorstellung des Hochwasser-Planungskonzeptes erhielt Dr. Florian Pfleger sowohl von den Kommunalpolitikern als auch von den Zuschauern im vollbesetzten Saal spontanen Beifall für seine Ortskenntnisse sowie die bis ins letzte Detail und klar verständlich aufgearbeiteten Sachinformationen.
Authentische Überflutungsszenarien
Der Fachplaner des Grassauer Ingenieurbüros cfLab kam bei seinem Sachvortag sofort auf den Punkt: „Ich möchte sie nicht mit Allgemeinfloskeln langweilen, sondern gleich in das umfangreiche Thema einsteigen. Da liegt genügend Arbeit vor uns.“ In den folgenden 177 Minuten erläuterte er dem Ratsplenum und den knapp 60 interessierten Bürgern an Hand von Gefährdungsmodellen eines 100-jährigen Hochwassers mit authentischen Überflutungssituationen und -szenarien die fünf Bausteine des konzipierten Sturzflut-Risikomanagementes. Dies bezog sich auf die Ortsteile Mittenkirchen, Waith, Linden, Götting und Ober-Staudhausen.
Bei der Bestandanalyse, dem Baustein 1, ging es um die bereits erkannten Gefahrenstellen aus den zurückliegenden Hochwasser- und Starkregenereignissen. Darauf baute im zweiten Schritt die Gefahrenermittlung mit der Frage „Was kann bei verschiedenen Niederschlagsszenarien wo passieren?“ auf. Beim dritten Baustein wurde die Gefahren- und Risikobeurteilung differenziert: „Was darf wo nicht passieren und was darf wo zugelassen werden?“ Dem folgte bei Schritt 4 die darauf basierende konzeptionelle und umzusetzende Maßnahmenentwicklung. Der abschließende Baustein 5 stand unter der Überschrift „Integrale Strategie“, bei dem noch die Frage auf der Agenda stand, wie sich die getroffenen Maßnahmen auf die Risikosituation auswirken.
Hangwasserzuflüsse des nördlichen Irschenbergs im Blick
Für das Kommunalplenum waren dabei wichtige Erörterungs- und Diskussionsthemen: Probleme durch die natürlichen Hangwasserzuflüsse des nördlichen Irschenbergs, bestehende Gewässerleistungsfähigkeiten der Bäche (Wasserableitung), Darstellungen von technischen und nicht-technischen Möglichkeiten des baulichen Hochwasserschutzes an Gewässern, Standorte von Überflutungsflächen und Rückhaltebecken samt Volumengrößen, mögliche Wasser-Ab- und -Umleitungen durch Maßnahmen von Geländemodellierungen sowie durch das Anlegen von Flutmulden oder der Nutzung von bestehenden Wegen, Straßen und Erdwällen.
Schon während der detaillierten Ausführungen war für alle Beteiligten und Zuhörer klar, dass es sich hierbei um ein „Mammutprojekt“ handelt, bei dem die unterschiedlichsten Schutzmaßnahmen im engen Schulterschluss zusammengeführt werden müssen – und dass die Marktgemeinde und seine Bürger sicherlich noch etliche Jahre beschäftigen wird. „Hier geht es nur über ein schlüssigen Gesamtkonzept von Mittenkirchen bis nach Ober-Staudhausen“, lautete der einheitliche Tenor aus dem Gremium und dem Zuhörerbereich.
Zur Frage der Finanzierung des mehrere Millionen schweren Großprojektes stellte Rathauschef Richard Richter (CSU/PW) fest: „Der Freistaat übernimmt maximal 50 Prozent der förderfähigen Kosten, was diese auch immer beinhalten und abdecken. Der Rest bleibt bei uns.“ Für CSU/PW-Rat Hubert Maier gab es keinen Zweifel, dass das Gremium „hier einiges vor der Brust“ habe. „Wir müssen jetzt anpacken, was wir uns leisten können.“
Grünen-Rat Mager fordert „Lösungsansatz im engen Konsens mit den Bürgern“
Fraktionskollege Michael Stahuber sah für die Ortsteile Mittenkirchen und Linden mögliche Probleme bei angedachten Wasserumleitungen, durch die Bereiche in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, die bis dato noch gar nicht vom Hochwasser tangiert waren. Grünen-Rat Stefan Mager sprach sich deutlich für einen „Lösungsansatz im engen Konsens mit den Bürgern für die Bürger aus“. Ähnlich bewertete dies Georg Pritzl (OLB): „Die Bürger müssen hier und jetzt mitbestimmen.“ In dem Zusammenhang regte er noch die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes an. Letztere Idee versprach Bürgermeister Richard Richter in den weiteren Verfahrensweg der Entscheidungsfindung mit aufzunehmen.
Zum Thema „offensive Bürgerbeteiligung“ verwies er abschließend auf zwei bereits anberaumte Infoveranstaltungen für Dienstag, 19. Dezember 2023, für den Bereich Mittenkirchen und am Mittwoch, 20. Dezember, für den Bereich Götting. „Wir wollen nicht nur den intensiven Dialog, sondern dabei vor allem auch die Gefühlslage der Bürger abklopfen“, erklärte der Rathauschef abschließend.
Für Fachplaner Dr. Florian Pfleger waren zum Ende der Beratung noch einige Feststellungen wichtig: Grundsätzlich müsse jeder Eigentümer im Rahmen seiner Möglichkeiten eigenverantwortlich Schutzmaßnahmen umsetzten, dabei gelte ein Verschlechterungsverbot gegenüber Dritten. Ein Teil der Hochwasserrisiken könne durch kommunale bauliche Maßnahmen verringert werden, eine vollständige Sicherheit gäbe es auch nach Umsetzung von diesen nicht. Dr. Pfleger: „Es bleibt immer ein Restrisiko bestehen.“

