Bruckmühl ist Heimat der Frau mit afrikanischen Wurzeln
„Ich bin verzweifelt“ – Findet die Mama von drei Kids wegen ihrer Hautfarbe keine Wohnung?
Mit drei Kindern zieht Daria A. (Name von der Redaktion geändert) von Pension zu Pension und findet einfach keine Wohnung. Die Bruckmühlerin ist hier in der Region geboren, sie ist sehr bemüht – aber mittlerweile am Ende. Wie zermürbend das Leben aus dem Koffer für die junge Familie ist.
Bruckmühl – Ein Zimmer, ein paar Quadratmeter zum Leben und eine Gemeinschaftsküche. Mehr Platz hat die Familie von Daria A. (Name von der Redaktion geändert) derzeit nicht. Die Mutter einer 8-jährigen Tochter und zweier Söhne, sechs Jahre und zehn Monate, lebt aktuell aus dem Koffer, springt von Pension zu Pension und verliert allmählich die Hoffnung. „Ich bin langsam wirklich verzweifelt“, sagt die 34-Jährige. Ihr Problem: Sie findet einfach keine bezahlbare Wohnung. Die junge Frau ist alleinerziehend, derzeit in Elternzeit und kann dadurch aktuell keine großen Sprünge machen. Alles Punkte, die die Suche auf einem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt erschweren.
A. ist Deutsche, ihre Eltern kamen vor ihrer Geburt aus Ghana in die Region. Die junge Frau ist dementsprechend verwurzelt – vor allem in Bruckmühl, wo sie sich nach Stationen in Bad Aibling oder München – in normalen Mietverhältnissen – immer besonders wohlgefühlt hat. In den vergangenen Jahren wagte sie dann den Sprung ins kalte Wasser, folgte ihren Wurzeln und lebte eine Zeit lang in Ghanas Hauptstadt Accra. Dort arbeitete sie erfolgreich in der Immobilienbranche. Ihre Heimat blieb jedoch Deutschland und so zog es sie vor einigen Monaten wieder zurück nach Oberbayern. Die beiden ältesten, besuchen seit Sommer die Schule in Bruckmühl, der Jüngste ist noch zu jung für die Kita. Doch die Rückkehr in die Heimat hat sich Daria A. ganz anders vorgestellt.
Alleinerziehende Mutter: „Das ist total frustrierend“
Denn seit Monaten ist sie nun vergeblich auf der Suche nach einer Wohnung. Unzählige Anfragen bei Genossenschaften, bei den umliegenden Gemeinden und bei privaten Vermietern hat sie gestellt. Auch mit dem Landratsamt ist sie in Kontakt getreten. Ohne Erfolg. „Das ist total frustrierend“, sagt die 34-Jährige, die vor allem ihren Kindern ein anderes Leben bieten möchte. „Weil ich aktuell noch bei dem Kleinsten zuhause bleiben muss, haben wir bei Privatanbietern sowieso keine Chance“, sagt A.. Dabei wäre eine verlässliche Mietzahlung kein Problem, so die Bruckmühlerin.
Dennoch würden Vermieter meist von Vornherein abwinken. „Sobald Iason (Name von der Redaktion geändert) alt genug ist, will ich sofort wieder in der Immobilienbranche arbeiten“, versichert die alleinerziehende Mutter. Denn aktuell, wenn sie überhaupt zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen wird, seien die Mieten kaum bezahlbar. „Unsere Hautfarbe spielt dabei, zumindest offiziell, keine Rolle“, sagt A., die sich in der Region gut aufgenommen fühlt und am liebsten in der Gegend bleiben würde. Doch für eine Wohnung würde sie natürlich auch etwas weiter rausziehen – „eine bezahlbare Wohnung in der Region wäre einfach der Himmel auf Erden“. Ob ihre Wurzeln unterbewusst vielleicht doch bei manch einer Absage eine Rolle spielten? A. kann das zumindest nicht ausschließen.
Klare Absage der Gemeinde
Und so bleibt die unerbittliche Suche nach einer Wohnung bislang erfolglos. Gleichzeitig steigt der Druck, die temporären Unterkünfte bieten ihrer Familie nur bedingt Planungssicherheit. Noch im Oktober müssen sie aus der aktuellen Pension wieder ausziehen. „Wie es dann weitergeht“, betont A. , „weiß aktuell niemand“.
Zwar erfahre die junge Frau Hilfsbereitschaft aus der Nachbarschaft, Bekannte hielten die Ohren offen. Was bezahlbare Wohnungen angeht, habe sie etwa in Bruckmühl jedoch eine klare Absage seitens der Marktgemeinde erhalten. Dort seien keine Wohnungen mehr frei, die eine bestimmte Mietobergrenze nicht überschreiten.
Geringverdiener besonders unter Druck
Angesichts explodierender Mietpreise und eines generell angespannten Wohnungsmarkts steht Daria A. mit ihrem Problem nicht alleine da. Laut einer Studie des Eduard-Pestel-Instituts fehlten in Deutschland Ende des vergangenen Jahres 700.000 Wohnungen. Auch in Bayern ist der Wohnraum entsprechend knapp. Hohe Preise, umkämpfter Markt. Gerade in Oberbayern stellt die Suche eine besondere Herausforderung dar. Und wo es für Normalverdiener schon knifflig wird, haben es Geringverdiener noch schwerer.
Auch Bürgergeld-Empfänger oder einkommensschwache Haushalte stehen besonders unter Druck. So kann sich ein Wohnungssuchender mit einem sogenannten Wohnberechtigungsschein grundsätzlich in ganz Bayern um eine entsprechende geförderte (Sozial-) Mietwohnung bewerben, die horrenden Mietpreise somit ein Stück weit umgehen. Dass die Lage jedoch auch in Bruckmühl angespannt ist, bestätigt die Marktgemeinde auf OVB-Anfrage.
Geförderter Wohnraum: In Bruckmühl ist „alles vermietet“
„Der Markt Bruckmühl hat 59 Wohnungen im Rahmen des geförderten Wohnraums im eigenen Bestand und diese sind aktuell alle vermietet“, erklärt Pressesprecherin Silvia Mischi. Dem Landkreis Rosenheim obliegt ebenfalls das Belegungsrecht über geförderten Wohnraum in Bruckmühl, der von privaten Gesellschaften errichtet wurde. Laut Mischi stehen derzeit 46 Interessenten auf der Bewerberliste. Dazu gehören Einzelpersonen, Paare und Familien. „Durch die Fertigstellung des Wohnbauprojekts in Heufeld, letzten Jahres, konnte einigen Interessenten eine Wohnung angeboten werden“, so die Pressesprecherin. Die Länge der Bewerberliste variiere immer wieder, so waren teilweise auch schon 90 Personen aufgeführt.
Die Vergabe, so Mischi, erfolge nach verschiedenen Kriterien wie Bedürftigkeit, Dringlichkeit und Größe der freiwerdenden Wohnung. Deshalb komme beispielsweise ein Ein-Zimmer-Apartment für eine 4-köpfige Familie nicht infrage. „Voraussetzung ist bei allem aber der Wohnberechtigungsschein“, sagt Mischi. Dieser könne im Sozialamt Bruckmühl (Tel.: 08062/59230) beantragt werden. Der Antrag wird dann vom Landratsamt Rosenheim auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse geprüft.
Daria A. gibt die Hoffnung nicht auf
Fakt ist, dass etliche Wohnungen fehlen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren Ende des Vorjahres über 260.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung, wovon rund 38.000 Personen tatsächlich auf der Straße lebten. Die übrigen fänden privat oder in öffentlichen Einrichtungen eine Unterkunft. Und das obwohl die Zahl der geförderten Sozialwohnungen in Bayern laut der Staatsregierung immer weiter wächst.
Doch all die Statistiken zu mehr bezahlbarem Wohnraum helfen Daria A. und ihren drei Kindern derzeit nicht weiter. Die Situation wirkt aussichtslos. Ans Aufgeben will sie trotzdem nicht denken. Sie hofft weiterhin, dass sich doch noch eine Chance in ihrer Heimat auftut. „Es geht nicht um mich, ich will dass meine Kinder normal aufwachsen können.“