Total Breintner spendet 5000 Euro
Erdgas kostenlos: Wie aus einem defekten Zapfhahn ein Riesen-Weihnachtsgeschenk für die Tafel wurde
Da staunten die Kunden nicht schlecht: An einer Tankstelle in Mühldorf gab es Gas für Gasautos eine ganze Zeit lang umsonst. Davon haben nicht nur die Kunden profitiert, sondern auch die Mühldorfer Tafel.
Mühldorf - Es klingt wie aus der Zeit gefallen: Als die Nation im Lauf des Jahres wegen Gaskrise und Gaspreisexplosion den Atem anhielt, floss an der Tankstelle von Dietmar Breintner das Erdgas in rauen Mengen. „Das war der Wahnsinn!“ Dietmar Breintner schüttelt mit dem Kopf beim Gedanken an das, was sich diesen Sommer an seiner Tankstelle an der Münchener Straße abspielte. Dort steht der einzige Zapfhahn für Erdgas im ganzen Landkreis, den die Energieversorgung Inn-Salzach (EVIS) betreibt - und ausgerechnet der war defekt.
Hunderte Gasautos im Landkreis auf dem Trockenen
Weil immerhin mehrere Hundert Autofahrer im Umkreis mit Erdgas unterwegs sind, durfte sich Breintner also einiges an Beschwerden anhören, als am Zapfhahn von heute auf morgen Schicht im Schacht war, weil EVIS diesen zunächst wegen eines kaputten Steuerungselements abgeschaltet hatte. „Solche Fahrzeuge haben noch einen Nottank für ein paar Liter Benzin. Aber der muss dann ständig und teurer aufgefüllt werden“, erklärt der Geschäftsführer des Familienbetriebs. „Gas kostet immer konstant wenig. Das kann man von Benzin natürlich nicht behaupten.“ Kurzum: der Ärger der Kunden war enorm - und Dietmar Breintner hat es abgekriegt; ihm blieb nur übrig, die vielen Beschwerden an den Versorger weiterzuleiten, was zur Folge hatte, dass dieser den Zapfhahn nicht auf Dauer stilllegte, sondern erneuern ließ. Diesen selbst und ein fehlerhaftes Steuerungselement zu ersetzen, kostete eine hohe fünfstellige Summe, sagte EVIS-Geschäftsführer Alfred Lehmann auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen.
Einmal tanken bitte - und nichts zahlen
Problem dabei: „Ersetzen Sie mal diese Technik bei den aktuellen Lieferproblemen. Bis das Ganze wieder reibungslos lief, war es Oktober“, erzählt Breintner. Umso mehr überrascht es, dass von Juli bis September das Gas trotzdem getankt wurde - wohl in größeren Mengen als die monatlich üblichen 8 bis 9000 Kilogramm. Warum? Weil es umsonst war! „Defekt war ja nicht der Zapfhahn selbst. Man konnte nur nicht zahlen“, erklärt Breintner die kuriose Situation. Kurzum habe sich EVIS dazu entschlossen, die Kunden nicht im Regen, sprich ohne Treibstoff stehen zu lassen. Der Zapfhahn wurde also nach ein paar Wochen wieder freigegeben, auch wenn der Abrechnungszähler fehlte. Zur Erleichterung von Dietmar Breintner, der allerdings zugeben muss, genauso beharrlich wie seine Kunden den Versorger wegen des Fauxpas angegangen zu haben.
Sogar Landshuter pilgerten zur Tankstelle
Sein Einsatz hatte allerdings zur Folge, dass nun Erdgas-Kunden nicht nur aus der Umgebung, sondern auch von weiter weg zum Tanken kamen. Nummernschilder aus Landshut oder Dingolfing fielen Breintner auf. Warum auch nicht? Mit einem vollen Tank sparen sich Pkw-Halter rund 30 Euro, einen Lkw vollzutanken kostet unter normalen Umständen einige Hundert Euro. „Wir haben Glück, dass es bei Erdgas keine Kanister zu befüllen gibt wie bei Benzin. Dann wäre es sicher noch teurer geworden“, schmunzelt Breintner.
Ein Euro Spende pro Füllung
Von diesen Fahrzeug-Karawanen zu seiner Tankstelle hatte Dietmar Breintner, der eine Provision pro Kilo Erdgas erhält, nichts; EVIS durfte natürlich draufzahlen, wie hoch die Verluste sind, konnte Geschäftsführer Lehmann aber nicht sagen. Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte: Ganz umsonst wollte der Tankstellenbetreiber das Erdgas nicht herausgeben und erbat sich von jedem tankenden Kunden einen Euro als Spende für den guten Zweck. „Fast jeder hat freiwillig gezahlt, manche sogar mehr“, freut sich der Geschäftsführer. Insgesamt kamen so 3931 Euro ins Spendensäckerl, die Breintner auf runde 5000 Euro aus eigener Tasche aufstockte.
Sich freuen über das Weihnachtsgeschenk darf sich die Tafel Mühldorf. „Es ist traurig, dass wir als angeblich reiches Land für nichts Geld haben. Daher wollte ich mit dem Geld die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft gegen das Elend vor der Haustüre unterstützen“, erklärt Dietmar Breintner seine Entscheidung.
Tafel Aschau bekommt neue Einrichtung
Dass dieses Geldgeschenk in bar überreicht wurde, stört den Tafel-Leiter Detlef Künzel überhaupt nicht: „Bis maximal 10.000 Euro ist das rechtlich möglich. Die hätten wir natürlich auch genommen“, sagte Künzel mit einem Augenzwinkern. Gerlinde Nentwig aus dem ehrenamtlichen Organisations-Team der Tafel und pensionierte Buchhalterin weiß, was mit der Bar-Spende anzufangen ist: „Das Geld wird ganz korrekt in die Kasse unseres Trägervereins gebucht und sinnvoll verwendet.“ Detlef Künzel denkt spontan an die eben erst eröffnete Tafel-Zweigstelle in Aschau am Inn, die eine neue Einrichtung gebrauchen könnte. So schließe sich eben der Kreis, fügt der engagierte Tafel-Leiter mit einem Schmunzeln hinzu.